Oberhausen. Team der Hochschule Düsseldorf stellt fest: Es gibt große Identifikation mit dem Quartier, aber viele vermissen den sozialen Zusammenhalt.
Die Hochschule Düsseldorf hat in diesem Sommer die Menschen im und rund ums Marienviertel in den Blick genommen, hat über 100 Bewohnerinnen und Bewohner im Detail befragt, Experten-Interviews gestartet und Workshops ausgerichtet. Das mit Spannung erwartete Ergebnis all dieser Forschung soll nun Anfang 2020 vorliegen, zuvor gibt es am Dienstag, 26. November, um 18 Uhr in der Lutherkirche an der Lipperheidstraße einen großen Dialog mit den Bewohnern „Rund ums Marienviertel“.
Professorin Anne van Rießen vom Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften stellte am Freitag vorab Ergebnisse aus der Untersuchung unserer Zeitung vor. Die Wissenschaftler stehen vor keiner leichten Aufgabe, teilt sich ihr Untersuchungsgebiet doch in viele, kleine Einzelquartiere vom Brücktor- über das Uhland- bis hin zum Bismarckviertel. „69 Prozent der Befragten sagten, dass sie enge oder sehr enge Verbundenheit mit ihrem Stadtteil spüren“, so Anne van Rießen. Und: „85 Prozent gaben an, dass sie zufrieden sind mit ihrem Leben im Stadtteil.“
Bürgerdialog zum Leben im Quartier am 26. November
Beim kommenden Treffen am Dienstag, 26. November, um 18 Uhr in der Lutherkirche stellen die Forscher der Hochschule Düsseldorf zunächst ihre Ergebnisse dem Publikum vor.
Dann können die Besucher ihre eigenen Vorstellungen einbringen. Zudem gibt es mit Hilfe von Stellwänden einen Rundkurs mit vielen Infoangeboten zum Leben „Rund um das Marienviertel“.
Das heiße aber nicht, dass es keine Probleme gebe. Im Gegenteil. Der Anteil der Hartz-IV-Empfänger liegt weit über dem Stadt-Durchschnitt. Ähnlich sieht es beim wachsenden Anteil der nicht-deutschen Bevölkerung aus, der hier 22,5 Prozent (Marienviertel West), 24,9 Prozent (Marienviertel-Ost) und 24,1 Prozent (Brücktorviertel) beträgt – gegenüber 15,4 Prozent im Stadtdurchschnitt. „Viele Leute hier klagen: ,Ich kenne meine Nachbarn ja gar nicht mehr’“, berichtet die Professorin aus der Untersuchung. Viele würden den einstigen sozialen Zusammenhalt vermissen. Anne van Rießen und ihr Team plädieren deshalb dafür, rund ums Marienviertel mehr öffentliche Orte der Begegnung unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen zu schaffen; Orte, an denen sich Alleinstehende, Familien, Deutsche und Migranten, Jung und Alt treffen könnten.
„Problemdruck steigt“
Nur so könne man sozialen Entwicklungen wie weiterer Individualisierung und Abkapselung entgegenwirken. Vor dem Hintergrund steigender Zahlen von Kindern aus Hartz-IV-Familien sei zudem eine passgenaue Kinder- und Jugendarbeit nötig; das Sparen von Stellen und sozialen Einrichtungen in diesem Bereich sei auf jeden Fall der falsche Weg, so die Professorin, die sich sicher ist: „Der Problemdruck rund ums Marienviertel steigt.“
Auch André Wilger von der Koordinierungsstelle „NRWeltoffen“ begleitet die Untersuchung. „Wie sich die Leute fühlen, wie sie ihr Leben konkret beurteilen, das entscheidet sich vor Ort im Viertel“, sagt der Oberhausener, der darauf hofft, anhand dieser Untersuchung Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie man durch mehr soziale Angebote im Quartier Populismus, Rechtsextremismus und Rassismus vorbeugen kann.
Auch kleine Fortschritte zählen
Andrea Auner, Quartierskoordinatorin der Lebenshilfe an der Marienburgstraße, unterstreicht, dass kleinteilige Maßnahmen im Stadtteil oft nachhaltige Verbesserungen für die Bewohner bringen könnten. Sie verweist auf ihren jüngsten Quartiersspaziergang mit Rollator-Fahrerinnen aus dem Stadtteil. Mehr gut befestigte Wege im Quartier, mehr Bordsteinabsenkungen zum Beispiel in der Nähe von Haltestellen – auch das seien Fortschritte im Stadtteil, die das Leben gerade älterer Menschen deutlich erleichtern könnten.