Oberhausen. Zwischen Mutmacher und Geschäftsretter: Kleinunternehmer bieten Gutscheine an, um die Coronakrise zu überleben. Drei Oberhausener erzählen.

Nachdem der erste Corona-Schock verdaut ist, versuchen Oberhausener Kleinunternehmer wieder auf die Beine zu kommen und Einnahmen zu generieren. Eine Möglichkeit, das dicke Loch im Geldbeutel zu stopfen: Gutscheine. Drei Oberhausener berichten von geplünderten Sparkonten, treuen Stammkunden und einer Dorf-Kooperation.

Angst, nach Ende des Lockdowns ohne Arbeit da zu stehen, hat André Schroeter-Buchert nicht. Stattdessen schleift der Friseurmeister schon fleißig seine Scheren, um den Oberhausenern so schnell wie möglich wieder auf den Pelz zu rücken - vorausgesetzt, sein MaDorado Haardesign auf der Ebertstraße gibt es bis dahin noch.

Corona führt zur Plünderung des Sparkontos

"Die Soforthilfe vom Land ist bewilligt, dazu habe ich Kurzarbeitergeld eingeführt und das Konto meines Sohnes geplündert", sagt Schroeter-Buchert mit leisem Lachen und macht deutlich: Er zieht alle Register, um sich und seine vier Angestellten durch die Corona-Krise zu bringen.

Eine gute Kundin habe ihn direkt nach der Schließung am 23. März auf eine weitere Idee gebracht - Gutscheine. Mit zehn Prozent auf den nächsten Bob oder Bun wirbt er seitdem um die Mini-Kredite seiner Stammkunden, die ihn bislang nicht enttäuschen. "Es läuft erstaunlich gut, ich habe schon 20 Stück verkauft. Das sichert meine Liquidität und gibt mir Sicherheit", freut sich der Inhaber von MaDorado.

Hochzeitsfotografin fürchtet um ihre Existenz

An jedes Stückchen Sicherheit klammert sich aktuell auch Lara Zabe. Die selbstständige Fotografin ist durch das Coronavirus in eine existenzgefährdende Lage gerutscht, nachdem Paare, Familien und Hochzeitsgesellschaften ihre Termine bei "Fräulein.Schmu" reihenweise stornierten. Die Kamera steht still, mindestens der Beginn der Hauptsaison zwischen April und September fällt ins Wasser. "Zum Glück sind viele Termine vorerst nur verschoben", sagt Zabe - und versucht sich Mut zu machen.

Etwa durch die Unterstützung ihrer Kunden, die ihr die Stange halten und ebenfalls in Gutscheine investieren. Sei es in einer der drei Porträt-Kategorien, sei es durch einen Warenwert nach Wahl: "Zehn Stück sind schon verkauft, das ist für mich gutes Geld." Neben Homepage, Facebook und Instagram wirbt die Fotografin inzwischen auf auch auf wirsindoberhausen.de für ihre Dienste.

Besondere Kooperation in Schmachtendorf

Wie wichtig neben Stammkunden auch die Gemeinschaft im Stadtteil sein kann, erleben momentan Heike und Klaus Müller vom gleichnamigen Herrenmoden-Geschäft in Schmachtendorf. Das Ehepaar in den frühen 60ern verkauft ebenfalls Gutscheine - allerdings nicht alleine.

Denn die perforierten und durchnummerierten Scheine liegen außerdem in der Schmachtendorfer Postfiliale bei Claudia Wehrmann sowie dem Tabakladen von Markus Brinkmann bzw. dem Schreibwarengeschäft von Rainer Frintrop aus. "Wir müssen Solidarität vorleben, denn die Großen tun es nicht. Vielleicht können wir damit ein bisschen helfen", meint Brinkmann.

Schmachtendorf rückt enger zusammen

Die Müllers sind schwer beeindruckt von der Hilfsbereitschaft der Nachbarn. "Wir zusammen in Schmachtendorf...", fängt Heike Müller gerührt an, um den Satz dann so stehen zu lassen. Stattdessen gibt sie Einblicke in ihr Seelenleben. "Für uns sind die gekauften Gutscheine und die Angebote eine psychologische Hilfe. Sie bauen uns auf, denn es ist schwer. An einem schlechten Tag fließen Tränen, aber dann geht es wieder für die nächsten drei Tage."

Auch an die treuen Käufer von Sakko und Schlips hat die Inhaberin noch eine Nachricht - abgesehen von den zehn Prozent Rabatt auf den gesamten Einkauf beim Erwerb eines Gutscheins. "Wir sind mit unserem Geschäft verwachsen und hätten es die letzten elf Jahre so nicht aufrecht erhalten können, wenn unsere Stammkunden nicht gewesen wären. Ein großes Dankeschön, es ist ein Geben und Nehmen."

Info

Die Website www.wirsindoberhausen.de ist erfolgreich angelaufen, inzwischen bieten 133 Oberhausener Unternehmer ihre Liefer- und Abholdienste an (Stand 6. April). Die Initiative geht unter anderem auf die Stadt Oberhausen, die Wirtschafts- und Tourismusförderung sowie die Stadtsparkasse zurück.

Eine weitere Homepage steht seit vergangener Woche in den Startlöchern. Unter www.oberhausen.help können Menschen Gutscheine von Oberhausener Unternehmen erwerben - das Geld geht laut der Initiatoren Danny Ponath und Michael Haas zu 100 Prozent an die Betroffenen.

"Diese Unternehmen haben uns zum Teil über Jahre Freude und Lebensqualität geschenkt. Wir haben nun die Möglichkeit, ihnen etwas zurückzugeben und in einer so schweren Zeit beizustehen", erklärt das Duo in der Pressemitteilung. Auf oberhausen.help haben sich bislang sieben Geschäfte registriert (Stand 6. April).

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