Oberhausen. Corona kann für Familien ganz schön anstrengend sein. Aber viele Oberhausener versuchen das Beste aus der Situation zu machen.
Auf den ersten Blick ist alles wie immer an einem Sonntag mit strahlend blauem Himmel an der Ruhraue und an anderen Orten im Stadtgebiet, wo die Menschen einen Teil ihrer Freizeit an der frischen Luft verbringen. Erst im Gespräch erschließt sich, wie tiefgreifend die Coronakrise je nach den Lebensumständen des Einzelnen das Leben und damit auch die Freizeit verändert.
Nur ja nicht anstecken
Auf dem Deich an der Ruhr sind an diesem Mittag alle Parkbänke besetzt. An ihnen ziehen Radler auf dem Ruhrtalradweg vorbei. Unten, in der Aue, sind vor allem Hundehalter unterwegs. Vereinzelt haben sich Familien direkt am Wasser niedergelassen, wird auf der Ruhr gepaddelt. Auf einer der Bänke ruhen sich auch Monika und Johannes Reintges aus Alstaden, ein Ehepaar in den Fünfzigern, vom Radfahren aus. Sie sind sehr auf Distanz bedacht. „Wir gehören beide zur Risikogruppe. Aber man muss ja mal raus, etwas für die Gesundheit tun“, sagen sie. Mit dem Verhalten ihrer Mitmenschen sind sie zufrieden. „Die Leute sind vorsichtiger geworden, halten schon mehr Abstand, und sind freundlicher als früher“, stellen sie fest.
Papa genießt die Ruhe daheim
Wo die verlängerte Ruhrstraße auf den Deichweg mündet, hat sich eine junge Frau mit ihren beiden Kindern, ein und drei Jahre alt, auf einer Bank niedergelassen. Sie ist mit ihnen in einem Fahrradanhänger zu Fuß unterwegs. Die 35-Jährige Alstadenerin möchte namentlich nicht genannt werden. „Wir haben uns als Familie gut gefunden“, berichtet sie. Der Vater genieße im Moment die Ruhe im Homeoffice. Da sie wegen ihres Jüngsten ohnehin zu Hause sei, gebe es keine große Umstellung, außer dass die Tochter nicht in der Kita sei.
Kurz nach der Mittagszeit nimmt auch ein paar Kilometer weiter nördlich, am Rhein-Herne-Kanal, der Radverkehr zu. Wenn es größere Gruppen auf Rädern sind, erkennt man schnell, dass es sich um Familien handelt. Meist sind die Radler allein oder zu zweit unterwegs. Auf dem Wasser brummen vereinzelt Motorboote vorüber.
Die Ripshorster Brücke ist ein beliebter Aussichtspunkt. Zwei Frauen fotografieren von hier aus, jede in eine andere Richtung. Die eine von ihnen ist Bettina Auth (53) aus Königshardt. Ihr Partner ist schon zum Parkplatz am Haus Ripshorst vorgegangen. „Man überlegt viel mehr, was man unternimmt, geht dort hin, wo wenige Ansammlungen sind, wie hier“, erzählt sie. Außerdem sei sie seltener unterwegs als früher und das meist allein, berichtet sie.
Revierpark: Spielplätze nicht abgeriegelt
Im Revierpark Vonderort geht es am Nachmittag ruhig zu. Einige Spaziergänger sind unterwegs. Der Wasserspielplatz ist trockengelegt, aber nicht abgesperrt. Zwei kleine Jungen spielen im Sand. Auch ist zwar das Klettergerüst auf der Wiese gesperrt, nicht aber die kleinen Spielgeräte davor. Zwei Mädchen nutzen die Gelegenheit, wippen und schaukeln.
Ganz schön stressig
In einiger Entfernung sitzen Yvonne und Markus van Ahrem aus Sterkrade mit ihren beiden Töchtern, neun und sieben Jahre alt, auf der Wiese und lassen sich Eishörnchen schmecken. „Katastrophe!“, sagt die Mutter, wenn sie an Corona denkt. „Man muss von morgens bis abends die Kinder bespaßen.“ Dafür sei freilich von Vorteil, dass sie ihre beiden Jobs in einem Fitnesscenter und im Aquapark zur Zeit nicht ausüben könne. „Uns fehlt aber praktisch ein Einkommen“, gibt ihr Mann zu bedenken, der in Kurzarbeit ist. Allerdings könnten sie ihr Geld momentan ja sowieso nirgendwo ausgeben.
Einsamkeit aushalten für die Gesundheit
Für ältere Menschen bedeutet Corona vor allem, die Gesundheit zu schützen. Dafür müssen sie jedoch mehr oder weniger auf liebgewordene Freizeitgewohnheiten vorläufig verzichten.
Ganz in der Nähe von Haus Ripshorst sitzt eine 75-jährige Buschhausenerin auf ihrem Rollator und blickt über die Felder. „Es ist ja hier schön weitläufig“, stellt sie fest. Deshalb sei sie gekommen. Und dann erzählt sie von ihrem schweren Lungenleiden, davon, dass eine Ansteckung für sie lebensgefährlich wäre. Sie sei alleinstehend, Witwe. Ihre Enkelkinder könnten nicht mehr zu ihr kommen. „Die Schwiegertochter, die für mich einkauft, muss Abstand halten.“ Das sei schon schwer. Zumal es auch keine Treffen mit Freundinnen mehr gebe. „Die Eisdielen fehlen mir“ - und das gemeinsame Kartenspiel auch. „Vielleicht kommen wir ja mal vom hohen Ross runter: Geldverdienen, Geldverdienen“, philosophiert sie.
Mit Reisen ist nichts mehr
Ein älteres Ehepaar aus Bottrop sitzt wenig später im Revierpark Vonderort auf einer Mauer. Es möchte ebenfalls anonym bleiben. Sein Alltag habe sich durch Corona nur wenig geändert, behauptet der Mann. Außer dass sie nicht mehr in Bauerncafés einkehren könnten, was sie so gern tun würden. Aber dann wird beiden klar, dass es ja auch mit dem Reisen nichts mehr ist. „Wir wären normalerweise schon für vier Wochen auf Teneriffa“, erklärt der Mann. Und die Frau fügt hinzu, sie seien drei Mal im Jahr für bis zu zwei Monate verreist, fast das halbe Jahr also unterwegs. Corona hat also doch ihr Leben verändert.
Vorrang für die Vernunft
Wer in Oberhausen einen großen Wald erleben will, muss in den Norden der Stadt fahren, zum Hiesfelder Wald. An einem Wegekreuz machen dort am späten Nachmittag Elisabeth und Günter Meergans aus Duisburg-Röttgersbach eine Pause. Sie sind mit E-Bikes unterwegs. Die acht Kilometer von Röttgersbach hierher sind für sie ein Klacks. „Wir sind zwar schon über Siebzig, aber noch sehr aktiv“, berichtet das Ehepaar. Dann listet die Rentnerin die Aktivitäten auf: Tennis, Schwimmen, Tanzen, Gymnastik. „Auf all das müssen wir zur Zeit verzichten. Aber die Vernunft muss siegen, wir wollen ja nicht krank werden.“ Im Wald sei es spürbar ruhiger als sonst, stellt ihr Mann fest. „Das Radfahren ist uns noch geblieben“, sagt er. „Und Tanzübungen auf YouTube“, ergänzt seine Frau.