Oberhausen. Die fünfte Rocknacht des Holtener Fördervereins in Oberhausen bietet viel Musik für den Eintritt von zehn Euro. Das Publikum feiert ausgelassen.
Haltestelle Ruhrchemie in Oberhausen: Das Crowded House, Holtens Kulturperle, ist ein paar Schritte entfernt. Der Wind peitscht den Besuchern ins Gesicht, als sie den Parkplatz neben der Emscher überqueren.
Schietwetter, Karneval, die Lage außerhalb der Oberhausener City: Trotzdem sind rund 80 konzertaffine Stromgitarrenliebhaber angereist – und bei der mittlerweile fünften Rocknacht am Samstag wird niemand enttäuscht. Grund: Drei erwachsene, junge Bands, die sich zwar in Stil und Klang deutlich unterscheiden, aber allesamt für die Musik leben. Das ist live derart ansteckend, dass das letzte Bier doch nur das vorletzte ist. Oder doch das Vorvorletzte?
Neue Show mit alten Bekannten
Im März gibt’s im Crowded House alte Töne in einer neuen Show: Am Samstag, 14. März, spielen „Four Imaginary Boys“. Das wird wohl eine intensive Zeitreise mit einer „The Cure Tribute Band“ – inklusive aller Hits. Tickets online unter crowdedhouse.de ab 16 Euro plus Versand oder an der Abendkasse für 18 Euro.
Das neue „Fools Errant“-Album kommt im April. Die CD habe zwar noch keinen Namen, „das bleibt eine Überraschung“, sagt Sänger Raphael Peller. Aber so viel verrät er schon: „Das Releasekonzert findet am 25. April im Grammatikoff in Duisburg statt.“
23.20 Uhr: „Fools Errant“ tanzen den letzten Foxtrott. Oder war es ein Walzer? Sänger Raphael Peller kündigt den letzten Song seiner Jungs an. „Ohhhh“, seufzt das Publikum. „Ja, sicher“, strombergt der Sympathikus der Band süffisant zurück. So ernst meint der Frontmann der Duisburger Headliner das allerdings nicht. Er ist ein Showmaster; zwei Zugaben folgen.
Zuvor überzeugen die Alternative-Rocker aus der Nachbarstadt mit ihrem Set auf ganzer Linie. Songs wie „Losing Ground“ und Don’t Say It’s Okay“ lassen selbst die steifste Hüfte wackeln, mehr als einmal turnt Gitarrist Martin Hahn zwischen den Fans auf dem Linoleum der Halle umher – vielleicht weil er die Wartezeit bis zum Auftritt der Band wie ein Rockstar nutzt.
Gitarrist mit Bierverbot
„Martin hat jetzt Bierverbot“, sagt Sänger Raphael Peller streng. Martin frickelt derweil sein Kabel in die Gitarre – was ein Spaß ist, weil sich der Gitarrist im Anschluss keineswegs ein einziges Mal verzettelt. „Fools Errant“ haben nicht umsonst drei Alben rausgehauen, tourten quer durch Europa und bewiesen auch bei Olgas Rock und beim WDR-2-Sommer-Open-Air ihre Ausnahmestellung. „Where were you?“, (deutsch: „Wo warst du?“) fragt sich deshalb mancher Besucher, der die Band bisher kaum kannte. Die Songs der Duisburger erinnern phasenweise an die beste Zeit des 90er Grunge, ohne dabei nur wiederzukäuen, was zu der Zeit weltweit in den Charts zündet.
Bocholter Gitarrenband mit schnellen Riffs in Metallica-Manier
Angesteckt hat den Abend allerdings eine andere Band. „Myrmecia“ aus Bocholt, benannt nach der Bulldogenameise aus Australien, rasen gleich zu Beginn mit ihren schnellen Riffs in Metallica-Manier in die Ohren der Besucher, die nach und nach wärmer werden. Seit 2018 spielen die vier Bocholter brettharte Gitarrenmusik mit Heavy und knallharten Thrash-Metal-Anleihen. „Nomen est omen“, bei Myrmecia ist der Name (das Logo enthält einen Ameisenkopf) eben Programm.
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Solch Schlüssigkeit ist „Fear Of Missing Out“ vermutlich ein Dorn im Auge. Die Bochumer Band, die den Boden für „Fools Errant“ bereitet, heißt seit Samstagabend einfach mal anders: Vermutlich sind handfeste rechtliche Gründe dahinter – Google spricht von zwei Bands unter diesem Namen. Die Zuschauer feiern jedenfalls die Premiere von „Herr Bo“ aus Bochum.
Krach, infernaler: „Hebt die Hände in die Höhe, wir legen noch was drauf“
„Ihr seid zu laut – dreht die Musik wieder leiser,“ raunzt der Leadsänger den Fans entgegen. Anderslautend angekündigt arrangieren die Bochumer ihren Deutschpunk vornehmlich nach Muff Potter und den Ärzten – keine Spur von Toten-Hosen-Anleihen, die sowieso niemand vermisst.
Was so ein Satz wie „Herrengedeck ohne Besteck, zack und weg“ auszulösen vermag: Die fünfte Rocknacht lässt die Fans nach mehr dürsten. „Zehn Euro – da kannst du nicht meckern“, sagen die Straßenköter hinterher. Gleich gefolgt von: „So, wo gibt’s jetzt das nächste Bier?“ Hoffentlich bald mal wieder hier.