Im Interview erklären KKO-Geschäftsführer Christian Eckert und Insolvenzberater Christoph Niering, warum ihr Sanierungskonzept sinnvoll ist.
Herr Eckert, Herr Niering, Sie kommen als erfahrene Fachleute für Gesundheitsökonomie und Insolvenzrecht von außen nach Oberhausen und haben nun sehr schnell ein Konzept für die Zukunft des Katholischen Klinikums erstellt. Stülpt man da ein Einheitskonzept aus der Schublade auf die Krankenhäuser?
Eckert: Nein, natürlich haben wir kein Einheitskonzept, sondern schauen uns individuell die Lage vor Ort an. Überall ist die medizinische Versorgungssituation sehr unterschiedlich, man kann etwa die Lage auf dem Land nicht mit Ballungsräumen wie dem Ruhrgebiet mit sehr vielen Krankenhäusern auf engster Fläche vergleichen.
Wie schwer fällt es Ihnen als Nicht-Oberhausener mit dem St.-Josef-Hospital ein Krankenhaus zu schließen, das ja eine wichtige Rolle in der Stadtgeschichte spielt?
Eckert: Das fällt uns sehr schwer, weil wir vor Ort im St. Josef-Hospital spüren, dass das Haus einen ganz besonderen Spirit hat. Im traditionellen Innenstadt-Krankenhaus hat die Mannschaft ein sehr intensives Gemeinschaftsgefühl entwickelt – vielleicht gerade auch wegen der baulichen Unzulänglichkeiten dort. Mit der Schließung verlieren wir den Arm des KKO in den Süden Oberhausens – und wir werden dadurch sicherlich auch Mitarbeiter und Patienten verlieren. Das ist sehr schade.
Erfahrene Berater und Manager
Der gebürtige Kölner Dr. Christoph Niering (57) ist Fachanwalt für Insolvenzrecht und Partner von Niering Stock Tömp Rechtsanwälte, eine der großen deutschen Insolvenzverwalterkanzleien mit zehn Standorten in Nordrhein-Westfalen. Seit mehr als 20 Jahren ist er überwiegend als Insolvenzverwalter tätig und hat seitdem über 2000 Insolvenzverfahren betreut, darunter für Alemannia Aachen und Pohland Herrenbekleidung.
Der neue Geschäftsführer des Katholischen Klinikums KKO ist Christian Eckert, Partner der aufs Gesundheitswesen spezialisierten Unternehmensberatung WMC Healthcare GmbH (München). Der Diplom-Kaufmann verfügt über mehr als 15 Jahre Managementerfahrung im Gesundheitswesen. Er war in leitender Funktion bei Wirtschaftsprüfungsfirmen und privaten Krankenhausbetreibern tätig. Zu den Klienten von WMC gehören Krankenhäuser, Krankenkassen sowie Pharmaunternehmen.
Warum muss denn dann das St. Josef-Hospital schließen?
Eckert: Das hat mehrere Gründe. Das St. Josef-Hospital hat eine historisch gewachsene, sehr alte Bausubstanz. Wenn wir diesen Standort nach dem modernen Bedarf herrichten würden, dann müssten wir 60 Millionen Euro investieren – und das ist wirtschaftlich nicht tragbar. An den beiden anderen Standorten, St. Clemens und St. Marien, haben wir einen Investitionsbedarf von jeweils nur sechs bis acht Millionen Euro. Zudem betreiben wir mit der Psychiatrie und der Neurologie im St. Josef zwei von drei Fachbereichen mit einem hervorragenden Standing, die vergleichsweise gut verlagerbar sind, weil dies Patienten und Ärzte mitmachen würden. Die Psychiatrie wird in das St.-Marien-Hospital umziehen, die Neurologie in das St. Clemens.
Es gab ja auch Überlegungen, die medizinischen Dienstleistungen des KKO auf einen einzigen Standort zu konzentrieren. Warum konnten Sie St. Marien retten?
Eckert: Wenn wir uns auf einen einzigen Standort konzentrieren würden, dann müssten wir uns recht umfangreich von Fachbereichen und medizinischen Angeboten trennen – die wertvolle Psychiatrie hätten wir nicht in Sterkrade unterbringen können. St. Clemens wäre so voll geworden, dass es kaum noch Wachstums- und Entwicklungschancen gegeben hätte.
Warum müssen überhaupt Krankenhäuser geschlossen werden?
Eckert: Die Gründe sind vielschichtig. Zum einen geht es um medizinische Qualität: Wer einen Eingriff täglich ausübt, macht dies besser, als wenn er dies nur einmal im Monat erledigt. Daher macht die Konzentration von Leistungen Sinn. Zum anderen entscheidet das Geld: Wir haben nicht genügend finanzielle Mittel im Gesundheitssystem, um die Fülle an Krankenhäusern in Deutschland dauerhaft erhalten zu können.
Warum ist das Katholische Klinikum überhaupt in die Krise gerutscht?
Niering: Historisch sind Hospitäler von Kirchengemeinden gegründet und betrieben worden, das sind aber keine professionellen Betreiber von Krankenhäusern. An vielen Orten wie hier in Oberhausen schlossen sich dann Krankenhäuser zusammen, doch durch solche Zusammenschlüsse besteht man nicht automatisch besser am Markt, wenn man Strukturen und Abläufe nicht verändert. Wir lösen eigentlich jetzt die Aufgaben, die sich schon bei der Fusion gestellt haben.
Müssen nun alle KKO-Mitarbeiter um ihren Arbeitsplatz zittern?
Eckert: Die Sanierung gelingt tatsächlich nicht ohne einen Abbau von Arbeitsplätzen. Aber wir wollen 90 Prozent der Arbeitsplätze retten, obwohl wir die Klinik-Standortstruktur um ein Drittel reduzieren. Insgesamt müssen wir etwa 160 Vollzeit-Arbeitsplätze mit rund 240 Betroffenen kappen – etwa zehn Prozent aller Beschäftigten. Das machen wir möglichst sozialverträglich durch natürliche Fluktuation. Wie viele Mitarbeiter wir am Ende betriebsbedingt kündigen müssen, können wir derzeit noch nicht exakt sagen.
Warum sind angesichts der hohen Fluktuation von jährlich 200 KKO-Mitarbeitern überhaupt betriebsbedingte Kündigungen notwendig?
Niering: Die natürliche Fluktuation findet nicht exakt in den Bereichen statt, die wir künftig weniger bedienen wollen. Wir hoffen, dass wir es schaffen, etwa die Hälfte der Arbeitsplätze durch Fluktuation abzubauen. Zudem wollen wir das Sanierungskonzept innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums von drei bis sechs Monaten umsetzen.
Eckert: Wir hoffen tatsächlich, dass wir die Schließung des St.-Josef-Hospitals so zügig hinbekommen, dass Anfang des Jahres die Abteilungen an die neuen Standorte umziehen können. Das soll keine lange Hängepartie werden. Dies hängt aber nicht nur von uns ab. Planungsbehörden, Kostenträger, Bezirksregierungen – alle müssen uns wohlwollend unterstützen. Wir müssen zudem bautechnische Veränderungen an den Standorten vornehmen.
Wie gehen Sie bei den betriebsbedingten Kündigungen vor?
Niering: Wir werden das nicht pauschal angehen, sondern prüfen individuell. Wir werden Personal verlagern, Mitarbeiter umschulen. Denn wir haben Fachabteilungen, die wir stärken wollen und die deshalb mehr Kräfte benötigen. Andere Abteilungen, auch die Verwaltung, können wir durch die Zusammenlegungen verschlanken. Wir beachten natürlich auch im Insolvenzrecht die Sozialauswahl mit besonderen Schutzrechten für langjährig Beschäftige oder Menschen mit Behinderungen.
Besteht nicht die Gefahr, dass die jungen dynamischen guten Kräfte abwandern?
Niering: Die Gefahr besteht tatsächlich, aber wir wollen die Teams motivieren und begeistern, hier zu bleiben, indem wir ihnen erklären, dass das KKO nach dem Insolvenzverfahren ein Haus ist, dass besser aufgestellt ist als andere Häuser, weil wir finanzielle Altlasten abwerfen können. Wir gehen gestärkt aus der Krise. Motivieren kann auch, dass künftig Mitarbeiter im Haus stärker an Entscheidungsprozessen beteiligt werden – der Führungsstil wird sich hier deutlich ändern. Viele hängen auch an dem besonderen Spirit im KKO, der Zusammenhalt hier ist sehr groß.
Eckert: Mitarbeiter berichten uns davon, dass Krankenhäuser der Region sie direkt ansprechen und abwerben wollen. Das erzählen sie uns, um zu versichern, dass sie lieber beim KKO bleiben wollen.
Welche medizinischen Dienstleistungen wird das Katholische Klinikum in Zukunft nicht mehr anbieten?
Eckert: Unser Plan ist, alle unsere bisherigen Angebote auch weiter der Bevölkerung anzubieten. Die heutige allgemeine Grundversorgung durch die Innere am St. Josef bieten wir ja auch an den anderen Standorten an.
Wie sehr hoffen Sie auf Hilfe des Landes oder des Bundes, es gibt ja Strukturfondsmittel?
Eckert: Im Rahmen der Insolvenz stehen leider diese Mittel nicht zur Verfügung. Wir verwirklichen allerdings genau das, was die Politik allgemein als Zielvorstellung im Krankenhauswesen vorgegeben hat. Wir rechnen aber derzeit nicht mit größeren Finanzhilfen, wollen zunächst einmal die Sanierung aus eigener Kraft schaffen.
Wie sieht die Zukunft der KKO-Gruppe mit ihren Kliniken, Altenheimen, Pflegediensten und Hospizen nach der Sanierung aus? Es gibt ja da viele Gerüchte, die Gruppe werde zerschlagen oder alles wird verkauft.
Niering: Zerschlagung ist das falsche Wort. Grundsätzlich benötigt die KKO-Gruppe einen finanzkräftigen Partner, der hier einsteigt. Denn die Kirchengemeinden sind nicht mehr in der Lage, die notwendigen Investitionen zu finanzieren. Die Kirche wird sich zunehmend zurückziehen. Deshalb starten wir ein Bieterverfahren. Ob die Gruppe insgesamt erhalten bleibt, hängt von den Bietern ab: Es gibt spezialisierte Anbieter, die nur den Bereich Altenheime / Altenpflege übernehmen wollen, andere konzentrieren sich auf die Krankenhäuser, weitere wollen sich insgesamt an der KKO-Gruppe beteiligen oder sie komplett übernehmen. Bisher haben sich bereits mehr als 20 Interessenten für die KKO-Gruppe gemeldet.
Ein Insolvenzverfahren dient in erster Linie dazu, die Gläubiger zu befriedigen. Bedeutet dies, dass der Meistbietende den Zuschlag erhält?
Niering: Wenn man es kurz halten will: Ja. Aber der Erhalt von Arbeitsplätzen und der Klinikstruktur spielt auch eine wichtige Rolle – denn der Abbau kostet immer Geld. Und das fließt in die Berechnungen ein.
Gibt es bei der Verkaufsentscheidung auch moralisch-ethische Überlegungen, die sich gegen private Krankenhaus-Ketten richten können?
Niering: Der Wunsch der Gesellschafter, einen kirchlichen Träger als Partner zu bekommen, ist groß. Allerdings wollen die Gläubiger eine möglichst hohe Rückzahlung ihrer Forderung haben. Hier stoßen die Interessen aufeinander – und im Insolvenzverfahren haben die Gesellschafter nicht mehr den früheren Einfluss. Man kann keinen Anbieter ausschließen, es sei denn man könnte alle Schulden ausgleichen und alle Gläubiger voll befriedigen.
Das Interview mit KKO-Geschäftsführer Christian Eckert und KKO-Generalbevollmächtigten Christoph Niering führte Redakteur Peter Szymaniak.