Oberhausen. So viel Geld wie seit Jahrzehnten nicht mehr will Oberhausen im nächsten Jahr investieren. Doch die Erwartungen der Bürger nehmen zu.
Oberhausen wird im nächsten Jahr so viel Geld in Kitas, Schulen, Straßen und Datenleitungen investieren, wie seit Jahrzehnten nicht mehr: Oberbürgermeister Daniel Schranz und Kämmerer Apostolos Tsalastras planen die Ausgabe von 110 Millionen Euro, nachdem in diesem Jahr bereits 83 Millionen Euro verbaut worden sind.
Das kündigten die beiden Führungsmänner der Stadtspitze bei der Einbringung des Haushaltes 2020 im Rat am Montag an. In diesem Jahr ist das Geld beispielsweise verbaut worden für neue Kindertageseinrichtungen, Mensen und Offene-Ganztagsräume von Grundschulen sowie für den Beginn der Sanierung der Siedlung Gustavstraße.
Seit 2017 kommt der Haushalt ohne neue Schulden aus
Möglich geworden ist dieser Investitionsschub durch den seit 2017 ohne neue Schulden auskommenden Haushalt. 25 Jahre lang zuvor war das Jahr für Jahr nicht möglich. Eigene Einsparungen im Haushalt, höhere Steuer- und Gebührensätze, die gute Konjunktur, die Niedrigzinsphase und Zuschüsse des Landes in zweistelliger Millionenhöhe im Rahmen des „Stärkungspaktes Finanzen“ – diese fünf Faktoren machten es der Stadt Oberhausen möglich, wieder ausgeglichene Haushalte ohne Neuverschuldung vorlegen zu können und damit wieder die Chance zu haben, Fördergelder zu erhalten und selbst großzügiger zu investieren.
Auch im nächsten Jahr will Tsalastras keine neuen Kredite mehr aufnehmen: Die geplanten Ausgaben von 845 Millionen Euro inklusive Zinsausgaben von 25 Millionen sind durch ordentliche Einnahmen gedeckt – vor allem auch durch gestiegene Schlüsselzuweisungen des Landes (plus 4,8 Millionen Euro). Am Ende des Jahres 2020 will Tsalastras einen Überschuss von 600.000 Euro erwirtschaften.
Schranz: Dynamische Entwicklung in Oberhausen
Schranz sieht eine insgesamt dynamische Entwicklung in Oberhausen – auch durch private Investoren: das Warenzentrallager von Edeka, der neue Segro-Logistik-Park an der Autobahn A3, zwei neue Hotels in der Neuen Mitte, die Umgestaltung des Kaufhofs zum Mittelklassehotel in der City, das Ausbildungszentrum der Bauindustrie in Osterfeld und das Dachgewächshaus auf dem Jobcenter.
Der Oberbürgermeister nutzte seine Rede zur Haushaltseinbringung aber auch, vor Luftschlösser und Wunschausgaben der Politik und im Rathaus zu warnen. „Plötzlicher Reichtum bei uns ist nach wie vor nicht ausgebrochen. Vielmehr bleibt unser Korsett eng.“
Ansprüche der Bürger wachsen
Auf seiner Dialogtour habe er erfahren, dass die Erwartungen der Bürger tendenziell größer und größer werden: „Je mehr wir tun, umso mehr scheinen auch die Ansprüche zu wachsen. Neben der Sauberkeit gilt dies etwa für Straßensanierungen, Bushaltestellen oder bessere Nahverkehrs-Takte.“
41 Prozent des Etats nur für Sozialausgaben
Kämmerer Apostolos Tsalastras kalkuliert im kommenden Jahr mit Ausgaben von 845 Millionen Euro. Für die erzieherischen Hilfen für schwierige Familien sind 53 Millionen Euro eingeplant – der überdurchschnittliche Kostenanstieg der letzten Jahre wurde im vorherigen, in diesem und wird im nächsten Jahr gestoppt. Dickster Brocken ist der Personalaufwand mit 160 Millionen Euro für die fast 2600 Mitarbeiter – er liegt um fast fünf Millionen Euro höher als zunächst geplant.
Die Kinderbetreuung verursachte vier Millionen Euro an Mehrkosten. Insgesamt fressen die Bereiche Soziales, Kinder-, Jugend- und Familienhilfe 340 Millionen Euro an Ausgaben – rund 41 Prozent des Haushaltes.
Zugleich aber seien Bürger offenbar nicht mehr gewillt, für die städtischen Leistungen auch zu zahlen. „Bürger äußern ihr Unverständnis, wenn sie für kommunale Leistungen finanziell in Anspruch genommen werden. Das gilt für die Kanalanschluss- und Straßenausbaubeiträge, die Hundesteuer – und aktuell gerade für die Parkgebühren.“
In seiner Rede warnte Schranz alle Oberhausener auch davor, mit der zunehmend ausgebauten Beteiligung von Bürgern an städtischen Projekten falsche Hoffnungen zu verbinden. „Für falsch, ja für gefährlich halte ich es allerdings, wenn die Bewertung der Qualität von Bürgerbeteiligung am Ende allein daran gemessen wird, ob die eigenen Interessen gebührend berücksichtigt wurden oder nicht.“ Die Politik müsse aufpassen, dabei nicht populistisch zu agieren. „Es mag verführerisch erscheinen, um des politischen Vorteils willen auf der Empörungswelle von Wutbürgern zu reiten. Den größten Nutzen aber tragen am Ende nur diejenigen davon, die wir in der Mitte unserer demokratischen Parteiengemeinschaft ganz sicher nicht haben wollen.“
Kämmerer Apostolos Tsalastras warf Bund und Land in seiner Rede zur Haushaltseinbringung im Rat vor, weiterhin den Kommunen übermäßig hohe Soziallasten im Jahr aufzubürden, die die Städte selbst nicht zu verantworten haben. So verursache der Bund eine neue Zusatzbelastung für Oberhausen von 5,5 Millionen Euro (Unterhaltsgesetz, Bundesteilhabegesetz) und das Land NRW trage sogar mit 30 Millionen Euro zur Belastung bei – zu geringe Mittel für Flüchtlinge und Kindergärten sowie weniger Schlüsselzuweisungen (15 Millionen Euro) als unter den früheren Bedingungen des Gemeindefinanzierungsgesetzes (GFG) der ehemaligen rot-grünen Landesregierung.