Oberhausen. Er lauert seiner Beute auf, betäubt sie und saugt sie langsam aus. Der Wasserskorpion ist im Rotbach im Hiesfelder Wald in Oberhausen heimisch.

Mit seinen Klappmesser-Vorderbeinen lauert der Jäger seiner Beute auf. Verborgen zwischen Wasserpflanzen harrt er aus. Dank seines schlammgrauen Panzers ist er gut getarnt. Hat er Wasserflöhe, Larven oder Kaulquappen erst einmal gepackt, gibt es kein Entkommen. Mit seinem kurzen, aber kräftigen Rüssel betäubt er zunächst seine Opfer – um sie anschließend langsam auszusaugen. So geschieht es tagtäglich im Oberhausener Rotbach im beschaulichen Hiesfelder Wald. Der Wasserskorpion, von dem hier die Rede ist, fühlt sich dank der Renaturierung immer wohler in dem heimischen Gewässer.

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Mit einer Größe von gerade einmal 17 bis 25 Millimetern hat der Körper des Wasserskorpions Erstaunliches aus der Trickkiste der Natur gegriffen. Am Hinterleib hat das Insekt aus der Gattung der Wasserwanzen ein auffälliges Atemrohr. Es ist halb so lang wie der restliche Körper und sieht aus wie ein Stachel. Doch damit sticht das Tier nicht zu. Es nutzt das Atemrohr wie einen Schnorchel und versorgt sich dadurch mit Sauerstoff von der Wasseroberfläche während sein flacher Körper im Schlamm eingegraben ist.

Wasserskorpion nutzt eine Schwimmweste

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„Der Wasserskorpion kann einige Jahre alt werden und hat zum Überwintern eine perfekte Strategie entwickelt“, erklärt Sylvia Mählmann, biologisch-technische Assistentin beim Lippeverband. Sobald es deutlich kälter wird, sucht das Tier Schutz zwischen Wasserpflanzen, unter Steinen oder am Schlammgrund. Den benötigten Luftvorrat speichert er solange unter seinen abgespreizten Flügeldecken. Da das kalte Wasser mehr Sauerstoff enthält und der Stoffwechsel des Wasserskorpions bei kalten Temperaturen herunterfährt, überlebt er auch unter einer Eisdecke. Im Sommer nutzt er seinen Luftvorrat wie eine Schwimmweste zum Schwimmen an der Wasseroberfläche.

Forschten am Rotbach in Oberhausen (v.li.): Dr. Thomas Korte, Simone Pigage-Göhler und Sylvia Mählmann vom Lippeverband. 
Forschten am Rotbach in Oberhausen (v.li.): Dr. Thomas Korte, Simone Pigage-Göhler und Sylvia Mählmann vom Lippeverband.  © Emschergenossenschaft/Lippeverband | Klaus Baumers

Der Rotbach wurde vor Jahren renaturiert, erste Pläne gab es bereits in den 1990er Jahren. Mitarbeiter des Lippeverbandes entnehmen seitdem regelmäßig Wasserproben, um die Qualität zu prüfen. Ein Indikator für eine gute Wasserqualität: eine gedeihende Flora und Fauna. Und die finden die Biologen vor. Am Boden und an den Ufern des Rotbachs leben hauptsächlich Wasserinsekten, Krebstiere, Schnecken und Muscheln.

Im Frühjahr auf Partnersuche

Besonders wohl fühlt sich der Wasserskorpion in langsam fließenden oder stehenden Gewässern mit dichtem Pflanzenbewuchs und schlammigem Boden. Im Rotbach findet er diese Bedingungen. Der gesamte Lebenszyklus vollzieht sich im Wasser – von der Larve bis zum ausgewachsenen Insekt. „Sind die Gewässer mit Sohlschalen verbaut und begradigt, hat der Wasserskorpion keine Chance“, erklärt Fachfrau Mählmann.

431 Kilometer Wasserläufe

Die Mitarbeiter des Lippeverbandes untersuchen regelmäßig insgesamt 431 Kilometer Wasserläufe im Verbandsgebiet. Der Rotbach fließt nicht nur durch den Oberhausener Norden, sondern auch durch Dinslaken, Bottrop und Voerde.

157 Kommunen und Unternehmen gehören dem Lippeverband als Mitglieder an und finanzieren anteilig dessen Arbeit. Auch die Stadt Oberhausen ist dabei.

Apropos Lebenszyklus: Wie verläuft denn das Leben eines Wasserskorpions? Auf Partnersuche begeben sie sich im Frühjahr. Die Weibchen legen bis zu 30 Eier und je nach Wassertemperatur schlüpft der Nachwuchs zwischen Mai und Juni. Auch die Junglarven tragen bereits den markanten Schnorchel am Hinterleib. Über den Sommer hinweg entwickeln sich die erwachsenen Tiere. Dabei häuten sie sich bis zu fünf Mal.

Den Namen Wasserskorpion trägt das Insekt übrigens nur aufgrund der Ähnlichkeit zu den Land-Skorpionen. Der kleine Rotbach-Bewohner ist dagegen weder giftig noch aggressiv, für den Menschen bestehe keinerlei Gefahr, betont Sylvia Mählmann. Aber: Bei unmittelbarer Bedrohung kann er schmerzhaft zustechen.