Oberhausen. Verein für aktuelle Kunst zeigt in seiner 1000-Quadratmeter Halle im Zentrum Altenberg einen Bildhauer und zwei Maler mit Sinn für Leichtigkeit.

Wer wahlweise Apfelsinen- oder Zigarrenkisten zu hinreißend schwebenden Plastiken veredelt, bei dem darf man getrost einen sechsten Sinn für Leichtigkeit und mindestens eine Prise Humor vermuten. Zwar werden die von Groningen bis Berlin heimischen Künstler der neuen Ausstellung des Vereins für aktuelle Kunst erst zur Eröffnung am Sonntag, 12. Juli, in der Altenberger Halle des VfaKR anwesend sein. Doch Wilfried Darlath, der Vizevorsitzende des Vereins bestätigt: „Das ist nicht dogmatisch. Hier kann jeder auf Entdeckungsreise gehen.“

Und es gilt nicht nur für jene wie schwerelos unter die hohe Decke gehängte Bildhauerkunst, auf deren schmalen Latten noch Stempel wie „Purple Majesty“ oder fruchtige Logos prangen. Das zauberhafte Obstkisten-Arrangement, dem Matthias Stuchtey den Titel „Trabanten dritter Ordnung“ gab, bannt schon vorm Eintreten in die Halle den durch die Fenster blickenden Betrachter. „Havanna 2“ heißen in bestechender Logik jene Wandobjekte aus kubanischen Zigarrenkistchen, in die Matthias Stuchtey „Türen“ und „Fenster“ geschnitten hat: Unweigerlich erscheint dieser charmante Fries wie ein indianischer Miniatur-Pueblo oder ein mediterran ineinander geschachteltes Bergdorf.

Die schwebende Plastik aus Obstkisten von Matthias Stuchtey lockt selbst von außen als Blickfang in die VfaKR-Halle.
Die schwebende Plastik aus Obstkisten von Matthias Stuchtey lockt selbst von außen als Blickfang in die VfaKR-Halle. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Selbst das bekannte schwedische Möbelhaus liefert dem 59-jährigen Wahlberliner Inspiration – und zwar im Wortsinn: Akribisch zerlegt der Bildhauer Ikea-Möbel in kleinste Fragmente, um sie wieder zusammenzufügen zu Objektserien mit teils futuristischer Aura. Und bei einem Titel wie „Malm“ könnte man im Möbelkatalog nachschlagen, wie diese Kunst aussah, als sie noch Kommode war.

Dieser Künstler „passt in keine Schublade“

Michael Jäger beherrscht das Metier „farbwuchtiger Großformate“, wie Wilfried Darlath sagt. Doch für diese Dreierausstellung präsentiert der 64-Jährige Vielfalt in kleinen Formaten: teils in üppiger Hinterglasmalerei oder mit Lack- und Ölfarben auf Alu-Dibond. Und jedes dieser Kleinformate zeigt die breite Palette der Stilistiken von feingemalten Farbfeldern über gestischen Schwung bis zu „biomorph“ wirkenden Formen wie aus einem Werk über Mikrobiologie. „Michael Jäger passt in keine Schublade“, betont Wilfried Darlath, „in keinen Ismus“.

Tausend Quadratmeter für 95 Kunstbegeisterte

Die zweite Ausstellung im Jubiläumsjahr des 40 Jahre jungen Vereins für aktuelle Kunst Ruhrgebiet eröffnet am Sonntag, 12. Juli, um 11.30 Uhr in der Halle des VfaKR im Zentrum Altenberg, Hansastraße 20. Die Künstlerin und ihre beiden Kollegen sind dann anwesend.

Zu sehen bleiben diese drei Positionen bis zum 16. August, geöffnet freitags von 16 bis 18 Uhr, samstags von 15 bis 18 Uhr und sonntags von 11 bis 14 Uhr. Mit Schutzmaske dürfen bis zu 95 Kunstbegeisterte die fast tausend Quadratmeter große Halle besichtigen.

Und wie er seine Bildtäfelchen platziert, beweist soviel Eigensinn wie Humor. So sollte man in der weiten Industriehalle nicht etwa die Ecke zwischen Sicherungskästen und Feuerlöscher übersehen: Wo andere Künstler ungern ihre Werke sähen, glänzen nun stilsicher zwei korrespondierende Lackarbeiten.

Übersehen? Michael Jäger platzierte eine olivgrüne Lackmalerei zielsicher über den Sicherungskästen der einstigen Fabrikhalle.
Übersehen? Michael Jäger platzierte eine olivgrüne Lackmalerei zielsicher über den Sicherungskästen der einstigen Fabrikhalle. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Zudem überließ Michael Jäger mit diesem Miniatur-Coup galant die Blickfang-Positionen den ungleich größeren „Zigzag-Paintings“ von Aimée Terburg. Die Werke der 49-jährigen Niederländerin entsprechen in ihrem delikaten Farbverlauf am ehesten dem überkommenen Bild von meditativer Farbmalerei.

Höchster Materialeinsatz für ätherische Leuchtkraft

Die breiten Zickzack-Pfeile, wie auf Epauletten oder Farbahn-Markierungen, prägen sämtliche Gemälde – ob in starkem Kontrast oder fast verschwindend in ineinander changierenden Farben. Diese strahlen übrigens aus einem Fonds von bis zu sieben Schichten schwarzer Acrylfarbe: höchster Materialeinsatz für Bilder von ätherischer Leuchtkraft.