Oberhausen. Seit Anfang Mai herrscht Chaos auf der S-Bahnlinie S3 zwischen Oberhausen und Hattingen. Nun hat der VRR den Betreiber Abellio abgemahnt.
Ständige Zugausfälle auf den Linien S3, S9 und dem RE49, Ersatzbusse und mehr als 50 Jahre alte Sonderzüge: Das S-Bahn-Chaos hat seit Anfang Mai auch spürbare Auswirkungen auf Oberhausener Bahnreisende. Wegen der schlechten Situation auf seinen Linien ist der Betreiber Abellio jüngst bei Fahrgästen und Politikern massiv in die Kritik geraten.
Nun hat der Verkehrsbund Rhein-Ruhr das Hagener Eisenbahnunternehmen für seine „schlechten und nicht akzeptablen SPNV-Leistungen“ schriftlich abgemahnt, wie aus einer Pressemitteilung des VRR vom Mittwoch hervorgeht. „Wir erwarten, dass für die Fahrgäste das anhaltend schlechte Angebot auf der Schiene schnell und nachhaltig verbessert wird“, sagt VRR-Vorstandssprecher Ronald Lünser und fordert Abellio auf, „kurzfristig in einem Maßnahmenpaket verlässliche Aussagen und Planungen über eine verbindliche Qualifikation und Disposition für den Personaleinsatz zu treffen und tragbare Ersatzkonzepte vorzulegen“. Dafür wurden dem Unternehmen nun konkrete Fristen gesetzt.
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Corona-Krise: Abellio entschuldigt sich für Zustände beim S-Bahn-Betrieb
Laut Abellio-Sprecherin Julia Limia y Campos würden die geforderten Konzepte bereits in enger Absprache mit dem VRR geprüft. Details dazu wollte der S-Bahn-Betreiber auf Nachfrage noch nicht bekannt geben. In einer eigenen Erklärung bezog Abellio am Mittwoch ebenfalls Stellung und entschuldigte sich bei den Fahrgästen: „Wir können die Verärgerung und Enttäuschung nachvollziehen und möchten versichern, dass dies keinesfalls unser Anspruch ist, wir dies zutiefst bedauern und alles in unserer Macht stehende tun, um schnellstmöglich Abhilfe zu schaffen, um einen reibungslosen, stabilen und für alle akzeptablen Betrieb im Bereich der S-Bahn zu leisten.“
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Grund für die Probleme auf den S-Bahn-Linien von Abellio sei vor allem ein extrem hoher Personalmangel insbesondere bei Lokführern, der durch die Corona-Krise noch einmal verstärkt wurde. „Abellio hat es extrem hart getroffen“, meint der Oberhausener Bahn-Experte Lothar Ebbers, seines Zeichens Sprecher des Fahrgastverbandes ProBahn und Mitglied im Ausschuss für Verkehr und Planung beim VRR.
Auf der S3-Strecke werden alte „Silberlinge“ eingesetzt
„Die Ausbildung neuer Lokführer musste bei Abellio wegen Corona pausiert werden. Es konnten wegen der Schutzverordnung des Landes zwischenzeitlich keine Kurse oder Prüfungsfahrten stattfinden“, so Ebbers. Hinzu käme der ohnehin grassierende Fachkräftemangel bei den Eisenbahnunternehmen in NRW.
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Nach Angaben von Abellio hätten zudem betriebliche Kündigung und ein durch Corona erhöhter Krankenstand die Mitarbeiter in der Planung und Disposition seit Wochen an ihre Belastungsgrenzen geführt.
Der Hilferuf ließ nicht lange auf sich warten: Abellio setzt seit Anfang Mai ältere Elektrozüge und Fremd-Personal von „Train Rental International“ (TRI) auf der S3-Strecke zwischen Oberhausen und Hattingen ein, die die Verbindung nun im Stundentakt bedienen. Die Leih-Bahnen stammen aus den 70er und 80er Jahren. Während viele Bahnnostalgiker die unverhoffte Fahrt mit den alten „Silberlingen“ genießen, kritisieren einige Fahrgäste die „museumsreifen Züge“, welche – anders als die modernen Fahrzeuge – weder Barrierefreiheit noch Klimaanlage bieten.
ProBahn: „Gar keine Züge einzusetzen, das wäre die größere Zumutung“
Lothar Ebbers hält die harsche Kritik an den „Schrottzügen“ angesichts der absoluten Notsituation für unangemessen. „Die TRI-Züge kennt man von zahlreichen Sonderfahrten. Das sind sehr gut gepflegte Waggons.“ Der Experte ist vielmehr froh darüber, dass Abellio in nur wenigen Tagen die Ersatzzüge organisieren konnte. „Gar keine Züge einzusetzen, das wäre die größere Zumutung“, meint Ebbers.
Bauarbeiten: S3 steht anderthalb Wochen still
Weitere schlechte Nachrichten für die Pendler vermeldete Abellio am Mittwoch: Wegen Bauarbeiten der Deutschen Bahn im Bereich des Essener Hauptbahnhofs fällt die Linie S3 von Mittwoch, 20. Mai (3 Uhr) bis Montag, 8. Juni (3 Uhr) zwischen Essen und Oberhausen komplett aus.
Lediglich zwischen Essen-Steele Ost und Hattingen Mitte verkehren die Züge, der Mitteilung nach bis auf wenige Ausnahmen, regulär. Ab Essen-Steele Ost bis Oberhausen setzt Abellio einen Schienenersatzverkehr (SEV) ein. Der Betreiber bittet darum, mehr Zeit einzuplanen, denn: „Die Fahrzeit könnte sich durch die Nutzung des SEV verlängern.“
Er wirft Abellio indes vor, den Personalengpass dem VRR zu spät gemeldet zu haben. Durch die Corona-Notfallpläne, bei denen Abellio sich deutlich zurückgehalten habe, sei nicht sichtbar gewesen, wie groß das Personalproblem im Unternehmen wirklich ist.
Abellio hat am Donnerstag als nächsten Schritt angekündigt, übergangsweise auf Leih-Lokführer zurückzugreifen und auch den Ausbildungsbetrieb mit Hilfe von Ausbildern aus Schwesterunternehmen zu beschleunigen.
Ebbers geht indes davon aus, dass sich der Schienenverkehr um Oberhausen erst in sechs Wochen wieder normalisieren wird – allerfrühestens ab dem 8. Juni (s. Infobox). Insgesamt hätte es die Stadt aber nicht allzu hart getroffen. „Richtung Wesel fahren momentan zwei von drei Zügen. Wer von Oberhausen nach Essen will, kann dies mit Verbindungen über Duisburg und Altenessen tun oder den normalen Linienbus nach Styrum nehmen und dort in den Ersatzbus umsteigen.“