Oberhausen. Mediziner in Oberhausen beobachten dermatologische Auffälligkeiten bei Corona. Helios St. Elisabeth regt ein Symptom-Register für jede Klinik an.
Auch Mediziner in Oberhausen lernen täglich mehr über das Coronavirus. Schnell stellten sie fest: Die Erkrankung betrifft nicht nur die Lunge, sondern mehrere Organsysteme. Nun deuten erste Hinweise auch auf Haut-Symptome hin – vor allem bei Kindern. Die Helios St. Elisabeth Klinik regt deshalb für alle Krankenhäuser ein zentrales Register mit den beobachteten Krankheitsverläufen an.
„Virusinfektionen lösen neben grippalen Beschwerden häufig auch juckende Hautausschläge aus“, erklärt Prof. Alexander Kreuter, Chefarzt der Dermatologie der Helios St. Elisabeth Klinik Oberhausen. Im Zusammenhang mit Covid 19 beobachteten Mediziner aber auch Perniones, umgangssprachlich als Frostbeulen bekannt.
Vor allem an den Füßen und Fingern von Kindern und Jugendlichen zeigten sich dunkelrote bis bläuliche, geschwollene Veränderungen. „Wir nennen es schon den Corona-Zeh“, ergänzt Kreuter. Italienische und spanische Arbeitsgruppen hätten diese Symptome zuerst dokumentiert. „Aber auch wir in der Oberhausener Hautklinik werden zunehmend von Praxen und anderen Krankenhäusern zu dieser Symptomatik angefragt“, berichtet der Spezialist für Autoimmunerkrankungen.
Hautveränderungen heilen meist nach einer Woche wieder ab
Immerhin: „In den meisten Fällen heilen diese Veränderungen nach einer Woche selbstständig wieder ab, ohne bleibende Schäden wie Verfärbungen zu hinterlassen.“ Das Coronavirus könne jedoch auch sehr unspezifische juckende Ausschläge mit Bläschen oder eine Nesselsucht verursachen. Mediziner sollten gerade bei Hautveränderungen junger Patienten, die wie Frostbeulen aussehen, auch an eine Covid-19-Erkrankung denken.
In sehr seltenen Fällen kann das Coronavirus jedoch auch eine schwere Immunreaktion auslösen, die dem Kawasaki-Syndrom ähnelt, einer systemischen Entzündung der Blutgefäße. Darauf weist auch das Deutsche Ärzteblatt hin. Es habe bereits vereinzelte Fälle in Deutschland gegeben. Europaweit sind rund 230 Kinder betroffen. Dieser wohl schwerwiegendste Verlauf im Kindesalter beginne meist nach einer überstandenen und oft unbemerkt verlaufenen Corona-Infektion mit einem plötzlichen Fieber. Dazu kommen Hautausschlag, eine trockene Bindehautentzündung, entzündliche Rötungen und Risse an Lippen und Mundhöhle sowie Lymphknotenschwellungen am Hals. Nicht immer aber tauchen alle dieser Diagnosekriterien auf. „Die meisten Kinder zeigen aber nach einer Infektion mit dem neuen Coronavirus nur milde Symptome“, beruhigt Kreuter.
Corona-Krankheitsverläufe an zentralen Stellen sammeln
Dennoch appelliert er an seine Kollegen, Krankheitsverläufe an zentralen Stellen zu melden. Auch Helios führe ein Covid-19-Register. Darin werden deutschlandweit alle Corona-Erkrankungen in den 86 Helios-Kliniken dokumentiert. „Mit jedem neuen Fall lernen wir dazu“, meint der Dermatologe. „Durch die gesammelten Erkenntnisse können sich Gesundheitseinrichtungen zukünftig besser auf das Virus einstellen.“
Ein Vorschlag, der in Oberhausen auf offene Ohren stößt. Auch in der Ameos-Gruppe, zu der das Katholische Klinikum Oberhausen gehört (heute: Ameos Klinika), werden längst die Covid-19-Fallzahlen aller Einrichtungen erfasst. „Zudem tauscht sich ein Expertengremium in einer täglichen überregionalen Telefonkonferenz zum Fallgeschehen aus“, informiert Ameos-Sprecherin Kathrin Girszewski.
Virologe sieht keinen Grund für übertriebene Sorge
Die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) ist gerade dabei, ein Meldesystem für Coronafälle zu etablieren und beobachtet die Situation aufmerksam.
Der Berliner Virologe Christian Drosten machte in einem NDR-Podcast deutlich, dass er angesichts der sehr seltenen schweren Krankheitsverläufe bei Kindern keinen Grund zu Alarmismus sieht.
Das Evangelische Krankenhaus Mülheim (EKM) und das Evangelische Krankenhaus Oberhausen (EKO) führen jeweils ein eigenes Covid-19-Register. „Beide Krankenhäuser arbeiten alle Patientenfälle innerhalb eines interdisziplinären Teams auf, welches am Stand des Wissens nach internationalen Guidelines arbeitet“, sagt eine EKO-Sprecherin. Alle Patientenfälle würden außerdem dem deutschlandweiten Register des Instituts für Medizinische Dokumentation (DIMDI) gemeldet.