Oberhausen. Sabrina Schuster leidet an dissoziativen Anfällen. Sie benötigt einen Assistenzhund, doch den kann sich die Oberhausenerin nicht leisten.
Manchmal schlägt das Schicksal zu, unerwartet, unvorstellbar. Bei Sabrina Schuster war das so. Bis vor fünf Jahren führte die heute 31-Jährige ein normales Leben. Die Oberhausenerin hatte den Schulabschluss und ihre Ausbildung zur Bäckerei-Fachverkäuferin in der Tasche. Sie traf sich gerne mit ihren Freundinnen, ging tanzen. Die erste große Liebe kam und mit ihr Tochter Annemarie. Doch plötzlich änderte sich alles.
Ihre Tochter war drei Jahre alt, da kippte Sabrina Schuster von einer Sekunde zur nächsten um. Einfach so. Wenig später kam sie wieder zu sich. Alles schien wie immer. „Passiert schon mal“, dachte sie damals noch und tippte auf den Kreislauf. Doch es sollte nicht bei diesem einen Ohnmachtsanfall bleiben. Jetzt soll der jungen Frau ein Assistenzhund endlich wieder zu einem selbstständigeren Leben verhelfen.
Sie brach hinter der Brötchentheke zusammen
Sabrina Schuster brach hinter der Verkaufstheke zusammen, auf dem Weg zur Mülltonne und auch, als sie hinter dem Herd stand, um für ihre Familie zu kochen. Kein Arzt konnte sich die Anfälle erklären. Bis zu 20 davon hatte sie am Tag. „Erst hieß es, ich hätte Epilepsie, also eine spezielle neurologische Erkrankung“, erzählt sie rückblickend. Also kam sie in ein Epilepsie-Zentrum nach Bielefeld – und tatsächlich stellten die Experten dort endlich die richtige Diagnose: keine Epilepsie, dafür dissoziative psychogene Anfälle.
Die Ursache ist unbekannt. Das Erkrankungsmuster typisch: Aufregung, Reizüberflutung (ein vorbeifahrender Krankenwagen mit Sirene reicht), Überforderung – und schon legt ihr Gehirn den Körper lahm. „Warum das so ist, kann mir zwar niemand erklären“, sagt Sabrina Schuster. Aber sie weiß jetzt: „Andere Menschen schwitzen, wenn sie sich anstrengen, erschrecken oder aufgeregt sind, ich werde ohnmächtig.“ Manchmal ist sie nur Sekunden weg, manchmal mehrere Minuten. Dreimal musste sie ins Spezial-Zentrum, 13 lange Wochen musste ihre Tochter auf sie verzichten.
Sie wird nie wieder einer Arbeit nachgehen können
Sabrina Schuster ist heute alleinerziehend. Sie erhält die volle Erwerbsminderungsrente und wird von einem ambulanten Pflegedienst betreut. Sie wird nie wieder am Lenkrad eines Wagens sitzen, nie wieder einer Arbeit nachgehen können, sie benötigt Hilfe beim Wäschewaschen und Fenster putzen. „Ich bin schon von der Leiter gefallen.“
Der Hund leckte ihr über das Gesicht und weckte sie so auf
Während unseres Gesprächs mit Sabrina Schuster war ihre Tante Andrea Oldenburg (52) stets an ihrer Seite. Denn natürlich war der Anlass für die junge Frau aufregend. Als wir nach dem Gespräch noch ein Foto machen wollten, sackte Sabrina Schuster von jetzt auf gleich zusammen, zum Glück, ohne sich zu verletzen. Dank ihrer Tante kam sie auch schnell wieder zu sich.
Ein ähnliches Erlebnis hatte Hundetrainer Ulrich Zander. Sabrina Schuster hatte sich nach einem Beratungsgespräch über einen Assistenzhund mit ihrer Familie gerade verabschiedet, als sie ohnmächtig wurde. „Schneller als wir alle reagieren konnten, reagierte einer unserer Hunde – er lief zu ihr, leckte ihr über das Gesicht – und schon war sie wieder wach.“
Ihre Erkrankung erfordert von ihrer ganzen Familie, auch von der inzwischen achtjährigen Tochter, höchstes Engagement. Für jeden Gang vor die Tür benötigt Sabrina Schuster eine Begleitung. „Wir haben eine Familiengruppe, per Whatsapp frage ich nach, wer zum Einkaufen mitkommt oder mich im Bus zum Arzt begleitet.“ Damit sie nicht wieder im Krankenhaus aufwacht, wenn sie in Ohnmacht fällt, vollgepumpt mit Epilepsie-Medikamenten. „Die mich dann auch noch drei Tage außer Gefecht setzen, weil ich diese Mittel doch gar nicht benötige.“
Ihr Notfalltelefon hat die 31-Jährige immer bei sich. Sie ruft ihre Mutter an, wenn sie duschen geht oder den Müll rausbringt. Um für ihre Tochter wieder kochen zu können, sparte sie lange auf eine Küchenmaschine. „Die stellt sich von selbst ab, und ich kann damit weder mein Kind noch mich verbrühen.“
Die Angst um die Mutter hat der Tochter sehr zugesetzt
Die achtjährige Annemarie hat immer ein Notfallset für ihre Mama dabei. Eisspray ist darin, damit Sabrina Schuster schneller wieder aufwacht, denn sie reagiert im Falle der Bewusstlosigkeit auf Kältereize. Und ein Handy, damit Annemarie auch bei Oma und Opa oder ihren Tanten anrufen kann. Freundinnen kommen nur noch ungern zu dem Mädchen. „Sie haben Angst, dass sie dabei sind, wenn ich mal wieder umkippe.“ Die Tochter aber mal eben irgendwohin bringen? „Geht auch nicht.“ Hier springt die Familie ein, damit wenigstens das Mädchen einen halbwegs normalen Alltag hat. Denn die Angst um die Mutter hat Annemarie sehr zugesetzt.
Für Sabrina Schuster ist das kaum zu ertragen. „Hier passt die Tochter auf die Mutter auf, legt mir ein Kissen unter den Kopf und deckt mich zu, wenn ich da liege – das darf doch nicht wahr sein!“ Für die Oberhausenerin gibt es nur ein Ziel: „Ich will meine Tochter von dieser Last befreien.“ Die Lösung: Ein speziell ausgebildeter Assistenzhund.
Ein Assistenzhund könnte ihr endlich zu einem freieren Alltag verhelfen
Sie hat bereits Kontakt zum WZ Hundezentrum aufgenommen, das die professionelle Ausbildung für Assistenzhunde übernimmt. Doch die Ausbildung eines solchen Tieres ist teuer, kostet rund 20.000 Euro. „Das kann ich mir niemals leisten.“ Das Hundezentrum hat Sabrina Schuster angeboten, über das Spendenkonto auf seiner Homepage auch Spenden für sie zu sammeln. „Kommt die benötigte Summe für mich nicht zusammen, erhalten alle Spender ihr Geld zurück.“
Doch was könnte ein solcher Hund für Sabrina Schuster tun? „Er gibt ihr ein Stück weit ihre Selbstständigkeit zurück und ermöglicht ihr durch seine bloße Anwesenheit, dass sie endlich auch einmal ohne Begleitung wieder raus kann“, sagt WZ-Hundetrainer Ulrich Zander. Er erklärt: „Der Hund legt sich bei einem Anfall neben sie, er hat eine Kennzeichnung dabei, damit niemand sofort einen Krankenwagen ruft und eine Notfalltasche, in der zum Beispiel das Eisspray und ein Hinweis deponiert ist.“ Werde Sabrina Schuster nachts ohnmächtig, könnte der Hund ihr die Bettdecke wegziehen. „Auch dieser Kältereiz hilft ihr, wieder zu sich zu kommen.“ Außerdem könnte der Vierbeiner die Beschützerrolle übernehmen und dadurch endlich die kleine Tochter und die gesamte Familie im Alltag enorm entlasten.
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„Ein Assistenzhund passt in Bus und Bahn ja auch darauf auf, dass der Frau im Falle eines Anfalls niemand etwas stiehlt“, weiß Zander. Denn das, so erzählt Sabrina Schuster, sei ihr in Oberhausen schon häufiger passiert. „Wenn ich im Bus sitzend zusammensacke, sieht das erst mal so aus, als wenn ich schlafe. Als ich einmal nach einem solchen Anfall wieder zu mir kam, war mein Handy weg, das war für mich das Schlimmste überhaupt.“
Wer Sabrina Schuster unterstützen möchte, findet das genaue Spendenkonto auf der Homepage wzhundezentrum.de. Überwiesen wird auf das Konto des Servicehundzentrum e. V. bei der Ostsee-Sparkasse Rostock. Die Stichworte „Assistenzhund Sabrina Schuster“ nicht vergessen! Auch eine persönliche Kontaktaufnahme zu Ulrich Zander ist möglich über die Nummer 0173/2402112 oder per Mail: info@wzhundezentrum.de