Oberhausen. Wer in alten Zeitungen blättert, der entdeckt Stadtgeschichte: Weihnachten 1939 und Weihnachten 1949 – dazwischen liegen nicht bloß zehn Jahre.
Unterschiedlicher konnten die politischen Ausgangslagen zu den Weihnachtsfesten der Jahre 1939 und 1949 kaum sein: Das Deutsche Reich ist seit dem 1. September im Krieg, das nationalsozialistische Regime strebt seinen verbrecherischen Höhepunkten entgegen – 1939. Zehn Jahre später: Der westliche Rest des einstigen Reiches ist seit dem 24. Mai die „Bundesrepublik Deutschland“, Mitteldeutschland ist seit dem 7. Oktober die „Deutsche Demokratische Republik“ – 1949.
Wie war das da in unserer Stadt, in Oberhausen? Wir blicken zurück auf die Zeit zur Weihnacht vor acht und sieben Jahrzehnten und haben in Zeitungsbänden geblättert.
Krieg der Worte folgte Krieg der Bomben
Zur Einstimmung auf die Festtage hatte Reichspropagandaminister Joseph Goebbels einen Leitartikel verfasst. „Der Sieg wird unser sein“ lautete die Überschrift und die Unterzeile „Die Plutokraten gegen unsere soziale Gemeinschaft“. Dem Krieg der Worte folgte bald der Krieg der Bomben.
Abseits davon lokaler Alltag, den nicht mal „Der Neue Tag“ leugnete, ein NSDAP-nahes Blatt, das einige Titel gebündelt hatte (unter anderem die heimische „Ruhrwacht).“ Noch durfte über Alltagskriminalität berichtet werden, geklaute Hühner in Sterkrade etwa und über ein Schwein, dem man gleich nach der Schlachtung auf einem Alstadener Hinterhof die Innereien genommen hatte.
Erste Saalschlacht der SA
Während sich an anderer Stelle Nazi-Oberbürgermeister Gelberg lobend über ein neues Heimatbuch äußerte, in dem ein Autor entzückt an die Anfänge der SA in Oberhausen und „die erste Saalschlacht“ erinnerte (die SA war die paramilitärische Kampforganisation der NSDAP), rutschte sogar noch ein kirchlicher Hinweis ins Blatt: Josef Ponten feierte am 1. Weihnachtstag seine Primiz in der Herz Jesu-Kirche am Altmarkt.
Drei andere Zeitungen widmeten sich – ganz im Sinne der Kriegspropaganda – einem Oberstleutnant Karl Schumacher, der als Geschwaderführer einer Staffel in Norddeutschland 34 von 44 britischen Jagdflugzeugen über der Deutschen Bucht abgeschossen hatte. Schumacher war zwar kein Oberhausener, aber Absolvent des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums. So sollte Ordensglanz auf die Stadt zwischen Ruhr und Rotbach abstrahlen.
Tausende Wollsocken für West- und Ostfront
Das Weihnachtsgeschäft war ausgezeichnet gelaufen. Schon am „Kupfernen“ Sonntag (so bezeichnete man den 1. Advent) hatte es sich angedeutet, um in der Folgewoche zu kulminieren. Ursache allerdings: Wegen der „bekannten Schwierigkeiten“ (General-Anzeiger) war die Beförderung nur eingeschränkt, Pakete – auch die zur Front – mussten bis zum 15. Dezember aufgegeben sein. Vom Hauptbahnhof aus gingen im Dezember 1939 tausende Wollsocken, die fleißige Frauen gestrickt und Hitlerjungen in zahlreichen Aktionen eingesammelt hatten, an West- und Ostfront.
Übrigens: Erwähnung fanden die „Julfeiern“, zu denen sich etwa die „Gefolgschaften“ der „Sicherheitsorgane“ (Kripo, Gestapo, SD Sicherheitsdienst) im „Heideblümchen“ getroffen hatten. „Betreut“ wurden sie von „Kräften des Theaters“, das zu Weihnachten mit dem „Freischütz“ wiedereröffnete. Dieses Ereignis – die Wiedereröffnung – wurde mit Sonderbeilagen gewürdigt.
1949 werden Kirchen wieder erwähnt
Kamen 1939 Kirchen in der Berichterstattung zur Weihnacht in Oberhausen praktisch nicht vor, war das 1949 ganz anders. Die WAZ wies darauf hin, dass von 39 Kirchen im Stadtgebiet (23 katholisch, 16 evangelisch) acht „total zerstört bzw. ausgebrannt“ waren: Paulus-, Christus- und Lutherkirche sowie die Ev, Kirche Holten und St. Johannes, St. Clemens, St. Antonius Alstaden und Herz Jesu Oberhausen.
Abgedruckt wurden wieder die Gottesdiensthinweise zur Weihnacht, auffällig: Mit neun Messen am 1. Weihnachtstag feierten die Geistlichen von St. Antonius Alstaden die meisten Gottesdienste – unter notdürftig hergerichtetem Dach.
Hinweis auf entlassene Kriegsgefangene
Weihnachtsstimmung fast im Übermaß verbreiteten die Blätter zehn Jahre später, aber auch rührseligste Geschichten aus Leben und Literatur konnten die Ambivalenz der Zeit nicht beseitigen: Fast beiläufig erschienen Hinweise auf die erneute Ankunft entlassener Kriegsgefangener oder von der traurigen Stimmung in Wohnbunkern (von denen es damals noch vier gab). Die Versorgungslage hatte sich zwar gebessert, aber gut war sie längst nicht.
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Hauptproblem war die Wohnungsnot, man bedenke: Die Bevölkerungszahl näherte sich von 96.000 (Mai 1945) schon der 200.000-Marke an, aber die Zahl neuer Häuser wuchs nur langsam. Der Weihnachtsgruß von Oberbürgermeister Otto Aschmann (CDU) und Oberstadtdirektor Georg Kaeseler „an die Körperschaft“ (gemeint waren die Oberhausener!) war zurückhaltend überschrieben. „1949 war für uns nicht ohne Erfolg.“
Immerhin: Der Rundfunk ließ wieder Glocken aus ganz Europa die Weihnacht einläuten.