Oberhausen. Die Ausbreitung des Coronavirus lässt sich durch das Tragen von Masken verlangsamen. Warum tun es dann so wenige? Weil es verdammt schwer fällt.

Das Wort Maske ist aktuell in aller Munde. Quer durch Deutschland erlassen die Bundesländer eine Tragepflicht, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen – ab kommenden Montag (27. April) gilt die Pflicht auch in NRW und damit im Oberhausener Handel und im öffentlichen Nahverkehr der Stoag. Die Bedenken rund um den Gesichtsverlust sind allerdings groß, auch bei mir. Dennoch hat sich mein Selbstversuch inzwischen zum Alltag entwickelt.

Wenn mir bislang Menschen mit Maske begegneten, dann löste das in mir immer Befremden aus. Mit einem Menschen zu kommunizieren, dessen Gesicht zu zwei Dritteln hinter einer Barriere verschwindet, fällt mir schwer. Die Maske verschluckt Reaktionen und Emotionen, ebenso wie die Stimme.

Für mich ist das Coronavirus schwer greifbar

Dazu wirft die Maskerade bei mir stets die Frage auf, ob es wirklich schon so schlimm um meinen Gegenüber steht. Oder um die Situation. Die Notwendigkeit, sich derart einzuschränken. Aktuell kenne ich niemanden in meinem Umfeld, der an Covid-19 erkrankt ist. Auch wenn ich mich viel informiere, ist das Virus schwer greifbar. Ich neige nicht zu Angst oder Panik. Ich habe mich eingerichtet in meinem Homeoffice. Ich habe soziale Kontakte reduziert. Das reicht, habe ich gedacht. Und die Maske weggelassen.

Inzwischen bin ich anderer Meinung. Die Nachricht, dass ich schon einen Monat nach Verkündung restriktiver Corona-Maßnahmen wieder im Einkaufscenter shoppen gehen könnte, hat mich erschreckt. Genauso wie meine bisherige Sorglosigkeit, als potenzieller Träger eines ansteckenden Virus den Tod eines Mitmenschen in Kauf genommen zu haben. Ich lebe ab sofort mit meinem Gesichtsverlust – und trage Maske.

Ulf Brenne: Maske hilft, die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen

„Mit dem Tragen einer Maske oder eines einfachen Mund-Nasen-Schutzes kann jeder auf einfache Art und Weise dazu beitragen, dass sich das Coronavirus weniger verbreitet“, weiß auch Ulf Brenne. Der Oberhausener Apotheken-Sprecher konkretisiert in einer Mitteilung der Apothekerkammer Nordrhein: „Ziel ist es, die Geschwindigkeit des Tröpfchenauswurfs zu reduzieren. Gleichzeitig werden sowohl das Bewusstsein für ‘social distancing’ sowie ein gesundheitsbezogener und achtsamer Umgang mit sich und anderen sichtbar unterstützt.“

Drei Maskentypen und viele Angebote

Der Apotheker-Verband unterscheidet aktuell zwischen drei verschiedenen Maskentypen. Erstens: Community-Masken, meist selbstgenäht aus ein- oder mehrlagigem Stoff. Zweitens: medizinischer Mund-Nasen-Schutz, auch OP-Maske genannt. „Davon halte ich wenig, die sind fast noch schlechter als manch gut gemachte Stoffmaske“, schätzt Apotheker Patrick Marx ein. Drittens: FFP2- und FFP3-Masken, die von Pflege- und Klinikpersonal eingesetzt werden.

Möglichkeiten, sich Masken zu organisieren, gibt es mehr und mehr. Wer selbst keine Nähmaschine zu Hause hat, der kann sich bei Mario Martin auf www.gesichtsmasken-oberhausen.de eindecken – und spendet mit jedem Kauf an die Stiftung des Uniklinikums Essen. Auch Apotheker Marx hat in seinen vier Filialen wieder Masken vom Typ FFP2 auf Lager. „10.000 sind im Bestand, weitere 20.000 unterwegs – das sollte erstmal reichen“, sagt Patrick Marx.

Aus Empfehlungen, wie sie Brenne und Bundeskanzlerin Angela Merkel vergangene Woche ausgesprochen haben, sind längst schärfere Regeln entstanden. Vorreiter ist Jena. Die Stadt in Thüringen schreibt schon seit dem 6. April das Tragen von Masken vor, die letzte offiziell registrierte Infektion datiert vom 9. April. In NRW haben Städte wie Dorsten, Düsseldorf, Bochum und Duisburg den Druck auf die Landesregierung erhöht – weshalb diese am Mittwochmittag (22. April) reagierte und ebenfalls zum kommenden Montag (27. April) eine Maskenpflicht in Bussen und Bahnen sowie beim Einkaufen einführt.

Der Bart kratzt, die Brille beschlägt

Und wie ist es nun mit der Maske im Gesicht? Zunächst ziemlich kratzig an Backe und Bart. Schnell setze ich Kontaktlinsen ein, weil mir der Atem penetrant die Brille beschlägt. Dazu kommt die Unsicherheit, bei meinen Mitmenschen (ungewollte) Reaktionen hervorzurufen. Erfahre ich Ablehnung? Oder etwa Akzeptanz?

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Auf der Straße begegnet mir und meiner Freundin zunächst ein anderes Paar, das nervös lacht. Dafür schenkt uns eine junge Mutter kurz darauf ein freundliches „Hallo“. Im Supermarkt stoßen wir auf Desinteresse. Oder ein plötzliches Reißaus, wenn uns jemand erst spät bemerkt und dann fast erschrocken zurückweicht. Die Maske als Abstandsassistentin. An der Kasse bedankt sich die Mitarbeiterin mit Blick auf unseren Schutz. Sie trägt keine Maske, so wie es der Großteil der Menschen um uns herum nicht tut.

Oberhausener Apotheker Patrick Marx: „Das ist zu wenig“

Meine Momentaufnahme bestätigt Patrick Marx, der vier Apotheken in Oberhausen und Mülheim führt. „Auf der Marktstraße hat am Dienstag kaum jemand eine Maske getragen, mein Sohn und ich waren die Ausnahme. Das ist zu wenig. Wenn wir jetzt diszipliniert Maske tragen, hätten wir in der Zukunft weniger Probleme“, ist sich der Inhaber sicher.

Der Oberhausener Mario Martin verkauft einzelgefertigte Stoffmasken.
Der Oberhausener Mario Martin verkauft einzelgefertigte Stoffmasken. © Mario Martin

„Das Bewusstsein für das Tragen einer Maske ist noch nicht so ganz da“, stellt auch Mario Martin fest. Der Oberhausener verkauft als Selbstständiger normalerweise Hemden für das Modeunternehmen Befeni – hat seit Mitte März aber auch einzelgefertigte Stoffmasken im Angebot. Die Nachfrage sei bislang überschaubar gewesen, erklärt Martin, dafür sei er beim Einkaufen öfters schief angeguckt worden.

Absichtliches Anhusten – der Weg ist noch weit

Beim Schief angucken bleibt es bei mir allerdings nicht, als meine Freundin und ich auf dem Rückweg an einer Unterführung auf drei Jugendliche treffen. Einer der Halbschwachen hustet mich absichtlich an. Ziemlich daneben – und ich stelle fest: Der Weg ist noch weit.

Eine Anleitung, wie Sie einen Mundschutz selbst herstellen können, finden Sie hier.