Oberhausen. Aus einem Projekt gegen die Jugendarbeitslosigkeit ist ein mittelständisches Unternehmen geworden. Was aber macht die Kurbel so erfolgreich?

Aus einem Projekt zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ist ein mittelständisches Unternehmen mit 380 Mitarbeitern und jährlich rund 3300 Teilnehmern in 53 Projekten und Maßnahmen geworden: Was aber macht die Kurbel (Katholisches Jugendwerk Oberhausen gGmbH) so erfolgreich, dass sie jetzt bereits ihr 40-jähriges Bestehen feiern konnte?

Kurbel-Geschäftsführer Ulrich Klein lacht zufrieden. Er hat die Einrichtung mit aufgebaut, ist mit ihr durch alle Höhen und Tiefen gegangen und ja, er ist dabei auch auf so manchem Irrweg gelandet.

Dabei gaben die Anfänge die Richtung vor: „1979 war das, als wir feststellten, dass immer mehr Kids bereits vor der Öffnung unseres Jugendzentrums GOT an der Pacellistraße herumlungerten“, erinnert sich Klein. Nein, das seien keine Schulschwänzer gewesen, sondern einfach junge Leute mit schlechtem oder auch ohne Schulabschluss, die nicht wussten, wohin. „Bis Mitte der 1970er Jahre hatte es in Oberhausen noch ganz gut geklappt, dass auch diese Jugendlichen durch Beziehungen eine Lehrstelle oder Arbeit fanden, aber das war eindeutig vorbei.“

Zerrissene Kleidung genäht und Musikboxen aus Holz gewerkelt

So wurde die erste Maßnahme in „offener Form“ aus der Wiege gehoben: „16 Teilnehmer machten mit, die von drei Mitarbeitern betreut wurden“, erzählt Klein. „Die Jugendlichen bestimmten das Programm, sie wollten mit uns vor allem Bewerbungsgespräche üben, ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt ausloten.“ Weil einige Teilnehmer mit zerrissener Kleidung kamen, wurde die Textilwerkstatt gegründet. „Na, und die Jungs wollten damals halt alle unbedingt eine Musikbox aus Holz haben.“ Da ihnen das Geld dafür fehlte, machte die Kurbel eine Holzwerkstatt auf. „Wir bauten die Boxen gemeinsam – was waren die Jungs stolz darauf.“

Farbige Welten gemeinsam gestalten: Werksanleiter Mirco Gladrow und Angelina in der neuen Multiwerkstatt der Kurbel.
Farbige Welten gemeinsam gestalten: Werksanleiter Mirco Gladrow und Angelina in der neuen Multiwerkstatt der Kurbel. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Im September 1980 zog das Projekt in die ersten eigenen Räume an der Teutoburger Straße 134. „Das war eine ehemalige Gaststätte mit einem alten Kinosaal“, sagt Klein. Bei den Umbauarbeiten sei dann das alte Namensschild des Kinos „die kurbel“ entdeckt worden. „Das passte prima, wir wollten doch auch etwas ankurbeln, also übernahmen wir diese Bezeichnung für unsere Projekte.“ Die Kurbel war geboren.

Schnell wurde aus dem einfachen Jobcoaching mehr: „Die Jugendlichen, die zu uns kamen, hatten morgens oft noch nicht gefrühstückt, sie hatten Schwierigkeiten in der Familie – das Gewaltpotenzial war damals noch größer“, erzählt Klein. Dank der Gaststätte gab es eine Küche in der Kurbel und damit für die Jungs und Mädchen ab sofort ein Frühstück.

Berufsorientierung für junge Erwachsene

1982 kamen die Beratung, Berufsorientierung und Berufsvorbereitung für Jugendliche und junge Erwachsene dazu. Zwei Jahre später das Oberhausener Verbundsystem Jugendberufshilfe mit der Ruhrwerkstatt, der Jugendberufshilfe Oberhausen (heute ZAQ), der Starthilfe, der Beratungsstelle Jugend und Beruf (Stadt Oberhausen), der RAA (heute kommunales Integrationszentrum) und der Kurbel.

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„1985 richteten wir die erste Ausbildungswerkstatt für 24 Auszubildende ein, damit wurden in der neu angemieteten zweiten Etage des Hauses Leerstellen zu Lehrstellen“, führt Kurbel-Prokurist Frank Janßen aus. 1988 zog die Kurbel in die Räume des ehemaligen Betriebshofes der Baugesellschaft Theodor Küppers an der Hasenstraße 15. Dort ist sie geblieben, führte alle Maßnahmen und Projekte endlich unter einem Dach zusammen.

Gebrauchtwarenkaufhaus und Integrationszentrum

Eine gute finanzielle Basis begründete für die Kurbel der Kauf des Betriebshofes und der Gebäude an der Hasenstraße. Der Kauf wurde aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds sowie mit beträchtlicher Unterstützung der Bürgerstiftung der Stadtsparkasse Oberhausen gestemmt.

2004 gründete die Kur bel das bis heute erfolgreich arbeitende Gebrauchtwarenkaufhaus Fairkauf an der Marktstraße. Inzwischen konnten dort fast 30 Arbeitsplätze, insbesondere für Langzeitarbeitslose, geschaffen werden.

2006 kam das Zentrum für Integration und Bildung /ZIB mit dem heutigen Sitz an der Styrumer Straße dazu. Hier finden unter anderem Qualifizierungs- und Beratungsangebote für Frauen mit Migrationshintergrund und geflüchtete Menschen statt.

Schwerpunkte bilden heute: „Vor allem niedrigschwellige Angebote für Jugendliche, die sonst keine Chance haben, darin sind wir uns in all den Jahren treu geblieben“, sagt Klein. Zum Beispiel mit dem Projekt „Reset“ in Kooperation mit dem Jobcenter, das sich um Jugendliche kümmert, die aus allen Hilfesystemen rausgefallen sind, um sie wieder in die Gesellschaft einzubinden. „Wir bieten einen Ort, wo sie duschen und Mittagessen können, eine Waschmaschine und ein offenes Ohr“, sagt Klein. Dann wird geschaut, was noch geht.

Verstärkte Zusammenarbeit mit dem Reha-Bereich der Agentur für Arbeit

Den zweiten Schwerpunkt bildet mittlerweile die verstärkte Zusammenarbeit mit dem Reha-Bereich der Agentur für Arbeit. „Zielgruppe sind Menschen mit gesundheitlichen, körperlichen und psychischen Erkrankungen“, erläutert Janßen. „Wir arbeiten hier mit über 340 Firmen in Oberhausen und Mülheim zusammen, um auch diesen Menschen wieder zu einem Arbeitsplatz zu verhelfen“, ergänzt Kurbel-Geschäftsführer Yamfu Tekasala.

40 Jahre voller Erfolgsgeschichten: Die Kurbel in Oberhausen feierte soeben ihr 40-jähriges Bestehen. Stolz darauf sind auch (v.l.) die Geschäftsführer Yamfu Tekasala und Ulrich Klein sowie Prokurist Frank Janßen.
40 Jahre voller Erfolgsgeschichten: Die Kurbel in Oberhausen feierte soeben ihr 40-jähriges Bestehen. Stolz darauf sind auch (v.l.) die Geschäftsführer Yamfu Tekasala und Ulrich Klein sowie Prokurist Frank Janßen. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Der dritte große Schwerpunkt: „Die Kurbel arbeitet seit 2006 mit gut 30 Schulen im offenen Ganztag, in der Übermittagbetreuung und in der Schulsozialarbeit zusammen.“

Dabei finanziert sich die Einrichtung überwiegend aus der Projekt- und Maßnahmenförderung. „Das ist ein knallhartes Geschäft“, betont Tekasala, der für die Kurbel-Finanzen verantwortlich zeichnet. Immer wieder kämen Programmbereiche auf den Prüfstand.

„Wir sind inzwischen dafür offen, dass es auch Dinge gibt, die andere Träger vor Ort besser können“, räumt Klein ein. Das sei nicht immer so gewesen. „Vor Jahren machten wir uns gegenseitig das Leben schwer, unterboten uns und brachten unsere Finanzierungen so gegenseitig ins Wanken.“ Doch dieser wohl gravierendste Irrweg gehöre zum Glück der Vergangenheit an. Klein: „Wir haben erkannt, dass es miteinander besser geht und bilden heute gemeinsam mit der Stadt ein tragfähiges Netzwerk.“