Oberhausen. Die Anklage klang spektakulär: Geiselnahme, Raub und mehr. Bei Vernehmungen ergaben sich aber Widersprüche – das Gericht stellte den Prozess ein.
Die Anklage klang dramatisch: Weil der ihnen angeblich eine größere Summe Geldes schuldete, sollen mehrere Männer am 9. März 2019 in einer Shisha-Bar in der Stadtmitte, nicht weit vom Polizeipräsidium und Amtsgericht entfernt, einen Oberhausener misshandelt und beraubt haben. Dann sollen sie ihn in ein Haus in Velbert verschleppt haben, wo sie 20.000 Euro forderten. Das Verfahren vor dem Landgericht endete allerdings bereits nach einer Stunde. Ohne Urteil.
Unspektakuläre Flucht gelungen
Die Anklage warf sechs 29 bis 37 Jahre alten Männern aus Oberhausen, Velbert und Düsseldorf Raub, Geiselnahme und Körperverletzung vor. Angeblich hatte einer von ihnen den Geschädigten zufällig in der Shisha-Bar gesehen und sofort zwei Mittäter verständigt. Das Trio soll den Mann geschlagen und ihm eine Geldbörse mit 6800 Euro Inhalt abgenommen haben. Dann soll es den Geschädigten durch einen Hinterausgang zu einem Auto gebracht und in eine Wohnung in Velbert transportiert haben. Dort sollen weitere Helfer bereits gewartet haben. Die Angeklagten sollen Geldforderungen durch weitere Schläge und Todesdrohungen bestärkt haben. Der Geschädigte soll deshalb mit einem Verwandten telefoniert haben, bevor ihm ziemlich unspektakulär die Flucht gelang.
Angeklagter sitzt wegen Corona in Marokko fest
Ordnungsgemäß verhandeln hätte man den Fall sowieso nicht können: Denn von sechs Angeklagten erschienen nur fünf. Der sechste Mann hielt sich beim Ausbruch der Corona-Pandemie in Marokko auf und sitzt seit Mitte März dort fest. Doch die Strafkammer regte nicht nur deshalb ein schnelles Prozessende an. Denn auch die Beweislage sah alles andere als rosig aus.
Belastungszeuge erzählt widersprüchliche Dinge
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Der Hauptbelastungszeuge hatte sich bei einer Vernehmung durch das Gericht, mit dem die Kammer im so genannten Zwischenverfahren vor Eröffnung des Hauptverfahrens einen Überblick zu gewinnen suchte, ganz neue Dinge erzählt. Dabei ergaben sich massive Widersprüche zu mehreren Vernehmungen durch die Polizei, die schon in sich nicht stimmig gewesen waren. Die beteiligten Juristen waren sich rasch einig: Statt der schwerwiegenden angeklagten Verbrechen würden wohl nur recht unerhebliche Vergehen zu beweisen sein. Vor diesem Hintergrund wurden die Verfahren gegen alle sechs Männer eingestellt.