Oberhausen. „Man fragt sich, wie so etwas mitten in Deutschland passieren kann?“, sagt Ratsmitglied Bülent Sahin mit Blick auf die Ereignisse in Hanau.
Die Gewalttat von Hanau hat die Oberhausener geschockt. Zu den Opfern zählen vor allem Menschen mit Migrationshintergrund, der Täter griff auch gezielt Shisha-Bars an. Ein Bekennerschreiben soll darauf hindeuten, dass er psychische Probleme hatte, Verschwörungstheorien anhing und ein Rassist war.
„Man ist fassungslos“, sagt das Oberhausener SPD-Ratsmitglied Bülent Sahin auf Anfrage unserer Zeitung. „Man fragt sich, wie so etwas mitten in Deutschland passieren kann.“ Der Oberhausener geht davon aus, dass dieses Ereignis wohl lange Zeit atmosphärisch nachwirken wird.
Bülent Sahin ist nicht nur in der Lokalpolitik als direkt gewähltes Ratsmitglied für den Stadtteil Lirich präsent, sondern auch im Alevitischen Kulturverein, der stets auf Offenheit, Toleranz und soziales Miteinander setzt. „Ich frage mich schon, ob man diese Offenheit etwa für Besucher von außerhalb immer so beibehalten kann, etwa zur Fastenzeit, wenn über zwölf Tage jeder kommen und abends mitessen kann.“
Schranz: Gedanken bei Opfern und deren Familien
Auf Anfrage unserer Zeitung äußerte sich auch Oberbürgermeister Daniel Schranz: „Zu allererst gelten unsere Gedanken natürlich den Opfern von Hanau und ihren Angehörigen, die unvorstellbares Leid zu erdulden haben.“ Vieles weise auf rechtsradikale und rassistische Motive hin, „hier müssen die Hintergründe noch vollends geklärt werden“, so die Stadtspitze. Schon jetzt sei aber klar, „dass wir auch darüber sprechen müssen, wie wir die Menschen in Zukunft besser vor solchen Amokläufen schützen können, ohne die Vorzüge einzuschränken, die das Leben in unserer freien Gesellschaft mit sich bringt“.
Gegen die Polarisierung
Seit vielen Jahren schon setzt die Aktion „Nachbarschaft der Religionen“ im Stadtnorden von Oberhausen kontinuierlich ein Zeichen für mehr Miteinander. Man pilgert zum Beispiel gemeinsam, man teilt zusammen das Frühstücksbrot und hört religiöse Impulse. Christen und Muslime organisieren das gemeinsam. Helmut Manthey zählt zu den federführenden Organisatoren dieser Treffen. Auch Manthey verfolgte am Donnerstag die Nachrichten aus Hanau. Gegen eine weitere gesellschaftliche Polarisierung, gegen jede Gewalt – das sind grundlegende Ziele der „Nachbarschaft der Religionen“. Der Oberhausener ist sich sicher: „Unser gutes Miteinander und das über lange Zeit gewachsene, gegenseitige Vertrauen werden Bestand haben.“
Demonstration am 27. Februar
Eine weitere Reaktion zu Hanau aus der Politik gab es am späteren Nachmittag: Die Partei Die Linke kündigte eine Demonstration „Gemeinsam gegen rechten Terror“ für Donnerstag, 27. Februar, um 17 Uhr am Hauptbahnhof Oberhausen an. Man sei „fassungslos und wütend“ und trauere um die Opfer. Die Gewalttat von Hanau sei der traurige Höhepunkt einer jahrelangen Entwicklung, denn seit 2015 seien mehr als 20 Menschen in Deutschland durch rechten Terror ums Leben gekommen. Jens Carstensen, Sprecher der Partei Die Linke, kritisierte mit Blick auf die Ereignisse in Hanau: „Dass der rechte Terrorangriff auf eine Shisha-Bar erfolgte, ist das Ergebnis jahrelanger Stigmatisierung, insbesondere durch die ,Großrazzien’ der letzten zwölf Monate.“
Polizei wird für Soziale Netzwerke geschult
Auch an ganz anderer Stelle in Oberhausen blickte man am Donnerstag aufmerksam nach Hanau. Zehntausende von Tweets gab es in kurzer Zeit auf Twitter zum Hashtag #Hanau, darunter Gerüchte, Spekulationen und private Videos. So eine Situation stellt die lokalen Sicherheitsbehörden vor riesige Herausforderungen. Die Polizeipressestelle in Oberhausen wappnet sich für eine solche, hoffentlich niemals eintretende, aber mögliche Ausnahmesituation.
Die Mitarbeiter nehmen in regelmäßigen Abständen an entsprechenden Fortbildungen zum Thema Soziale Netzwerke teil, die vom Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei (LAFP) angeboten werden. In einer mit Hanau vergleichbaren Ausnahmesituation würde allerdings die übergeordnete Behörde die Öffentlichkeitsarbeit übernehmen. Im Fall von Oberhausen: das Polizeipräsidium in Essen.