Oberhausen. Beim zweiten Bürgerforum der Stadtspitze tragen 160 Bürger die Dauerbrenner-Probleme ihrer Heimat vor. Doch viele krempeln selbst die Ärmel hoch.

Wo sonst junge Erwachsene tanzen und ältere live Blues-Gitarren hören, stehen Oberhausener in Fünfer- und Vierer-Grüppchen und diskutieren im Zentrum Altenberg über die Lage der Stadt – und das ziemlich konkret.

160 Einwohner aus allen Stadtteilen sind beim zweiten Bürgerforum der Stadtspitze zusammengekommen, um an ihrem Feierabend direkt Vorschläge zu entwickeln, wie man Oberhausen nach vorne bringen kann. „Es geht hier nicht darum, nur zu jammern und zu klagen, sondern jeder soll auch sagen, was er selbst tun kann“, motiviert Moderator Axel Jürgens von der Essener Beratungsagentur „Peters&Helbig“ die Kleingruppen zur Aktion. „Lösen Sie sich von den Problemen und entwickeln Sie Visionen von einem lebenswerten Oberhausen.“

Die Disco-Zone als Raum der Anbandelung

Und plötzlich wird der Altenberger Disco-Raum sogar an diesem Abend zum Anbandelungs-Parkett – ohne Musik und mit weißer Scheinwerfer-Beleuchtung: „Achten Sie darauf, mit Menschen zusammenzukommen, die Sie noch nicht kennen.“

Energisch beschrieben die verschiedenen Gruppen ihre Anregungen, Wünsche und Meinungen auf Stellwände.
Energisch beschrieben die verschiedenen Gruppen ihre Anregungen, Wünsche und Meinungen auf Stellwände. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Tatsächlich klappt die Ideenschmiede von Unbekannten in der alten Zinkfabrik erstaunlich gut: Mit dicken und dünnen Filzstiften bewaffnet malen die Teilnehmer ihre Wünsche und Lösungen an Dutzende Stellwände im Saal.

An Themen spielen besonders die bekannten Dauerbrenner in Oberhausen die Hauptrolle: Verdreckte Stadt, fehlende Studenten, schlechte Nahverkehrsverbindungen, zu buckelige Fahrradwege, die vermeintlich zu starke Konzentration auf das Centro bei gleichzeitiger Vernachlässigung der Zustände in den Vierteln, die Raserei von Autofahrern und der von einigen seit Jahren beklagte Mangel an Freibädern.

Und die (Un-)Sicherheit: „Ich möchte so wie früher als Frau in der Nacht durch Oberhausen gehen – ohne Angst zu haben.“ Und die Bildung: „Wir brauchen eine bessere Schulinfrastruktur, ein leistungsfähiges dreigliedriges Schulsystem – es war ein großer Fehler, alle Hauptschulen zu schließen.“

Bürger suchen das direkte Gespräch mit Oberbürgermeister Schranz

In den Pausen nutzten etliche die Chance, direkt Oberbürgermeister Daniel Schranz anzusprechen. Der Christdemokrat hatte diese Variante der Bürgerbeteiligung vor zweieinhalb Jahren zum ersten Mal ins Leben gerufen, als sich für seinen neuen 15-köpfigen Bürgerrat über 600 Oberhausener beworben hatten. Beim zweiten Bürgerrat trudelten immer noch über 300 Bewerbungen ins Rathaus.

Noch mehr Mitmacher gesucht

Die Anregungen des 15-köpfigen Bürgerrates und der Teilnehmer an den beiden Bürgerforen werden von Stadtbediensteten genau protokolliert und geordnet. Danach wird festgehalten, welche Maßnahmen geprüft und verworfen oder umgesetzt worden sind.

Henrik Detmers von der Koordinierungsstelle Bürgerbeteiligung hat auf Wandtafeln die bisher erreichten Ergebnisse übersichtlich notieren lassen. „Uns ist es wichtig, dass Bürger nicht nur kritisieren, sondern sich aktiv einbringen“, sagt Detmers. Er ist im Rathaus erreichbar unter der Telefonnummer 0208 825-2528, Mail: buergerbeteiligung@oberhausen.de

Die Bewerber, die beim Bürgerrat als direkte Ratgeber des Stadtoberhaupts nicht zum Zuge kamen, sollten ihr Engagement beim neu kreierten Bürgerforum einbringen. Ein Forum, zu dem diesmal sogar alle interessierten Oberhausener eingeladen waren – gleichwohl waren im Frühjahr 2017 mit 280 Teilnehmern mehr Menschen beim ersten Bürgerforum dabei.

Intensive Diskussionen, wie man Schwierigkeiten in Oberhausen lösen kann, beim zweiten Bürgerforum der Stadtspitze im Zentrum Altenberg.
Intensive Diskussionen, wie man Schwierigkeiten in Oberhausen lösen kann, beim zweiten Bürgerforum der Stadtspitze im Zentrum Altenberg. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Doch es blieb an diesem Abend eben nicht dabei, einfach nur die Schwächen der Heimat aufzuzählen. Viele verbessern ihre Alltagsumgebung schon jetzt Schritt für Schritt. „Ich reinige die Straße, an der ich wohne.“ „Wir begleiten ältere Menschen zur Kirche.“ „Kleine Gruppen verschönern bei uns schon ihre Straße und ihren Wohnblock.“ „Ich zeige Missstände auf.“ „Ich habe eine Spielplatzpatenschaft.“ An einer anderen Tafel wollen einige gleich sofort loslegen und fragen: „Wo kann ich anpacken?“