Oberhausen. Hinter den Kulissen bereiten sich die Oberhausener Sozialdemokraten auf das Wahljahr 2020 vor. Dabei sollen Frauen die Macht übernehmen.
Gut ein Jahr vor der Oberbürgermeister- und Kommunalwahl steht die Oberhausener Sozialdemokratie vor einer personellen Erneuerung, wie es sie seit 20 Jahren nicht mehr gegeben hat: Die SPD vor Ort will weiblicher, jünger und dynamischer werden als bisher.
Denn der einst so übermächtigen SPD ist nach verschiedenen Wahlniederlagen klar geworden, dass man mit anderen Führungsfiguren und anderen inhaltlichen Schwerpunkten um jeden Wähler kämpfen muss. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Führung der größten Fraktion im Stadtrat, die seit Jahrzehnten über Macht- und Themenfragen entscheidet: Der frühere Gesamtschulleiter Wolfgang Große Brömer, seit 1994 verantwortlich im Fraktionsvorstand, hat mit 67 Jahren selbst entschieden, seinen Chefposten niederzulegen.
Auf der Suche nach einem guten Oberbürgermeister-Kandidaten
Seit vielen Wochen ist SPD-Parteichef und Bundestagsabgeordneter Dirk Vöpel zudem auf der Suche nach einem guten Kandidaten für die Oberbürgermeister-Wahl, der bereit ist, sich gegen den mit Amtsbonus wieder antretenden Daniel Schranz (CDU) aufstellen zu lassen.
Die Neuwahl der Fraktionsspitze ist für die erste Fraktionssitzung am Montag, 9. September, geplant. Bisher einzige Kandidatin: Sonja Bongers, 43-jährige Landtagsabgeordnete seit 2017, stellv. SPD-Parteichefin und seit 2016 stellv. Fraktionschefin. „Wir benötigen auf allen Ebenen einen guten Austausch, ich halte es deshalb für ideal, als Abgeordnete für die Fraktionsspitze zu kandidieren.“ Sie habe eigene Vorstellungen, wie man als Fraktion zusammenarbeitet. „Ich habe einen moderierenden Stil, bin konsequent, ohne laut zu werden.“ Andere mögliche Kandidaten für den machtvollen Posten winkten im Vorfeld aus verschiedenen Gründen ab – meist aus beruflichen (Ulrich Real, Karl-Heinz Emmerich, Thomas Krey).
Schlechte Umfragewerte schrecken Silke Jacobs nicht
Auf den frei werdenden Vize-Fraktionschefposten will sich die Klosterhardter Lehrerin Silke Jacobs bewerben – für sie setzt sich Bongers ein. „Ich kann gut mit Menschen zusammen arbeiten, die organisiert sind“, sagt die 58-Jährige. „In einem Team mit Sonja Bongers – das kann ich mir sehr gut vorstellen.“ Schlechte Umfragewerte schrecke sie nicht ab. „Gerade jetzt ist es doch wichtig, die Wünsche der Bürger aufzunehmen und in die Fraktion zu tragen.“
Unklar ist, ob die bisherige zweite Stellvertreterin, die Alstadenerin Kirsten Oberste-Kleinbeck (55), bis zur Ratswahl im Herbst 2020 Fraktionsvize bleiben will. Wenn nicht, steht Manfred Flore bereit, der allerdings bereits das 69. Lebensjahr erreicht hat. Sollten es am Ende drei Frauen an der Fraktionsspitze machen – das wäre jedenfalls für die früher in der Industriestadt Oberhausen so stark durch Männer geprägte SPD ein auffallend kreatives Experiment.
Und da man schon einmal dabei ist, nimmt die SPD-Spitze bei der OB-Kandidaten-Suche besonders Frauen in den Blick, denn sie würden wohl andere neue Wählergruppen ansprechen, die Oberbürgermeister Daniel Schranz (44) schwieriger erreichen kann.
Namen noch geheim
Grüne stellen eigene OB-Kandidatin auf
Für die künftige Oberbürgermeister-Kandidatin der SPD wird der Wahlkampf gegen Amtsinhaber Daniel Schranz (CDU) besonders schwer, weil im Unterschied zur OB-Wahl im September 2015 die Grünen die Kandidatur nach heutigem Stand nicht unterstützen werden. Im Frühjahr 2015 hatten die Grünen, damals noch im Rat in der Ampelkoalition mit SPD und FDP, Apostolos Tsalastras als gemeinsamen Kandidaten mit großer Mehrheit aufgestellt.
Grünen-Parteichef Norbert Axt kündigte einen eigenen Kandidaten der Grünen an. „Wir sind noch am Anfang und suchen eine Frau als Kandidatin, das ist für Grüne immer die erste Wahl.“ Eine eigene OB-Kandidatin sei als Gesicht der Grünen im Wahlkampf sehr wichtig, damit die Inhalte der Grünen auf Podiumsdiskussionen und bei anderen Veranstaltungen vor der Wahl eine wahrnehmbare Rolle spielten.
Zwei Kandidatinnen stehen in der engeren Wahl, die Namen sollen geheim bleiben. Sie zögern, ihren Hut in den Ring zu werfen, so hört man, schließlich soll die Kandidatin in den nächsten Jahren eine wichtige Rolle in der SPD und damit in Oberhausen spielen – eine zeitliche Belastung.
Denn selbst eiserne Sozialdemokraten halten es für äußerst schwierig, im ersten Anlauf das Amt des Stadtoberhaupts zurückzuerobern – in seiner fünfjährigen Amtszeit habe der CDU-Politiker Schranz nicht allzu viel falsch, aber vieles richtig gemacht, heißt es (natürlich) nur hinter vorgehaltener Hand. So ist die Kandidatenwahl eine strategische Entscheidung der SPD, um mit langem Atem bei weiteren Wahlgängen Erfolge erzielen zu können. Zur Wahrheit gehört: Gerade wegen der unsicheren Aussichten stehen Bewerber nicht gerade Schlange.
Tsalastras tritt nicht mehr an
Kämmerer Apostolos Tsalastras, bei der letzten Wahl im Herbst 2015 mit 38 Prozent gegen den damaligen CDU-Oppositionsführer Daniel Schranz gescheitert, kandidiert jedenfalls nicht mehr – auch weil „man als Beigeordneter nicht gegen den Oberbürgermeister antritt, mit dem man im Verwaltungsvorstand jahrelang gut zusammengearbeitet hat“.