Oberhausen. Die langjährige Geschäftsführerin der Arbeiterwohlfahrt ist noch immer der Mittelpunkt einer großen und bekannten Oberhausener Familie.
Was für ein Leben! 90 Jahre alt ist Heide Kamps am Montag, 9. März. Zurückgezogen aus dem Leben hat sich die langjährige Geschäftsführerin der Oberhausener Arbeiterwohlfahrt und SPD-Kommunalpolitikerin längst nicht, auch wenn sie in ihrer typischen Art (Weggefährte Friedhelm van den Mond nennt es „Heides friesischer Charme“) sagt: „Wie, ich mach’ doch nichts mehr.“ Doch, sie macht sich immer noch Gedanken, sie ist immer noch Mittelpunkt einer großen und bekannten Familie.
Eine Biographie hätte jede Menge von Ansatzpunkten, um Heide Kamps gebührend ins Licht zu rücken, hier bleibt nur der Zeitraffer für ein 90-jähriges Leben: Geburt als Heide Ehlbeck in Hannover – ihr Vorname war eine Verbeugung des Vaters vor dem „Heide“-Dichter Hermann Löns. 1933 übersiedelte die Familie nach Langeoog, wo der zuvor arbeitslose Vater als Bauingenieur wieder Arbeit findet. Heide besucht die Volks- und Mittelschule (privat und mit Schulgeld versehen) bis zum Kriegsende. Von 1946 bis 1948 arbeitet sie als „junge Deern“ auf einem großen Hof mit angeschlossener Gastronomie im Landkreis Wittmund – zuständig für die Betreuung der beiden Kinder der Besitzer. Von 1949 bis 1952 kann sie mit Hilfe der Arbeiterwohlfahrt nahe Kassel die „Mittlere Reife“ nachholen. Es folgt ihre Ausbildung zur „Kindergärtnerin und Hortnerin“.
„Herr Kamps war mit Leib und Seele Oberhausener“
Mit 22 Jahren ist sie also „fertig“ ausgebildet und wird von der Awo in die Nähe von Wilhelmshaven geschickt, um sich in einem Internat „um die großen Jungs“ zu kümmern: „Ich war ja immer groß für ein Mädchen.“ Und ihr wird als Praktikant der ein Jahr ältere Johannes Kamps zugewiesen, der zwei Jahre später mit ihr den Bund der Ehe eingeht. Kamps – Rufname übrigens Jochen – kommt aus Oberhausen, war Maurer bei Babcock, und: „Er war mit Leib und Seele Oberhausener und sprach immer davon, nach Oberhausen ziehen zu wollen. Da wäre es überall schön, da könnte man überall wohnen, nur in Lirich nicht.“ Da schmunzelt sie.
Der gelernte Maurer hat als Erwachsener seine „Bestimmung“ gefunden: sich um andere zu kümmern. Bei der Stadt Oberhausen arbeitete er zunächst als „Fürsorger“, dann bildet er sich fort zum Sozialarbeiter. Der Weg führt ihn nach Mannheim, wo 1954 geheiratet wird, bevor es wieder nach Oberhausen geht. Gegen Ende der 1950er kommt ein gutes Angebot aus dem Ostwestfälischen, und die mittlerweile fünfköpfige Familie zieht nach Herford. „Herr Kamps“ (wie Heide ihren Mann immer nennt) wird Stadtjugendpfleger. Der als links geltende Sozialdemokrat erfährt in Herford Gegenwind, als die Mehrheiten dort wechseln. 1963 ist Familie Kamps wieder in Oberhausen, in Alstaden, erst am Lickenberg, dann in der neu angelegten Straße „Grüne Aue“.
Wie die Nachbarn geholfen haben, hat zusammengeschweißt“
Heide Kamps erinnert sich: „Herr Kamps war bei der Stadt, ich war Hausfrau mit vier Jungs. Da gab es dieses Angebot, ein Grundstück zur Erbpacht zu bekommen. Und Herr Kamps hat gesagt, dass er mauern kann und die Jungs helfen können.“ Den Bezug des Hauses hat er nicht mehr erlebt, denn 1973 erliegt er einem Krebsleiden.
„Die Awo weiß noch, wo der Schuh drückt“
Als Geschäftsführerin der Arbeiterwohlfahrt war Heide Kamps auch immer wieder mit der City West befasst und lernte dort viel über das Neben- und Miteinander von Generationen: „Die ‘Neue Heimat’ hatte bewusst Alte neben Junge gesetzt, weil sie dachte, die Alten würden auf Kinder aufpassen und dergleichen. Es war so blauäugig.“
Zu Fuß und mit dem Fahrrad („Im Laufe der Zeit sind mir zwei Räder geklaut worden“) war sie ständig unterwegs: „Das hatte den Vorteil, dass ich viel auf der Straße war und direkt angesprochen wurde.“ So wird man zur „Kümmerin“.
Wenn die Trägerin des Ehrenrings aufs Heute angesprochen wird, steht der Satz seit Jahren: „Die Awo ist, was die Sozis mal waren: Sie weiß noch, wo der Schuh drückt.“ Ansonsten sind ihr Stolz ihre sieben Enkel- und drei Urenkelkinder, und: „Es geht nichts über die Familie.“
In jenen Wochen erlebt die 43-jährige Heide Kamps, die 1958 in die SPD eingetreten ist, wovon bei den Genossen immer viel die Rede war und ist: Solidarität. „Wie die Nachbarn geholfen haben, hat zusammengeschweißt. Und auch aus der Partei kam Hilfe.“ Heide Kamps ist eine sachliche Frau, aber hier ist sie bewegt. Zwei Jahre später beginnt ihre politische Karriere, und im Blick zurück gibt’s da manche Kuriosität: „Als Frau hatten wir es nicht leicht in der Fraktion. Es gab ja nur Elfriede Pusch und mich. Elly Kuchenbecker war gerade ausgeschieden.“
Sie konnte mit divenhaften Intendanten und mit Stadtkünstlern
Luise Albertz war als „Frau Oberbürgermeister“ irgendwie geschlechtsneutral. Sozial- oder gar Frauenpolitik wird nicht das Feld der Heide Kamps, die mittlerweile wieder bei der Awo ist. Der mächtige Fraktionsvorsitzende Willy Meinicke weist ihr die Kulturpolitik als Feld zu. Wo sie sich immer heimischer fühlt, weil sie mit Leuten umgehen kann, mit bisweilen divenhaften Intendanten ebenso wie mit Stadtkünstlern oder immer auf der Suche nach öffentlichem Geld befindlichen Kulturinitiativen. „Es war großartig“, fasst sie zusammen. Sie ist großartig, Glückwunsch!