Oberhausen. Kein Bock auf Bücher? Dann wird’s Zeit für Comics. Jörg Hedtkamp vom Comic-Centrum Oberhausen hat die etwas anderen Lektüretipps für Urlauber.

Die erste Hälfte der Sommerferien in NRW ist schon wieder vorüber, manche kommen bereits aus dem Urlaub zurück – mit im Rückkehrer-Gepäck: zerlesene Taschenbücher, sonnencremeverschmierte Einbände, Sand im Lieblingsband. Dabei wird der ein oder andere auch das selbst gesetzte, sportliche Lektüre-Pensum in der Ferienzeit („Endlich wieder Zeit zum Lesen!“) nicht geschafft haben – einfach zu viele Buchstaben. Wir ziehen unsere Lehren aus dem „Lesen der anderen“ und schlagen ihnen guten Gewissens vor: Greifen Sie zum Comic.

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Zusammen mit Oberhausens einzigem richtigen Comic-Händler Jörg Hedtkamp vom Comic-Centrum Oberhausen haben wir fünf Titel aus der immer beliebter werdenden Welt der bebilderten Geschichten ausgesucht, die unbedingt in die Reisetasche gehören. Eine Auswahl für Neulinge, Neugierige, Wiedereinsteiger und Wiederentdecker.

„Ice Age – Chronicle of the Earth“ von Jiro Taniguchi

Für die heißen Tage empfiehlt Jörg Hedtkamp einen Text, der in der Kälte spielt. „Ice Age. Chronicle of the Earth“ (Teil 1, Schreiber und Leser, 276 Seiten Softcover, 16,95 Euro) des 2017 verstorbenen japanischen Comic-Künstlers Jiro Taniguchi entführt in eine dunkle Zukunft, in der die Erde unter einer dicken Eisschicht begraben ist. Doch der Stadt Nunatak steht eine noch viel schlimmere Kälteperiode bevor. Als es in den Minen von Nunatak, in denen wertvolle Bodenschätze befördert werden, zu einem schweren Unfall kommt, muss der junge Takeru sich auf den beschwerlichen Weg durch die Kälte machen, um Hilfe zu holen. Das alles ist in klar gezeichnete schwarz-weiße Bilder verpackt und sieht keineswegs nach Manga aus. Nicht umsonst galt Taniguchi als der Europäer unter den japanischen Zeichnern. „Unterm Strich ist ‘Ice Age’ ein ruppiger und ziemlich action-geladener Abenteuer-Comic“, sagt Comic-Händler Hedtkamp. Ursprünglich in den 80er Jahren erschienen, liegen die beiden Bände seit einiger Zeit nun auch auf Deutsch vor.

„Genosse Superman“ von Mark Millar

Was wäre, wenn Superman in der Sowjetunion groß geworden wäre? Diese Frage stellte sich der schottische Autor Mark Millar – unter anderem bekannt für die Comic-Vorlagen zu Filmen wie „Kick-Ass“ und „Kingsman“ – und beantwortete sie auch gleich in der Graphic Novel „Genosse Superman“ (Panini, 172 Seiten, Softcover, 16,99 Euro). Dort landet Superman mit seinem Raumschiff zu Beginn des Kalten Krieges in einem Kombinat in der Ukraine und wird von einfachen Bauern erzogen. Mit Hammer und Sichel auf der Brust statt einem „S“ entwickelt er sich zum roten Streiter für Stalin. Daneben gibt es ein Wiedersehen mit Helden wie Batman und Wonder Woman.

"Genosse Superman" ist eine provokante Saga von Starautor Mark Millar um einen alternativen Superman, dessen Raumschiff in der Sowjetunion der Stalinzeit landet. © Panini

„The Wake“ von Scott Snyder und Sean Murphy

In rauen Bildern erzählt „The Wake“ (Panini, 228 Seiten, Hardcover, 24,99 Euro) von Autor Scott Snyder und Zeichner Sean Murphy von der Meeresbiologin Lee Archer, die für ein geheimes Tiefseeprojekt der US-Regierung rekrutiert wird. Denn am Polarkreis stehen Wissenschaftler auf einer Unterwasser-Bohrinsel vor der unglaublichen Entdeckung einer neuen Spezies – die aber den Forschern nicht unbedingt freundlich gesinnt ist. „Das ist klasse gezeichnet und eine spannende Science-Fiction-Abenteuer-Geschichte mit überzeugenden Figuren“, findet Jörg Hedtkamp. Film-Fans werden sich bei der Lektüre des New-York-Times-Bestsellers von 2015 an Hollywood-Kracher wie James Camerons Unterwasserfilm „The Abyss“ erinnern.

Lässt Pferd Jolly Jumper stehen und sattelt aufs Fahrrad um: Cowboy-Held „Lucky Luke“ im neuen Abenteuer „Lucky Luke sattelt um“ des deutschen Zeichners Mawil.
Lässt Pferd Jolly Jumper stehen und sattelt aufs Fahrrad um: Cowboy-Held „Lucky Luke“ im neuen Abenteuer „Lucky Luke sattelt um“ des deutschen Zeichners Mawil. © LUcky Comics | mawil

„Lucky Luke sattelt um“ von Mawil

Der Berliner Comic-Zeichner Mawil hat im Mai eine Hommage an „Lucky Luke“ vorgelegt. In „Lucky Luke sattelt um“ (Egmont-Verlag, 64 Seiten, kartoniert, 7,99 Euro) tauscht der wohl berühmteste Cowboy der Comic-Geschichte Pferd gegen Fahrrad. Er muss einen neuartigen Drahtesel für dessen Erfinder quer durch die Prärie von der amerikanischen Ostküste zu einem Kongress ins ferne San Francisco bringen. Doch dem führenden Produzenten von Hochrädern gefällt das gar nicht. „Ein ganz aktuelles Thema, gerade in Zeiten der Verkehrswende“, meint Jörg Hedtkamp. „Die Geschichte steckt voller Witz, so fungieren beispielsweise Pferde, die überall in der Gegend rumstehen, als Metaphern für Autos – und die Story beruht auf einer wahren Begebenheit.“

„Clever und Smart – Die Asphalt Safari“ von Francisco Ibáñez

Zuletzt ein ganz persönlicher Tipp vom Comic-Händler: Die Reihe „Clever und Smart“ (Carlsen, ca. 50 Seiten, Softcover, 9,99 Euro je Band). Die tollpatschigen Geheimagenten, die in 1970ern auch in Deutschland extrem beliebt waren, sind in einer neu übersetzen und neu kolorierten Auflage zurück. „Die habe ich selbst vor Ewigkeiten im Urlaub in Österreich entdeckt“, erzählt Jörg Hedtkamp. Als albern, überspitzt, systemkritisch und subversiv gelten die Comics um das legendäre Agenten-Duo aus spanischer Feder, welches allerhand abgedrehte Abenteuer erlebt. Bislang sind elf Bände im Carlsen-Verlag erschienen. Das reicht für die restlichen Ferien und darüber hinaus.