Oberhausen. Ältere Bewohner sind täglich im Straßenverkehr besonders gefährdet. Ein Quartiersspaziergang versucht gegenzusteuern.
Diese Zahlen beeindrucken auf den ersten Blick: Ein Fünftel der Bevölkerung in Oberhausen-Ost ist älter als 65 Jahre. Bis zum Jahr 2030 ist ein weiterer Anstieg dieser Altersgruppe prognostiziert. Darauf müssen sich Politik und Planer vor Ort einstellen – einen bemerkenswerten Diskussionsbeitrag dazu leistete jetzt das Quartiersprojekt „Leben im Pott“, getragen von der Lebenshilfe. Quartierskoordinatorin Andrea Auner startete im Knappenviertel zusammen mit der Polizei einen Spaziergang für Senioren zum Thema Verkehrssicherheit im Quartier.
Begleitet von der Bezirksbeamtin, Polizeihauptkommissarin Nina Luft, und ihrem Kollegen Dirk Marten, als Polizeihauptkommissar für die Unfallvorbeugung zuständig, geht’s nachmittags los. Zahlreiche Seniorinnen, größtenteils mit Rollatoren unterwegs, sind dabei.
„Zeigen Sie Eigenverantwortung!“
Schon bei der ersten Station an der Falkensteinstraße wird deutlich, worum’s hier geht. In Höhe Marienburgstraße hält an der Haltestelle gegenüber der SB 94 und die Seniorinnen bahnen sich hier tagtäglich mit dem Rollator den Weg direkt über die Fahrbahn Richtung Knappenquartier. Riskant ist das, zumal die Falkensteinstraße viel befahren ist. „Der Weg bis zur Ampel an der Mellinghofer Straße ist uns aber zu weit“, sagen die Seniorinnen unisono. Immer wieder komme es zu brenzligen Situationen, wenn sie mit dem Rollator die Straße überqueren würden. Ein Zebrastreifen hat an dieser Stelle wohl kaum eine Chance. Deshalb appellieren die Polizisten an die Seniorinnen: „Nehmen Sie den längeren Weg in Kauf. Zeigen Sie auf diese Weise Eigenverantwortung!“
Weiter geht’s zur Einmündung Alte Heid/Mellinghofer Straße. Wieder eine Bushaltestelle, diesmal der viel genutzte 143er. Wieder eine von den Seniorinnen rege genutzte Haltestelle. Doch es fehlt an abgesenkten Bordsteinen, damit sie bequem und gefahrlos die Straße passieren können. Auf dem Radweg direkt an der Mellinghofer Straße ist das kaum möglich. Hier brodelt der Verkehr.
Persönliche Gespräche zählen
Die Polizei sieht Quartiersspaziergänge wie den im Knappenviertel als gute Gelegenheit, mit älteren Menschen ins Gespräch zu kommen sowie ihre Sorgen und Ängste zu erfahren, wie Polizeisprecherin Luise Lakhal unterstreicht.
Außerdem könne man dabei im persönlichen Gespräch darauf aufmerksam machen, worauf Senioren im Straßenverkehr achten sollten, um ihr Sicherheitsgefühl zu steigern.
„Es gibt stets nur Bordstein-Absenkungen für Auto-Einfahrten oder Radfahrer“, kritisiert Andrea Auner. „Vielleicht sollte man so etwas auch einmal für Rollatoren machen – an geeigneten Stellen, wo Senioren viel unterwegs sind.“
Zu wenig Platz für Rollatoren
Bei der Station vor dem Bürgerzentrum Alte Heid wird deutlich, dass sich auf dem dortigen Spielstraßenabschnitt kaum ein Autofahrer ans vorgeschriebene Schritt-Tempo hält. Schlecht für Passanten mir Rollatoren. Auch die Parkplatz-Markierungen werden dort vor den Wohnhäusern oft nicht genau eingehalten. so dass zu wenig Platz für ältere Menschen und ihre Rollatoren bleibt.
Was man ebenfalls auf Schritt und Tritt bemerkt: Die Seniorinnen freuen sich, dass sie all diese Alltagssorgen mal ausführlich loswerden können - und das die beiden Polizeibeamten aufmerksam und kompetent zuhören und passgenau Tipps zur Verkehrssicherheit geben.
Vor diesem Rundgang gab es bereits weitere Spaziergänge - auch die Geschichte des Knappenviertels wurde dabei beleuchtet, erläutert vom Oberhausener Stadtkenner Ingo Dämgen, der selbst im Knappenviertel wohnt und auch jetzt wieder dabei ist.
Im Zuge des Rundgangs zur Verkehrssicherheit verteilen Nina Luft und Dirk Marten auch gelbe Warnwesten und Reflektoren an die Seniorinnen, damit sie jetzt in Herbst und Winter im Straßenverkehr besser gesehen werden. Die Teilnehmer streifen sich die leuchtenden Armreifen gleich über: ein erster Schritt gegen das tägliche Unfallrisiko.