Oberhausen. Das Duo „Salonlöwengebrüll“ erntet bei seinem Konzert am Freitag stillen Lichthupen-Applaus. So läuft ein Abend im Autotheater an der Niebuhrg.

Eingewiesen wird man auf dem Parkplatz der Niebuhrg normalerweise, damit der dortige Parkraum, rund 100 Plätze, optimal genutzt wird. An diesem Abend verfolgt die Einweisung zwei andere Ziele. Sie ist die Eintrittskontrolle zum „Drive in“-Theater, zum Autotheater, und dient dazu, jedes Besucherfahrzeug in die bestmögliche Position hin zur Bühne zu bringen. Am Freitagabend sind rund 15 Pkw vorgefahren. Spitz zulaufend gruppieren sie sich, um gleich das Bochumer Duo „Salonlöwengebrüll“ zu hören.

Wie berichtet, hat Niebuhrg-Spielleiter Holger Hagemeyer die Corona-bedingte Zwangspause für sein freies Theater umschifft, indem er die Idee des Autokinos aufgegriffen hat. Allerdings nicht, um Spielfilme vorzuführen, sondern um der Kleinkunst neuen Raum zu geben. Zu diesem Zweck steht die mobile Bühne des Christlichen Vereins Junger Menschen (CVJM), ein Sattelauflieger, vor der rustikalen Backstein-Fassade der ehemaligen Zeche. Noch ist sie spärlich beleuchtet. Ein E-Piano und ein Stehmikrofon stehen darauf.

Ob die Zuschauer gespannt sind auf den Abend, lässt sich nur erahnen. Nur wenige Autos sind jedenfalls einzeln besetzt. Meist sind es Paare, die vorgefahren sind. Vereinzelt sind auch Kinder dabei. Hinter geschlossenen Fenstern können sie sich ungezwungen geben.

Auch interessant

Konzert wird per Autoradio übertragen

Große Tafeln haben darauf hingewiesen: Auf dem UKW-Kanal 93,7 wird das Konzert ins Autoradio übertragen. Eine etwa einen Meter hohe Antenne auf dem Bühnendach macht es möglich. Und so herrscht auf dem Platz selbst nur Zimmerlautstärke, nachdem Pianist Norbert Lauter auf die Bühne gestolpert ist, seinen Platz eingenommen hat und Sänger Sebastian Coors im Smoking das „Salonlöwengebrüll“ beginnt. Wer es gern lauter hätte, braucht ja nur am Radio zu drehen.

Auf die Bühne hin ausgerichtet sind die Autos auf dem Parkplatz der Niebuhrg. Bis zu 40 „Drive in“-Theatergäste darf der Parkplatz aufnehmen. Normalerweise können dort 100 Pkw parken.
Auf die Bühne hin ausgerichtet sind die Autos auf dem Parkplatz der Niebuhrg. Bis zu 40 „Drive in“-Theatergäste darf der Parkplatz aufnehmen. Normalerweise können dort 100 Pkw parken. © FUNKE Foto Services | erd Wallhorn

Die Zuschauer haben es schnell gelernt. Im Autotheater wird mit der Lichthupe applaudiert. Wer besonders begeistert ist, schaltet die Warnblinkanlage hinzu. Drinnen, im Saal, wäre es ganz normal, dass nur einer singt oder spricht und alle anderen zuhören. Hier, auf den abgeschotteten Sitzplätzen hinter Blech, ist es gewöhnungsbedürftig.

Im Stil von Max Raabe

Coors gibt sich am Freitagabend wie Max Raabe („Kein Schwein ruft mich an“) und singt im Stil der 1920er Jahre, also mit viel Witz. Da geht es um die Marotten seines pensionierten Vaters oder um die Smartphone-Fixiertheit einer Dating-Partnerin. Es darf auch geschunkelt werden, sofern die Federung darauf reagiert. Souverän begleitet Lauter den Sänger dabei, liefert sich mit ihm verbale Scharmützel, singt mit im Duett und darf sogar ein eigenes Lied vortragen.

So richtig sichtbar wird der „Applaus“ erst nach der Pause, nach Einbruch der Dunkelheit. Dann blitzt und blinkt es nur so auf der Frontseite der Autos, wird zusätzlich mit Taschenlampen aus den heruntergelassenen Seitenscheiben gewunken. Ein Wagen benötigt am Ende Starthilfe, so sehr hat der Fahrer seine Batterie strapaziert. Die beiden Künstler wissen es zu schätzen, liefern zwei Zugaben.

Im Gespräch bleiben

Holger Hagemeyer ist am Ende zufrieden. Nicht weil der Publikumsandrang so groß ist. 40 Parkplätze dürfte er belegen. Sondern weil die Niebuhrg dank seines Einfalls mit dem Autotheater im Gespräch ist. „Die Idee soll ruhig geklaut werden“, sagt er. Denn Künstler wie Techniker müssten ja beschäftigt werden. Corona fordere die Kreativität heraus. Für ihn hat sich die Prozedur mit den Genehmigungen der Radioübertragung auf dem Platz durch Bundesnetzagentur, Landesmedienanstalt und Ordnungsamt gelohnt.

So geht es weiter im „Drive in“-Theater

Zunächst bis Ende Apri l gibt es Kleinkunst beim Autotheater an der Niebuhrg. Bis zu zwei Künstler gleichzeitig sind auf der Bühne zugelassen, wegen der Ansteckungsgefahr.

Weiter geht es am Dienstag, 21. April, mit Musical-Melodien des Oberhausener Ensembles „Unlimited Sounds for2“. Mittwoch, 22. April, gastiert das Kleine Theater Essen mit „Zwei wie Bonnie & Clyde“ an der Niebuhrstraße. Donnerstag, 23. April, heißt es „Serhat Dogan - Kückück - Ein Türke sieht Schwarz-Rot-Gold“.

Alle Gastspiele beginnen um 20 Uhr. Der Eintritt beträgt 30 Euro pro Auto. Karten gibt es auf www.niebuhrg.de.