Oberhausen. Mit 29 Jahren hat ein Langzeitarbeitsloser noch die Kurve gekriegt. Bei den Wirtschaftsbetrieben Oberhausen erzählt er seine Geschichte.
Sein Leben ist in den letzten Jahren eine Erfolgsgeschichte. Trotzdem möchte Mirko (29) (Name geändert) seinen richtigen Namen nicht nennen. Aber er hatte im vergangenen Herbst eine vermutlich letzte Chance, noch in ein geregeltes Leben zu rutschen und Arbeit zu finden. Die hat er genutzt. Das Teilhabechancengesetz, das Anfang 2019 in Kraft getreten ist, machte es möglich. Jobcenter und Wirtschaftsbetriebe Oberhausen (WBO), die daran beteiligt sind, ließen ihn jetzt seine Geschichte erzählen.
Nach der Ausbildung in ein Loch gefallen
Mirko war fünf Jahre arbeitslos. Jeden Tag früh aufzustehen, seinem Tagesablauf einen festen Rhythmus und seinem Dasein einen Sinn zu geben, all das kommt in einer solchen Situation unter die Räder. „Ich habe an der Hauptschule Sankt Michael den Hauptschulabschluss gemacht“, beginnt Mirko seine Geschichte. Beim Zentrum für Ausbildung und berufliche Qualifikation (ZAQ) an der Essener Straße, einem gemeinnützigen Bildungsträger, erlernte er den Beruf des Fachlageristen.
„Ich habe danach verschiedene Anläufe unternommen, eine Anstellung zu finden. Aber es hat nicht geklappt“, fährt er fort. Dadurch sei er in ein tiefes Loch gefallen. Die persönlichen Probleme hätten zugenommen. Soziale Kontakte seien abgerissen. In seiner Wohnung in Dümpten futterte sich der Zwei-Meter-Mann ein Gewicht von 180 Kilo an. „Ich habe mich zweieinhalb Jahre nicht mehr um mich kümmern können“, schildert er seine damalige Verfassung. Dabei hat er als Jugendlicher Bodybuilding gemacht.
60 Kilo abtrainiert
Seine Mutter nahm ihn mit zur Ernährungsberatung. Und daraus resultierte der Entschluss, wieder mit dem Bodybuilding, Muskeltraining, anzufangen. „Ich musste meine Motivation wiederfinden“, sagt Mirko. Das klappte bei ihm am besten durch Körperbeherrschung. Fünf Mal pro Woche trainierte er. „Es war anfangs nicht schön“, erinnert er sich. Wer durch Training stark abnehmen will, muss große Widerstände überwinden. Am Ende speckte Mirko 60 Kilo ab.
„Als ich merkte, dass ich mich veränderte, hab’ ich mich wieder öfter beim Jobcenter gemeldet“, berichtet der junge Mann. Das wiederum habe auch sein Fallmanager dort honoriert und ihm den Erwerb des Pkw-Führerscheins ermöglicht. Damit konnte Mirko seine Vermittlungschancen am Arbeitsmarkt verbessern. „Das mit dem Führerschein hat mir einen Kick gegeben“, gesteht er.
Bammel vor dem Vorstellungsgespräch
Inzwischen war das neue Gesetz in Kraft getreten und die Verantwortlichen beim Jobcenter nahmen Mirko in den Kreis derer auf, die dafür in Betracht kamen. Sie bereiteten ihn auf eine Bewerbung bei den Wirtschaftsbetrieben Oberhausen (WBO) und auf ein Vorstellungsgespräch dort vor. „Ich war schon über die Chance glücklich“, sagt Mirko. Sechs fremden Leuten saß er dabei gegenüber. „Ich bekam anfangs kein Wort raus“, gesteht er.
Aber bei den WBO war man mit der Vorauswahl, die das Jobcenter getroffen hatte, diesmal zufrieden. „Hut ab vor dem Jobcenter“, sagt Arndt Mothes, der bei den WBO die Reinigungskolonnen unter sich hat. Von zehn Bewerbern habe man anfangs sechs angenommen. Bis heute seien es zehn Beschäftigte, von denen nur einer abgebrochen habe, weil er eine andere Stelle angenommen habe.
„Das liegt natürlich auch daran, dass die neuen Mitarbeiter allen anderen gleichgestellt sind“, betont WBO-Geschäftsführer Andreas Kußel. Sie hätten keinen befristeten Arbeitsvertrag und auf ihrem Kontoauszug stehe am Monatsende nicht mehr Jobcenter sondern WBO. Frühere Erfahrungen mit Bewerbern vom Jobcenter, dass die meisten nach wenigen Tagen nicht mehr kämen und die ganze Vorbereitung vergebens gewesen sei, wiederholten sich nicht.
Mehr als nur 400 Euro im Monat
Dank seines Führerscheins kann Mirko den Mercedes-Sprinter, mit dem seine Kolonne im Stadtgebiet unterwegs ist, auch fahren. Er hat sogar schon seine Kolonnenführerin dort vertreten. „Ich kann mich in keinster Weise beschweren. Es hat mich sehr glücklich gemacht. Ich arbeite daran, hier bleiben zu können“, sagt er. Zumal sich das neue Leben für ihn auch finanziell auszahle. Als Empfänger von Arbeitslosengeld II musste er mit monatlich knapp 400 Euro auskommen (ohne Miete). Heute sind es rund 1000 Euro (ohne Miete). Da rückt sogar der Traum nahe, sich mal ein eigenes Auto leisten zu können.
Komplett von Hartz IV weg
Wer fünf Jahre und länger arbeitslos und älter als 25 Jahre ist, dem ermöglicht das Teilhabechancengesetz den Wiedereinstieg ins Berufsleben. Zwei Jahre lang übernimmt das Jobcenter für die anstellenden Firmen die vollen Lohnkosten, im fünften und letzten Jahr der Förderung noch 70 Prozent. Auch werden Fortbildungen in dieser Zeit finanziert. Das Jobcenter Oberhausen fördert zur Zeit 350 Personen nach diesem Gesetz. Die Abbrecherquote liege bei nur zehn Prozent, heißt es.
„Es handelt sich nicht mehr um ein Förderprogramm, sondern um eine Lohnkosten-Unterstützung“, betont Uwe Weinand, der Geschäftsführer des Jobcenters Oberhausen. Dadurch werde nicht mehr, wie bei früheren Programmen, „künstlich“ Arbeit geschaffen. Die Teilnehmer seien in den fünf Jahren komplett aus dem Bezug von Arbeitslosengeld II raus. Die Bezahlung richte sich nach dem normalen tariflichen Niveau. Für den Erfolg seien gute Vorbereitung und die Begleitung im Arbeitsprozess wichtig, sagt Weinand.