Oberhausen. Der Blumenladen Marissen in Alstaden ist 108 Jahre alt. Erst Friedhofsgärtnerei, jetzt Gartencenter: Eine bunte Geschichte über Gärtner.

Am Muttertag braucht keiner ohne Strauß nach Hause zu kommen. Verliebte schenken am Valentinstag Rosen und aufs Grab gehört ein Kranz zur Anteilnahme. Blumen begleiten die meisten Menschen von der Geburt bis zum Tode – doch immer mehr Händler müssen schließen, weil die Konkurrenz wächst.

Der Blumenladen Marissen in Alstaden blickt auf 108 Jahre Tradition zurück – aber die Zeiten ändern sich; und so ist aus der Friedhofsgärtnerei inzwischen ein Gartencenter mit Erlebniskultur, Rundweg und so viel mehr als Schnittblume und dem bunten Sträußchen geworden.

Das Geräusch der Motoren erinnert an ein Dachfenster, dessen Rollos runterfahren, wenn zu viel Sonne den Raum erhitzt. Das laufe alles automatisch, erklärt Marvin Marissen. Licht, Luft, Feuchtigkeit: die Gewächshäuser im Familienbetrieb sind auf dem neuesten Stand. Anderthalb Jahre hat der Umbau gedauert: Eine Investition in die Zukunft, die er verkörpert.

Der Florist: ein bunter Exot

Marvin Marissen ist als Sohn und Gesellschafter bereits die fünfte Generation, die mit Estragon, Rose oder Petunie ihren Lebensunterhalt bestreitet. Ihm sei früh klar gewesen, dass er Gärtner werden wollte, betont der 26-Jährige. Das macht ihn zum Exoten – und zwar in doppelter Hinsicht.

Traditionsbetrieb: Das Blumengeschäft Marissen um 1928.
Traditionsbetrieb: Das Blumengeschäft Marissen um 1928. © Blumen Marissen

Gärtner haben es hierzulande deutlich schwerer als früher. Zum einen fehlt häufig der Nachwuchs. Zum anderen mussten viele Geschäfte in den vergangenen Jahren dichtmachen. Die Konkurrenz sind Baumärkte, Möbelgeschäfte und vor allem Supermärkte. Sie verkaufen Blumen zu Billig-Preisen. Händler wie Marissen können kaum günstiger einkaufen als Edeka und Lidl verkaufen. Der Verbraucher legt die Tulpe bequem neben die Lebensmittel in den Wagen.

„Es ist eine schwierige Branche“, seufzt Marvin Marissen. Trotzdem hat er mit 22 Jahren seinen Gärtner-Meister gemacht und plant zusammen mit Vater Christoph (53) und Mutter Andrea (50) die Zukunft des Familiengeschäfts. „Wir mussten etwas tun, denn die Kunden wollen eine Erlebniskultur, wenn sie zu uns kommen. Gute Beratung und Auswahl reichen nicht mehr aus.“

Friedhof sieht eher aus wie ein Park

Von der einstigen Friedhofsgärtnerei, 1911 von den Ururgroßeltern Theodor und Anna Marissen in Alstaden gegründet, ist nur die Nähe zum Friedhof Alstaden übrig. Der Blick über die Friedhofsmauer offenbart zudem mehr Rasen und Grünfläche als aufwendig bepflanzte Gräber. „Sieht doch aus wie im Park“, sagt Marvin Marissen. Urnen benötigen wenig Platz, Beete sind kaum welche da.

Im Zweiten Weltkrieg zerstört

Im Jahr 1911 gegründet, musste der Blumenhandel durch die Zerstörung im Zweiten Weltkrieg erst wiederaufgebaut werden. Uropa Friedrich Marissen kehrte 1948 aus der Kriegsgefangenschaft heim und übernahm den elterlichen Betrieb. 1975 folgte Sohn Friedhelm und 1991 dessen Sohn Christoph.

Neben der Familie arbeiten ein Gärtner, ein Florist-Meister und vier Floristinnen im Flockenfeld 97. Außerdem absolvieren derzeit ein Florist und ein Pflanzenfachberater ihre Ausbildung. Marissen hat sieben Tage die Woche geöffnet: montags bis freitags 9 bis 18 Uhr, samstags 9 bis 14 Uhr und sonntags 10 bis 12.30 Uhr.

Auf einer Fläche so groß wie ein Eishockeyfeld finden die Kunden, meist Frauen mittleren Alters, daher bei Marissen auch Spirituosen, Karten und Kerzen. Für Marvin Marissen eine logische Entwicklung. „Wir folgen den Kundenwünschen: Blumen sind meist ein Geschenk – warum nicht alles anbieten?“

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Außerdem führt ein Rundweg durch alle Gewächshäuser, der neben viel Grün viel Abwechslung mit Kissen, Gläsern und sogar Buddha-Statuen als Dekorationsartikel bietet. „Die Kunden wollen bei uns abschalten und Ruhe haben“, vermutet Marvin Marissen. Das zumindest erzählen ihm Nachbarn. „Die laufen regelmäßig durch den Laden.“ Für die Wohlfühloase Marissen das größte Lob.