Oberhausen. Demokratie lernen – damit kann man nicht früh genug anfangen. Die Adolf-Feld-Schule in Oberhausen trainiert Rechte und Regeln fürs Miteinander.

Mit der Demokratie ist das ja so eine Sache. Im Gegensatz zur Monarchie gibt’s da keine Königin und keinen König – also auch keine Prinzessinnen. Finden die Mädchen aus der 3c der Adolf-Feld-Schule in Oberhausen-Mitte nicht so toll, zu wenig Glitter. Dafür hat die Demokratie anderes zu bieten: Mitsprache, Teilhabe, verbriefte Rechte, eine solidarische Gemeinschaft, Meinungsfreiheit. Klingt erstmal trocken, aber die Schüler der Grundschule haben sich in dieser Woche damit beschäftigt, was das für ihr Leben bedeutet. „Demokratie lernen ab der ersten Klasse“ lautete das Motto der Projekttage.

Recht auf Gleichheit und Bildung

Die 2b von Marion Hartjes beugt sich gerade über Malblätter, die Kinder haben den Umriss ihrer Hände aufs Papier gezeichnet und gestalten das Ganze jetzt bunt. Anschließend werden die Hände auf ein Plakat mit einer großen Weltkugel geklebt. „Ich bin ein Kind dieser Welt und ich bin eines, für die die Kinderrechte gelten“, erklärt Lehrerin Hartjes die Botschaft der Bastelaktion.

Ihre Schülerinnen und Schüler kommen aus Sri Lanka, Ghana, Vietnam, Indien, Nigeria oder dem Kosovo – und sind alle hochkonzentriert bei der Sache. Sie haben die UN-Kinderrechte kennen gelernt, die von 192 Ländern unterschrieben wurden, die aber in vielen Köpfen, auch in Europa, nicht präsent sind: Recht auf Gleichheit, Bildung, Gesundheit, Spiel und Freizeit, auf eine eigene Meinung, auf Schutz vor Gewalt, auf Privatsphäre, auf Schutz im Krieg und auf der Flucht.

„Mich stört...“, „Bitte hör auf...“: Eine Möglichkeit, Konflikte in der Klasse zu lösen ist der Klassenrat-Briefkasten. Einmal in der Woche werden die Inhalte der Zettel, die die Kinder einwerfen können, gemeinsam besprochen.
„Mich stört...“, „Bitte hör auf...“: Eine Möglichkeit, Konflikte in der Klasse zu lösen ist der Klassenrat-Briefkasten. Einmal in der Woche werden die Inhalte der Zettel, die die Kinder einwerfen können, gemeinsam besprochen. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Was heißt das für den Alltag der Kinder? Zum Beispiel, dass sie von ihren Eltern nicht geschlagen werden dürfen, auch der Klaps auf den Po ist nicht akzeptabel. „Wir wollen die Kinder stärken und ihnen deutlich machen, dass sie einen Anspruch auf gewaltfreie Erziehung haben“, sagt Petra Püttmann, Leiterin der Adolf-Feld-Schule. Sie und ihr Team haben sich mit einer Fortbildung und mit der Projektwoche auf den Weg gemacht, mit den 280 Schülerinnen und Schülern aus 29 Nationen das Handwerkszeug für eine demokratische Gesellschaft einzuüben. Nicht, weil das bisher an der Schule überhaupt kein Thema gewesen wäre, aber so intensiv und mit neuen Institutionen eben noch nicht.

Regelwächter für den Klassenrat

Zu dem Neuen gehören die Klassenräte, die alle Lehrerinnen und Lehrer in dieser Woche eingeführt haben. Wie organisiert eine Gemeinschaft Mitsprache, Beteiligung und Konfliktlösung? Die Klassenräte sind ein Instrument dafür. Immer freitags tagt der Rat nun in jeder Klasse und bespricht, was den Kindern auf den Nägeln brennt. Dafür gibt es in allen Klassen einen Briefkasten, in den die Kinder Zettel werfen können: „Ich wünsche mir…“, „Das stört mich...“, während der Sitzung werden die Nachrichten aus der Klassengemeinschaft besprochen. Aber nicht wild durcheinander, denn Demokratie braucht Regeln, an die sich alle halten. Lori und Medin, beide sieben Jahre alt, zeigen stolz die Statuten ihres Klassenrats: Es gibt den Regelwächter, den Zeitwächter, der darauf achtet, dass nicht zu lange bei einem Thema verweilt wird, den Moderator und den Protokollschreiber.

Demokratie braucht Regeln. Die für den Klassenrat zeigen Lori (li.) und Medin.
Demokratie braucht Regeln. Die für den Klassenrat zeigen Lori (li.) und Medin. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Das muss nun im Schulalltag eingeübt werden. Das Team der Adolf-Feld-Schule will damit das so wichtige Einfühlungsvermögen in Andere schulen, ohne das eine Gemeinschaft nicht funktionieren kann. „Die Kinder sollen lernen, ein Auge aufeinander zu haben, darauf zu achten, was in ihrem Umkreis passiert“, sagt Petra Püttmann. Die Erfahrung zeige: Dies einzelnen „Pausenengeln“ oder Streitschlichtern zu überlassen, ist zu wenig. „Von der größeren Partizipation versprechen wir uns auch, dass die Schüler sich verantwortlich fühlen.“ Für Müll, der herumliegt. Für den vergessenen Turnbeutel, auch wenn es nicht der eigene ist. Eben nicht nur auf die eigene Nasenspitze und das eigene Bedürfnis gucken.

Doppelspitze aus jeder Klasse

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Die Beteiligung sichern soll künftig auch ein Schülerparlament, das alle sechs Wochen tagen soll. Jede Klasse in allen vier Jahrgängen hat Vertreter dafür gewählt – ganz wie in der großen Politik jetzt Mode paritätisch, also eine Doppelspitze mit einem Jungen und einem Mädchen bestimmt. Wahlplakate haben die Schüler dafür gemalt und Wahlreden gehalten. Und das ist dann doch alles viel spannender als in einer Monarchie.

Besuch im Rathaus

In dieser Woche haben die Mitglieder des neuen Schülerparlaments der Adolf-Feld-Schule auch einen Ausflug in die Politik der Großen gemacht. Die Grundschüler haben sich im Ratssaal der Oberhausener Rathauses mit Oberbürgermeister Daniel Schranz getroffen. Eine Überlegung ist, dass die Grundschüler auch mal eine Sitzung des Jugendparlaments besuchen.

Außerdem haben die Kinder einen jahresübergreifenden Kalender gestaltet, auf dessen zwölf Seiten Kinderrechte dargestellt sind. Der ist als Mitbringsel für die Eltern gedacht.