Oberhausen. Ob Strandparty an der Ruhr oder Camping-Idyll: In Oberhausen beleuchtet eine Fotoausstellung die Freizeitaktivitäten der Menschen im Ruhrgebiet.

Die industrielle Vergangenheit deutet sich mit zwei Schornsteinen allenfalls im Hintergrund des Bildes an. Viel mehr springen dem Betrachter die beiden Surfer ins Auge, die auf ihren Brettern auf einer Welle reiten. Und das passiert nicht in Kalifornien, sondern auf einer Halde in Bottrop. Das Foto ist eines von 40 Motiven, die ab Mittwoch, 2. Oktober, in der Sonderausstellung „Entspannt euch!“ in der St.-Antony-Hütte in Oberhausen zu sehen sind.

Zusammen mit dem „Pixelprojekt Ruhrgebiet“ eröffnet das Industriemuseum in seiner Schau einen etwas anderen Blick auf die Region. Dabei entzieht sie sich verklärter Pütt-Romantik und dem oft beschworenen „Malocher“-Image und legt stattdessen das Augenmerk auf die ganz alltäglichen Freizeitaktivitäten der Menschen im Revier.

Von Strandbars bis zur Tierliebe im Ruhrgebiet

Verdichtete Momentaufnahme, die irritiert wie fasziniert: Fotograf Dirk Krüll zeigt einen Dinslakener Kaninchenzüchterverein mit seinem ganzen Stolz.
Verdichtete Momentaufnahme, die irritiert wie fasziniert: Fotograf Dirk Krüll zeigt einen Dinslakener Kaninchenzüchterverein mit seinem ganzen Stolz. © Dirk Krüll / Pixelprojekt Ruhrgebiet

Vier unterschiedliche Positionen hat Pixelprojekt-Gründer und Ausstellungs-Kurator Peter Liedtke zusammengetragen: Aus Arbeiten namhafter Fotografen, die bereits im Internet auf den Seiten des „Pixelprojekt Ruhrgebiet“ zu sehen sind, nun aber als Neudrucke eigens für die St.-Antony-Hütte ausstellungsreif gemacht wurden.

Es sind Ausschnitte einer Freizeitgestaltung, die der Strukturwandel erst möglich gemacht hat, die aber auch einer ganz eigenen Entwicklung unterliegt. Gezeigt wird beispielsweise die hiesige „Strandkultur“, die sich vorrangig entlang der Ruhr mit ihren zahlreichen Strandbars und jeder Menge aufgeschüttetem Sand karibikgleich offenbart. World-Press-Photo-Award-Gewinner David Klammer hingegen hat es in die Diskotheken der Region verschlagen, die im Falle der Bochumer Matrix rabenschwarz und düster daherkommen, wenn die Gothic-Szene dort tanzt und feiert.

Verdichtete Momentaufnahme

Düster und rabenschwarz: So kann die Discoszene im Ruhrgebiet aussehen. David Klammer lichtete tanzende Goths in der Bochumer Matrix ab.
Düster und rabenschwarz: So kann die Discoszene im Ruhrgebiet aussehen. David Klammer lichtete tanzende Goths in der Bochumer Matrix ab. © Pixelprojekt Ruhrgebiet | David Klammer

Brigitte Krämer hält mit ihren Motiven das Leben von Campern an der Ruhr fest und ist ganz nah dran am Alltag und Lebensgefühl der Menschen, die nicht mehr brauchen, als Holzkohlengrill und Vorzelt, um ihre freien Stunden zu genießen. Das ist oft humorvoll und kurios oder auch mal von einer liebevollen Ernsthaftigkeit. Was besonders Fotokünstler Dirk Krüll gelingt, der sich in seiner Serie der „Tierliebe im Revier“ annimmt und allerhand exotische (Strauß, Schlangen) und eher ortsbekannte Tiere (Hund, Eule) einfängt. Beispiel: Auf einem Motiv bittet Krüll einen Kaninchenzüchterverein aus Dinslaken zum Gruppenfoto, bei der die stolz präsentierten Häschen just im Moment des Fotografierens aber offenbar nicht voneinander lassen konnten. Ergebnis: eine einmalig verdichtete Momentaufnahme.

Frage nach dem typisch Ruhrgebiethaften

Im Kontrast zu den historischen Aufnahmen der Gutehoffnungshütte, den die St.-Antony-Hütte nur einige Räume weiter präsentiert, zeigen die Fotos der Sonderausstellung ein Ruhrgebiet ohne Arbeit, ganz entspannt, und vollkommen frei von Klischees wie Fußball-Rivalitäten und Taubenzüchterverein.

Nicht immer kann man es den Fotografien ansehen, dass sie im Revier entstanden sind. Für Kurator Peter Liedtke und Kornelia Panek, Leiterin des Industriemuseums, gerät die Schau damit auch zur Einladung, um über das typisch Ruhrgebiethafte nachzudenken: Gibt es das überhaupt, oder ist es doch eigentlich so wie überall? Ab Mittwoch, 2. Oktober, können Besucher dies herausfinden.

Info: Die Ausstellung ist bis zum 7. Juni 2020 in der St.-Antony-Hütte, Antoniestraße 32-34, zu sehen. Jeweils dienstags bis freitags von 10 bis 17 Uhr, samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr. Eintritt 5 Euro, ermäßigt 4 Euro.