Oberhausen. Durch die Corona-Pandemie kann der Jugendaustausch „Multi“ nicht in Oberhausen stattfinden. Die Initiatoren haben sich eine Alternative überlegt.
Eigentlich wollen sie cool bleiben – aber eine gehörige Portion Wehmut sieht man den Initiatoren des Oberhausener Jugendaustauschs „Multi“ trotzdem an. Normalerweise wäre das Team von Ehrenamtlichen momentan dabei, 200 Jugendliche aus 15 Gastländern und noch einmal so viele junge Gastgeber und deren Familien zu betreuen. Doch die Corona-Pandemie hat jene Barrieren wieder aufgebaut, die der bilaterale Austausch eigentlich abbauen möchte.
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Statt zusammenzukommen, bleiben alle in der Heimat. „Wir haben uns früh zusammengesetzt und überlegt, was wir machen können“, sagt Multi-Organisator Marc Grunenberg. Das städtische Büro für Interkultur befand sich für den zweiwöchigen Besuch in Oberhausen bei der Planung auf der Zielgerade. „Gastfamilien und Teilnehmer standen fest. Wir gehen mit dem Team früh in die Vorbereitung.“
Multi: Instagram längst wichtiger als Facebook
Damit die Multi nicht in Vergessenheit gerät, überlegten die Helfer – und entschieden sich für einen Umzug ins Internet. So gut es eben gehen kann. „Beim Stadtspiel erkunden die Multis normalerweise Oberhausen“, sagt Svenja Pitsch. „Also haben wir die Erkundungstour diesmal mit Online-Aufgaben verbunden.“
Das bedeutet, dass die Jugendlichen aus Ländern wie England, Spanien, Italien, Estland, Rumänien, Peru, Baschkortostan und Ukraine vornehmlich über die sozialen Netzwerke mit Oberhausen verbunden bleiben. Sie posten Antworten auf Fragen. Und senden kurze Videos, um der Aktion ein Gesicht zu geben.
Facebook spielt beim Brückenschlag übrigens eher eine untergeordnete Rolle, obwohl knapp 2000 Fans bei der häufig aktualisierten Seite bereits den Gefällt-mir-Button gedrückt haben. Die Macher wissen: Gerade jüngere Nutzer bewegen sich stärker auf Instagram – die Multi-Zielgruppe zwischen 13 und 17 Jahren erst recht.
Zumba-Kurs als weltweite Video-Konferenz
Bei Instagram funktioniert die Interaktion weniger über lange Texte, sondern über Fotos, Videos und Collagen. Das sieht das Multi-Team auch an gemessenen Zugriffen. „90 Prozent der Rückläufe der Online-Multi erhalten wir über Instagram.“
Ein Team von 30 Ehrenamtlichen kümmert sich auch bei der Online-Multi darum, dass alles läuft. Statt bunte Luftballons als Friedenszeichen auf dem Altmarkt in die Höhe steigen zu lassen, pusten die „Multis“ vor laufenden Videokameras Seifenblasen in die Luft.
Die Gäste und Gastgeber können ihre Videos aus dem eigenen Garten, Wohnzimmer oder Straßenzug über das Internet ergänzen. Seifenlauge verbindet.
So sind die Tage über zwei Wochen mit täglichen Online-Aktivitäten verbunden, die sich die Jugendlichen zeitlich meistens selbst einteilen können. Es sei denn, Workshops setzen auf das Live-Erlebnis: Während in den sozialen Netzwerken die „Multi“ öffentlich einsehbar ist, sind die Online-Kurse nur für Teilnehmer nutzbar – mit Passwort.
Online-Multi muss auf Fördergelder verzichten
So wurde es bereits sportlich. Ein Zumba-Kursus sorgte für reges Interesse, bei dem ein Oberhausener Trainer von mehreren Kollegen aus anderen Ländern unterstützt wurde. Auch ein Familientag führt Eltern und Jugendliche rund um den Erdball zusammen. Diese Online-Treffen haben natürlich ihre Kniffe. Pitsch: „Der Austausch erfolgt in englischer Sprache. Es hilft, wenn wir die Dialoge moderieren, damit nicht alles durcheinander geht.“
Multi-Macher planen für 2021
Nach der Online-Multi soll die internationale Jugendbegegnung im kommenden Jahr endlich in Oberhausen stattfinden. Der Termin ist bereits geblockt – vom 31. Juli bis zum 15. August 2021.
Bei dem Treffen reisen fünf bis 15 Jugendliche pro Gastland nach Oberhausen. Hier werden sie mit gleichaltrigen Jugendlichen in Gastfamilien untergebracht. Neben der gemeinsamen Freizeitgestaltung geht es um soziale und gesellschaftliche Projekte. Bei der Multi ist alle zwei Jahre Oberhausen der Spielort. Dazwischen reisen die jungen Gastgeber in die Länder ihrer Gäste.
Auch einen Überraschungstag hat die Online-Multi gestartet. Der aus Oberhausen stammende Sieger der RTL-Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS), Davin Herbrüggen, zog sich das blaue Multi-T-Shirt an und spielte für die Teilnehmer ein Kurz-Konzert. Dieses wurde aus dem Ebertbad übertragen, natürlich noch ohne Zuschauer. Das Video ist auf Youtube immer noch einsehbar.
Die Online-Multi ist mehr denn je auf ehrenamtliche Unterstützung angewiesen, denn Fördergelder aus Landes- und Bundesmitteln gibt es diesmal nicht. „Dass ein Jugendaustausch mit einem mehrwöchigen Komplett-Programm im Internet umgesetzt wird, ist weltweit einmalig“, findet Multi-Urgestein Wolfgang Heitzer. Die Premiere könne auch für andere Austausch-Formate als Blaupause dienen.