Oberhausen. Für „Die Abrechnung“ inszeniert Gerburg Jahnke sich selbst als Chefin einer Dreifaltigkeit. Die Premiere im Ebertbad ist längst ausverkauft.
Etwas himmlisches „Hosianna“ gefällig? Darauf, sich einen wallenden Rauschebart anzukleben, verzichtet Gerburg Jahnke hoffentlich – man könnte sie sonst irrtümlich für einen dieser Hipster aus Kreuzberg oder Rüttenscheid halten. Dabei spielt Frau Jahnke doch nur „Frau Gott“, um alles Irdische mal von höherer Warte aus zu betrachten. Am Donnerstag, 5. März, um 20 Uhr steigt im Ebertbad die Premiere von „Die Abrechnung“.
Klingt bei dieser Besetzung nach Strafgericht und Sintflut in der Badeanstalt. Doch das schlimmste Verhängnis für sündige – oder vielmehr saumselige – Fans von Frau Jahnke dürfte sein: Wer jetzt noch Einlass an der Himmelspforte begehrt, wird unweigerlich abgewiesen: Ausverkauft! Darauf darf das Ebertbad schließlich setzen: dass die Inszenierungen der seit wenigen Wochen 65-Jährigen zuverlässig das Haus füllen. Dafür dann doch ein kleines „Halleluja“.
„Frau Gott“ – ist das gleich „Göttin“? Davon gab’s ja, zumindest in antiken Zeiten, eine schier überbordende Auswahl. Lässt man allerdings den Blick über den Ebertplatz schweifen, könnte man meinen, das andere Theater sei schneller gewesen mit diesem göttlichen Gedankenblitz: Denn dort schmückt seit Beginn der Spielzeit eine mehrfach lebensgroße Ayana Goldstein vor einer fein gefältelten Glitzermuschel im Kostüm der Aphrodite die Fassade: Etwas streng blickend kündet die Göttin der Liebe von den Liebesschwüren des Ensembles.
Nichts als ein Feigenblatt für den ewigen Adam
Nachbarn lieben sich eher nicht – und so pflegt auch das Ebertbad zum Theater eher ein Nicht-Verhältnis: Man blickt verdutzt bis irritiert auf den Aufwand, mit dem dort Flugzeuge in den Saal gewuchtet oder das Premierenpublikum über den Ebertplatz gescheucht wird (beides für Shakespeares „Sommernachtstraum“ und im kommenden Frühsommer wieder zu erleben).
Frau Jahnkes „Abrechnung“ erscheint dagegen spartanisch in der Ausstattung, nimmt man die perfekte Inszenierung des Ankündigungsbildes als Maßstab: Frau Gott erscheint in einem makellos weißen Hosenanzug und so barfüßig wie vor 52 Jahren Paul McCartney auf der Abbey Road (entsprechende Bilder zeigt noch bis zum 3. Mai die Ludwiggalerie). Beim Kostüm für Nito Torres zeigte sich selbst das mit Chichi und Glamour so sparsame Ebertbad von gottväterlichem Geiz: Nichts als ein Feigenblatt für den ewigen Adam.
Diese Dreifaltigkeit in Weiß und Blattgrün komplettiert Peter Engelhardt, der – ebenfalls barfüßig – zu Hemd und Hose natürlich Gitarre trägt. Gitarristen wurden als „Gott“ bisher erst einmal in den Himmel gehoben – und das auch noch reichlich voreilig für einen damals gerade mal 20-Jährigen. Von dem berühmten Graffito „Clapton is God“ gibt es ein fast ebenso berühmtes Foto mit einem Straßenköter, der unter dem Schriftzug sein Bein hebt.
Aktiv am Regiepult, aber nicht selbst auf der Bühne
Peter Engelhardt ist schon dank seiner untadeligen Vielseitigkeit an den sechs Saiten vor solchen Schmähungen gefeit. Sein stets makelloser Ton veredelt nicht nur die Eigenproduktionen des Ebertbades – sondern immer wieder auch die gelegentlichen Rock-Abende im Theater: Zumindest einer, der sich in beiden Häusern umstandslos wohl fühlt.
Anders als ihre beiden Gespielen – die Gerburg Jahnke auf ihrer Homepage freudvoll so ankündigt: „Endlich mal wieder Testosteron on Stage“ – zeigte sich „Frau Gott“ in den letzten Jahren zwar höchst aktiv am Regiepult, aber nicht selbst auf der Bühne der Badeanstalt. Kleiner Blick zurück: Vor anderthalb Jahren inszenierte Frau Jahnke „Herzscheiße“ (der Titel ist natürlich eine Verneigung vor Funny van Dannen) als formidablen Liederabend von Rock bis Schlagerschmus. Dabei als vollformatige Rampensau mit unerschütterlicher Stimmgewalt: natürlich Nito Torres. Dabei als stoischer Saitenzauberer, der sogar das Luftgitarrenspiel des Kollegen erträgt: natürlich Peter Engelhardt.
Hier „ausverkauft“, dort „verfügbar“
Verwirrend ist eine Unstimmigkeit zwischen dem gedruckten Programmheft des Ebertbades „Leinen los . . .“ und dem Online-Auftritt ebertbad.de: Während das Heft bereits für alle Aufführungen von „Die Abrechnung“ in diesem Monat „ausverkauft“ meldet, heißt es online noch für etliche Termine nach der Premiere „Tickets verfügbar“. Da fragt man am besten für seinen Wunschtermin in der Badeanstalt nach: 0208 - 8106 570.
Auch dem von Gerburg Jahnke produzierten Liederabend „Herzscheiße“ gehören bis zum Wonnemonat wieder drei Programmblöcke: vom 24. bis 26. März, vom 14. bis 16. April und vom 21. bis 24. Mai. Und am 26. Mai bittet Frau Jahnke wieder vier Kabarett-Kolleginnen ins „Damenbad“.
Karten kosten für „Die Abrechnung“ ab 25,10 Euro, für „Herzscheiße“ und „Damenbad“ ab 22,90 Euro.
„So ist nun mal die göttliche Definition“
Den Höhenflug vom unerschöpflichen Liebeskummerlieder-Repertoire zum Olymp der Unsterblichen sollte man nur nicht als Gerburgschen Größenwahn missverstehen: Denn Frau Gott zu sein, erklärte Frau Jahnke im Interview, sei eben „nicht angenehm: Weil sie nicht eingreifen kann. So ist nun mal die göttliche Definition.“ Und eigentlich braucht die erklärte Feministin nicht einmal den himmelhohen Überblick, um zu erkennen, dass „der Mann der Fehler im System“ ist. Also Männer: Erwartet gottesfürchtig eine himmlische Suada.