Oberhausen. Die Tour des Oberhausener Oberbürgermeisters Daniel Schranz hat für einige Bürger konkrete Verbesserungen gebracht. Andere dürften sich ärgern.

Wenn man in der Borbecker Traditionsgaststätte Haus Matecki mit Bürgern ein Bierchen zischt, dann bekommt man als Politiker offenbar gute Anregungen für eine bessere Demokratie. Schon lange vor seiner Wahl als Oberhausener Stadtoberhaupt im Herbst 2015 hat Daniel Schranz dort beim Reibekuchen-Essen nach eigenem Bekunden erfahren, wie wichtig es für Amtsträger hin und wieder ist, sich unters Volk zu mischen.

„Früher war es einfach mit der Politik ins Gespräch zu kommen, Luise Albertz stand hier immer an der Theke, hat ein Besucher gemeint“, berichtet Schranz über seinen Anstoß, von Ende 2018 bis zur Corona-Krise im Frühjahr 2020 durch die Stadtteile mit der Reihe „Dialogtour: Auf eine Wort mit Daniel Schranz“ zu fahren. Was mit der sozialdemokratischen Oberbürgermeisterin-Legende Luise Albertz (1956 bis 1979) früher automatisch nebenbei funktionierte, hat Schranz institutionalisiert. Trotz Telefon, Mails und Apps – „die Bürger wünschen sich, direkt mit dem Oberbürgermeister zu reden, um ihre Sorgen anzubringen“, bilanzierte Schranz seine Erfahrungen mit der Dialogtour.

860 Besucher bei 14 Dialog-Veranstaltungen

Aus 14 zweistündigen Abendveranstaltungen von November 2018 bis Mitte März 2020 mit insgesamt 860 Besuchern bestand die Dialogtour des Oberbürgermeisters unter dem Titel „Auf ein Wort mit Daniel Schranz“ durch (fast) alle Stadtteile; zwei Dialog-Treffen in Sterkrade-Heide und Walsumermark mussten wegen Corona abgesagt werden. Neben den Äußerungen auf den Treffen selbst stellten die Bürger im Vorfeld insgesamt 50 Fragen per Mail und sandten 35 Postkarten mit Anmerkungen ein.

Die Kosten für Miete, professionelle Moderation durch Norbert Lamb von der Werbeagentur Contact und Mineralwasser für Besucher aus dem Bürgerbeteiligungs-Säckel der Stadtkanzlei betrugen für die gesamte Dialogtour rund 15.000 Euro.

Die mit Blick auf den Kommunalwahlkampf ein halbes Jahr vor dem Wahltermin beendete Dialogtour hat nach Angaben des Christdemokraten eine Vielzahl von kleinen Verbesserungen für die Lebensqualität der Oberhausener gebracht. Da wurden wackelige Gehwegplatten ausgetauscht, neue Hundekotbeutelspender im Elpenbachtal installiert, an der Mergelstraße die Straßenlampen heller und höher gedreht und zahlreiche wilde Müllkippen beseitigt. Trotz aller Beschwerden über hohe Parkgebühren, Dreckecken oder zu schlappe Straßenlaternen: Schranz empfand die Atmosphäre mit den Bürgern meist als wohltuend-angenehm – von organisierten renitenten Wut-Bürgern kaum eine Spur.

Im Jugendzentrum Emscherdamm in Holten startete die Dialogtour am 15. November 2018. Im Bild zu sehen sind Oberbürgermeister Daniel Schranz und der Moderator der Reihe, Norbert Lamb.
Im Jugendzentrum Emscherdamm in Holten startete die Dialogtour am 15. November 2018. Im Bild zu sehen sind Oberbürgermeister Daniel Schranz und der Moderator der Reihe, Norbert Lamb. © FUNKE Foto Services | Tamara Ramos

Damit die Teilnehmer der Veranstaltung nicht das Gefühl ereilte, zwar alles Mögliche anregen zu können, aber die Stadtverwaltung in Folge die Wünsche und Forderungen geflissentlich ignorieren kann, hat das Bürgerbeteiligungsteam von Hendrik Detmers alle Vorschläge transparent in einem eigenen Internetportal oberhausen.de/bürgerbeteiligung aufgelistet – und dazu die Entscheidungen und Taten des Rathauses.

Klavierfestival wieder in Oberhausen

So wäre die Anregung aus Sterkrade, dass das Klavierfestival Ruhr auch mal wieder in Oberhausen Station machen sollte, tatsächlich verwirklicht worden – wenn Corona das Mai-Konzert im Ebertbad nicht zunichte gemacht hätte. Und den Bürgerdialog-Versammlungen haben Schnellfahrer unter den Autobesitzern zu verdanken, dass die Stadt Oberhausen motiviert wurde, mehr Blitzgeräte anzuschaffen. Denn fast bei jedem Treffen klagten Anwohner über rücksichtslose Autofahrer.

Besonders wertvoll ist für Schranz nach eigener Aussage aber, die Stimmung in der Bevölkerung aufzusaugen. Gerade in Stadtteilen mit schwierigen Lebensbedingungen wie Lirich war die Gemütslage der Besucher besser als erwartet, in privilegierten Stadtteilen wie Schmachtendorf und Königshardt schlechter. Während sich Schmachtendorfer schon durch eine einzige längere Baustelle um ihre Lebensqualität im Stadtteil beraubt sahen, waren die Liricher schon froh, dass sich sichtbar und persönlich überhaupt ein Spitzenpolitiker der Stadt um sie kümmert.