Oberhausen. Gleichstellungsbeauftragte Britta Costecki und Grünen-Politikerin Franziska Krumwiede-Steiner berichten in der „Emma“ über sexistische Drohungen.
Von wegen längst Vergangenheit: Frauen gehören selbst in Stadträten noch immer zur Minderheit und werden häufig angefeindet. Bedrohungen und Beschimpfungen von Männern, häufig anonym, selten ganz offen, sind für Kommunalpolitikerinnen an der Tagesordnung. So erleben es auch die Oberhausener Gleichstellungsbeauftragte Britta Costecki und die Grünen-Politikerin Franziska Krumwiede-Steiner aus Mülheim. In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Emma ist ein Interview mit ihnen zum Thema „Frauen in der Kommunalpolitik“ erschienen.
„Die Drohungen kommen immer von Männern und sind immer sexistisch gefärbt“, berichtet Krumwiede-Steiner darin. Sie sei bei Twitter derart massiv angefeindet worden, dass sie sich dort inzwischen abgemeldet habe. „Es gibt eben Männer, die sich per se daran stören, wenn Frauen – und gerade junge Frauen – ihre Meinung öffentlich kundtun.“
Gleichstellungsbeauftragte erhielt offene Morddrohung
Und Britta Costecki erfuhr von Kollegen, dass ein in Leserbriefen heftig gegen sie schießender Oberhausener plötzlich auch noch ganz offen von sich gab: Wenn sie bei einer Veranstaltung den roten Punkt auf ihrer Stirn sehen würde, dann wüsste sie: Er sei da.
Einschüchtern ließen sich die beiden Politikerinnen aber nicht von derartigen Vorfällen. Nachdenklich mache es sie aber schon. So fragte sich etwa Krumwiede-Steiner, als sie bei einer Demo gegen die Erhöhung der Grundsteuer, bespuckt und als „Abschaum“ beschimpft wurde: „Warum mache ich das mit der Kommunalpolitik eigentlich?“
Weil es noch viel zu tun gibt, meint Costecki. Auch in Oberhausen. Selbst wenn die Stadt beim aktuellen nationalen Gender-Ranking deutscher Großstädte auf den sechsten Platz kam. Dennoch: Vor 20 Jahren habe der Rat der Stadt in Oberhausen einen Frauenanteil von 30 Prozent gehabt. „Jetzt sind wir bei knapp 33 Prozent“, sagt die Oberhausener Gleichstellungsbeauftragte und setzt sich – genauso wie ihre Mülheimer Kollegin – für eine verbindliche Frauenquote ein. Denn nur so hätten Frauen in der Politik eine echte Chance, sich gegen Männer-Netzwerke durchzusetzen.
Frauen bleibt zu wenig Zeit für Netzwerk-Arbeit
Da Frauen noch immer zu viel Familienarbeit wie Kinderbetreuung und Pflege von Angehörigen aufgebürdet werde, hätten sie kaum Zeit, um Seilschaften zu knüpfen. Dazu kommt: „In Oberhausen ist die Kinderbetreuung in den Randzeiten eine Katastrophe“, betont Costecki. Gleichwohl habe sich in der Stadt aber auch einiges getan: „Wir schreiben alle zwei Jahre einen Jahresbericht mit Tätigkeiten und Vorhaben der Gleichstellungsstelle und alle Ausschüsse müssen sich damit beschäftigen.“ Außerdem gebe es eine breite Allianz dafür, dass in Oberhausen umgesetzt wird, was im Landesgleichstellungsgesetz steht. Personalentscheidungen, Organisationsveränderungen, ein neues Beurteilungssystem – auch dabei müsse die Gleichstellungsstelle mittlerweile eingebunden werden.
Zwei engagierte Frauen aus der Region
Britta Costecki ist seit 2012 als hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte von Oberhausen tätig. Sie hatte mit 16 Jahren bei der Stadtverwaltung angefangen und war mit Mitte 20 Referentin beim Oberbürgermeister.
Dr. Franziska Krumwiede-Steiner sitzt seit 2014 ehrenamtlich für die Grünen im Mülheimer Stadtrat. Sie stammt aus Ingolstadt in Bayern und zog 2007 nach Mülheim. Dort trat sie den Grünen bei und wurde gleich stellvertretende Fraktionsvorsitzende.
In Mülheim dagegen fiel der Gleichstellungsausschuss den Sparmaßnahmen zum Opfer. „Jetzt fällt das Thema Gleichstellung in den Hauptausschuss“, erzählt Krumwiede-Steiner. Dort aber sei es eigentlich gar kein Thema mehr. „Dass liegt einfach daran, dass da nur Männer sitzen.“