Oberhausen. Wegen der Corona-Krise musste sich Colja Volkert beruflich umorientieren. Nach der Pilotenausbildung geht es als Paketbote weiter.

Den Traum vom Fliegen träumte Colja Volkert schon früh. „Von klein auf wollte ich unbedingt Pilot werden“, erinnert sich der gebürtige Münsteraner, der für die zweijährige Ausbildung bei einer privaten Flugschule am Flughafen Essen / Mülheim nach Oberhausen zog. Doch gerade als sich seine Ausbildung im Landeanflug befand, stellte die Corona-Krise die Planungen des 23-Jährigen auf den Kopf. Obwohl wieder mehr Flugzeuge in der Luft sind, fällt der Blick in die Zukunft gerade für Berufsanfänger derzeit wenig erbaulich aus.

Statt Passagiere zu ihren Urlaubszielen zu fliegen, bringt Colja Volkert nun Pakete zu den Oberhausenern.
Statt Passagiere zu ihren Urlaubszielen zu fliegen, bringt Colja Volkert nun Pakete zu den Oberhausenern. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

„Die Perspektive im Vergleich zu Jahresbeginn hat sich um 180 Grad gedreht. Und selbst wenn es wieder anläuft, werden erstmal die erfahrenen Piloten zurückgeholt“, weiß Colja Volkert, der neben viel Zeit und Mühe auch viel Geld in die Pilotenausbildung steckte. Denn der Flugzeugführer in spe musste bisher rund 70.000 Euro Eigenanteil in die Ausbildung stecken. Umso wichtiger eigentlich, sofort eine Stelle bei einer der Fluggesellschaften zu kriegen. „Wenn diese Perspektive aber ausbleibt, ganz abgesehen von der Leidenschaft für den Beruf, wird einem schon der Boden unter den Füßen weggerissen“, sagt der 23-Jährige, der sich deshalb auf den Weg nach einer beruflichen Alternative machte.

Colja Volkert: „Ich lerne jeden Tag etwas Neues“

So bewarb er sich als Paketbote bei der DHL-Zustellbasis in Oberhausen, wo er nun seit Anfang Mai arbeitet. Statt Passagiere zu ihren Urlaubszielen zu fliegen, bringt Volkert nun Pakete zu den Oberhausenern. Dies aber ebenfalls mit Leidenschaft. „Für diese Möglichkeit bin ich sehr dankbar. Ich bin von den Kollegen super aufgenommen worden und lerne jeden Tag etwas Neues.“ Doch nicht nur Volkert selbst profitiert vom Berufswechsel, sondern auch die Deutsche Post, die sich in Corona-Zeiten im Dauereinsatz befindet.

Schließlich werden aktuell etwa 40 Prozent mehr Pakete versendet als zum selben Zeitraum des Vorjahres. „Es ist fast wie im Weihnachtsverkehr“, berichtet DHL-Pressesprecherin Britta Töllner. „Der Unterschied ist, dass wir uns auf Weihnachten vorbereiten können, während die Corona-Krise quasi aus dem Nichts kam.“ Mit dem zusätzlich eingestellten Personal – bundesweit sind es etwa 4000 neue Mitarbeiter – sollen Lieferengpässe vermieden werden.

Der Traum vom Dienst über den Wolken lebt weiter

„Viele, vor allem ältere Menschen, haben vorher wenig oder gar nicht bestellt oder versendet, was aber jetzt notwendig wurde“, berichtet Britta Töllner. Und auch Colja Volkert ist in seinem neuen Berufsumfeld angekommen, auch wenn er den Traum vom Dienst über den Wolken noch nicht aufgegeben hat. „Langfristig möchte ich definitiv wieder in den gelernten Beruf zurückkehren, wobei ich im Moment auch nur in eine leere Glaskugel schauen kann und nicht weiß, wohin die Reise geht.“

Ausbildung zum Piloten

Die Dauer einer Pilotenausbildung beträgt in der Regel zwischen zehn Monaten und zwei Jahren. Unterschiede gibt es je nachdem, wo die Ausbildung durchgeführt wird.

Möglich ist diese nicht nur unter dem Dach einer Airline, sondern auch in privaten Flugschulen. Die Kosten für die Ausbildung müssen gänzlich von den Schülern übernommen werden.

Der Cockpit-Nachwuchs muss sich in insgesamt 14 Fächern, darunter Meteorologie, Luftrecht und Navigation, bewähren. Die meisten Fluggesellschaften haben das Alter ihrer Bewerber auf maximal 28 Jahre (Mindestalter: 17 Jahre) festgelegt.

In der Zwischenzeit absolviert Volkert deshalb Auffrischungskurse und weitere Prüfungen, um sich ständig fortzubilden. Ansonsten würde gar der Verfall der Piloten-Lizenz drohen. „Das ist nicht wie ein Autoführerschein, den man einmal macht und dieser dann ein Leben lang gültig ist“, gibt Volkert zu bedenken, der deshalb auch nur mit reduzierter Stundenzahl bei der Post arbeitet.

Colja Volkert hat einen langen Atem

Colja Volkert haben die letzten Wochen und Monate auf jeden Fall gezeigt, dass es im Leben immer anders kommen kann, als man denkt. Und das man manchmal einen langen Atem haben muss, um am Ende seiner eigentlichen Leidenschaft nachgehen zu können. Auf welchem Weg auch immer. „Wenn alle Stricke reißen – die DHL hat ja schließlich auch Flugzeuge zum Frachtverkehr. Irgendwie komme ich schon wieder in die Luft.“