Oberhausen. Die Zechen sind zu, aber Kohle bleibt zeitgemäß: Denn mit der „Pottwatch“ aus Oberhausen tickt Malocher-Kultur am Handgelenk weiter.

Unter Tage malocht hat keiner — dafür sind Damian te Heesen (26), Jason Sell (25) und Lucas Heinen (25) zu jung. Stolz auf ihre Heimat Königshardt und auf die Kohle-Vergangenheit im Pott sind die drei Oberhausener dennoch: Und damit diese nicht in Vergessenheit gerät, haben sich die jungen Unternehmer Zeitgeistiges ausgedacht.

Ihr Vorzeige-Projekt „Pottwatch“ verbindet stilecht die letzte Kohle aus der Bottroper Zeche Prosper-Haniel und die Handgelenke von derzeit über 300 Unterstützern, die gerne ein Bröckchen Heimat bei sich tragen – ob Bergmann oder Bergfrau. Eine Erfolgsgeschichte.

Zum Fototermin mit dieser Redaktion in einem Café erscheinen Damian, Jason und Lucas deshalb mit ihren Kohle-Uhren. Seit dem Kindergarten kennen sie sich, doch der Traum von der eigenen Uhr samt Kohlestaub in der Rückseite erwächst erst 2017, als Jason und Lucas gemeinsam „Eisen im Fitnessstudio stemmen“.

Schlicht und schwarz: die „Pottwatch“ im Original.
Schlicht und schwarz: die „Pottwatch“ im Original. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

„Wir kamen eines Tages auf die Idee, eine Uhr rauszubringen, die an die Vergangenheit erinnert — immer, wenn man sie anschaut“, sagt Lucas. Da passt es gut, dass sowohl Jason (BWL-Studium) als auch Lucas (Business-Bachelor) theoretisches Geschäftswissen im Gepäck haben.

Pottwatch ist ein Netz-Projekt

Schnell ist daher die Frage der Finanzen geklärt: Crowdfunding, eine Gruppenfinanzierung übers Internet, und ihr eigenes Kapital sollen helfen, das Projekt in die Tat umzusetzen. Für die Gestaltung kommt nur Kumpel Damian infrage.

Der hat schließlich Grafikdesign studiert und kennt sich besser am PC aus. „Programmieren muss er demnächst ebenfalls“, sagt Jason und grinst Damian an. Klar, ein eigener Onlineshop braucht Zeit. Alle Drei lachen, der nächste Schritt macht den Jungs mehr Vorfreude als Angst.

Kein Wunder: Dass der Zeitmesser Pottwatch in schwarz und beleuchtetem Ziffernblatt Realität geworden ist, macht sie vor allem deshalb stolz, weil unzählige Nachtschichten hinten ihnen liegen. Viel Hilfe erhalten sie zudem von Freunden beim Videodreh zum ersten Werbefilm und der technischen Umsetzung, denn Uhren machen kann keiner.

Schweiz-Delmenhorst-Duisburg: Reise in den Pott

Die Pottwatch kommt übrigens ursprünglich aus der Schweiz und wird über Delmenhorst nach Duisburg geliefert und dort schlussendlich gebaut. Ab November werden die Kohle-Uhren verschickt, bis auf die Gründer hat also bisher tatsächlich niemand eine Pottwatch am Arm, die in der Variante „Nachtschicht“ 239 Euro kostet.

Wie und wieso man „Pottwatch“ online unterstützen kann

Jeder Euro der Kampagne fließt direkt in die Produktion der Kohle-Uhren. Da das zweite Ziel (50.000 Euro) längst erreicht ist, werden alle bestellten Uhren an die Unterstützer ausgeliefert und die Finanzierung der Folge-Kollektion „Heimaterde“ steht deshalb schon.

Das Projekt unter startnext.com öffnen, ein Dankeschön auswählen oder einen freien Betrag eingeben, mit dem das Projekt unterstützt werden soll. Anschließend mit einem Klick auf „Auswählen“ bestätigen und eine Bezahlmethode auswählen, Daten eingeben, AGB’s bestätigen, „Jetzt zahlungspflichtig unterstützen“ anklicken!

Das ist zwar nicht allzu günstig, aber die limitierte „Grubenlicht 5.1“-Edition läuft: Über 90.000 Euro hat die Gruppenfinanzierung eingespielt. „Nervös waren wir trotzdem, als die Finanzierung gestartet ist“, sagt Lucas. „Doch als wir nach einer halben Stunde 22.000 Euro hatten, konnten wir uns am PC entspannen.“

„Startnext“ heißt die größte Gemeinschaft für frische Ideen und Start-ups im Netz, unter dem das Projekt finanziert wird — und bis zum 29. August besteht die Möglichkeit, sich eine der letzten 350 Kohle-Uhren zu sichern. Sogar eine Wunschzahl ist für 15 Euro Aufpreis möglich, was bisher schon 107 Besteller nutzten.

Für die Pottwatch in die Grube eingefahren

Ihre Generation hat zugegeben wenig Berührung mit der schweren Maloche in den Zechen und Hütten gehabt – deshalb krochen die Gründer während der Tüftelei an der Uhr selbst durch enge Stollen und redeten mit echten Kumpeln.

„Da wurde oft von den ersten Gastarbeitern erzählt, was uns tief beeindruckt hat“, betont Damian. Die aktuelle Entwicklung gehe ja eher in eine andere Richtung – weg vom Dialog, vom Zusammenhalt und hin zu Angst und Fremdenhass. „Außerdem fällt es den Leuten in unserem Alter schwer, sich diese Zeit vorzustellen — ging uns ja vorher genauso.“

Trotzdem: Ruhrgebiet, das sei nun mal ihre Heimat, meinen die Pottwatch-Gründer. Obwohl sie an der Zeche Prosper-Haniel lediglich spielten: Die Vergangenheit soll in Ehren gehalten werden. Jason bringt es für sich und seine beiden besten Freunde auf den Punkt: „Im Ruhrpott steckt noch sehr viel Potenzial.“