Oberhausen. Demonstranten zeigen nach Hanau bei zwei Kundgebungen in Oberhausen, eine bei trockenem Wetter, eine bei Regen, ihren Protest gegen Rassismus.
Der rassistisch motivierte Terroranschlag vor einer Woche im hessischen Hanau mit elf Toten bewegt weiterhin die Gemüter. Zwei unterschiedliche Demonstrationen setzten am Donnerstag ein beeindruckendes Signal gegen Rassismus und Ausgrenzung.
Die einen versammelten sich mit über 1000 Jugendlichen am Morgen bei trockenem Wetter auf dem Schulhof, die anderen zogen mit 100 engagierten Erwachsenen bei kaltem Regen vom Hauptbahnhof durch die Oberhausener Innenstadt.
Zunächst hatte am Donnerstagmorgen gegen 9.05 Uhr die Schülervertretung der Gesamtschule Osterfeld (GSO) einen Großteil der 1500 Schüler und Schülerinnen sowie das Lehrerkollegium auf dem Schulhof zusammengetrommelt – nach der Lautsprecher-Durchsage des 17-jährigen Schülersprechers Mohamed Loukili: „Wir wollen jetzt gemeinsam gegen Rassismus aufstehen.“
Ein Zeichen für die Menschlichkeit nach Hanau-Terrorakt
„Der Angriff auf die Freiheit in Hanau soll Anlass sein, um ein größeres Zeichen für die Menschlichkeit zu setzen“, schreibt Schülervertretungs-Lehrerin Natalie Zak von der Gesamtschule Osterfeld. „Es entstand die Idee, mit allen Schülerinnen und Schülern buchstäblich Farbe zu bekennen – gegen Rassismus.“
Linke: Staat muss mehr gegen Rechts machen
Der Oberhausener Ratsfraktionschef der Linken Liste, Yusuf Karacelik, hat auf der Kundgebung am Donnerstagabend den staatlichen Behörden in Deutschland vorgeworfen, zu wenig gegen Rechtsextremismus zu unternehmen. „Wie ist es möglich, dass 500 Neonazis, nach denen gefahndet wird, nicht dingfest gemacht werden?“
Tatsächlich hatte die Bundesregierung auf Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion im Sommer 2019 zugeben müssen, dass in Deutschland 497 Rechtsextreme auf freiem Fuß sind, obwohl diese polizeilich gesucht werden. 657 Haftbefehle konnten nicht vollstreckt werden (Stand: Frühjahr 2019).
Die Schüler nahmen bunte Zettel auf dem Schulhof in die Hand und hielten diese in die Luft. „Unser Appell gilt allen, die die Menschlichkeit bereits feiern und leben, aber vor allem auch denjenigen, die es noch nicht verstanden haben. Alle Menschen sind gleich!“, appellierte der Schülersprecher. Der 14-jährige Schüler Lucas Hahne findet danach: „Das war eine tolle Aktion – alle haben mitgemacht!“ Die Gesamtschule Osterfeld bezeichnet sich selbst als „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“.
Demonstration am Abend durch die Innenstadt
Am Donnerstagabend demonstrierten dann Oberhausener Bürger bei Regen am Hauptbahnhof, bevor sie durch die Innenstadt marschierten. Die Oberhausener Linke Liste hatte bereits vor einer Woche, einen Tag nach dem Anschlag in Hanau, zur Demonstration zusammen mit mehreren Aktionsgruppen aufgerufen – unter der Überschrift „Gemeinsam gegen rechten Terror“.
Rund hundert Menschen trotzten dem Regen und der Kälte, darunter Bürger von „Willkommen in Oberhausen“ (WiO), der Seebrücke Oberhausen, „Omas gegen Rechts“, den Linken, dem Bund der Antifaschisten und „Fridays for Future“. Sie gedachten der Opfer mit Zuwanderungsgeschichte in zwei Shisha-Bars von Hanau mit schwarzen Schildern, die jeden einzelnen Namen der getöteten Menschen aufführten, und mit kurdischen Fahnen in den Farben Gelb-Rot-Grün.
Die Redner der Kundgebung gaben der seit Jahren angeheizten Stimmungsmache gegen Ausländer in der Gesamtgesellschaft die Schuld an den Ereignissen in Hanau. „Der Täter hat alleine gehandelt, aber er war kein Einzeltäter, er kam nicht aus dem Nichts. Die Hemmschwelle, sich rassistisch zu äußern, ist gesunken. Wir haben die Schnauze voll von Hass“, rief Silvia Rölle, Landessprecherin des Bundes der Antifaschisten VVN-BdA, ins Mikrofon.
Demonstranten werfen AfD Hetze vor
Linken-Fraktionschef Yusuf Karacelik gab der AfD eine große Mitschuld an der Entwicklung. „Es vergeht kein Tag, in dem nicht ein rassistisches Zitat eines AfD-Politikers bekannt wird. Die politische Gefahr geht von der AfD aus.“ Die Proteste müssten weitergehen, damit endlich gegen rechtsextreme Gesinnung gehandelt werde.