Oberhausen. Die WAZ hat einen echten Weinkenner zur Glühweinprobe auf dem Oberhausener Weihnachtsmarkt am Centro überreden können. Für den Liebhaber eines guten Tropfens wurde der Test zu einer echten Qual für die Geschmacksnerven. Nur ein Ausschank konnte dem Gourmet ein leichtes Lob abringen.

Glühwein kommt ihm nicht in die Tasse. In diesem Punkt ist Hermann Frintrop resolut. „Ein Weinliebhaber trinkt so etwas nicht.” Eine Ausnahme macht der Gastronom und Weinkenner dann aber doch. Für die WAZ schlendert er über den Weihnachtsmarkt am Centro und testet die angebotenen Tropfen. Von der Cola-Oase aus kämpft er sich durch Menschenmassen und von einer Glühweintasse zur nächsten. Aber keine Angst, als echter Weinkenner hat er beim Test die Tassen nicht geleert sondern lediglich genippt.

Aprés-Ski statt Weihnachten

Los geht's direkt an der Cola-Oase am „Dampfkessel”. Die nachgebaute Almhütte will wohl eher Apres-Ski- als Weihnachtsstimmung erzeugen. Aus den Boxen dröhnt lautstark die Techno-Version von „Kalinka”. Als im Anschluss daran auch noch Mark Medlock seinen diesjährigen Sommerhit zum Besten geben will, gibt – dankenswerter Weise – der CD-Player seinen Geist auf. So kann Frintrop den Glühwein in Ruhe testen. Er schnuppert, schlürft und fällt ein Urteil: „Kein Getränk für meinen Geschmack.” Das ist keine Überraschung. „Es ist mir hier einfach zu stark gewürzt. Vor allem der Zimtgeschmack ist penetrant.”

Na ja, einige Buden liegen ja noch vor dem Tester, vielleicht klappt es ja, den Weinkenner zum Glühweinliebhaber zu machen. Bei Stand Nummer 125 zeigt der Daumen immerhin nicht sofort nach unten. „Hier schmeckt der Glühwein noch nach Wein, nicht nur nach verdünnter Gewürzbrühe.” Aus dem Mund von Hermann Frintrop ist das tatsächlich ein großes Lob. Darüber kann sich auch der nächste Stand in Höhe des Kinos freuen. Grundsätzlich sei es nämlich nicht unbedingt so, dass der Glühwein auch nach Wein schmecken muss.

Gewürze und Zucker sorgen für Geschmack

„Mit dem ursprünglichen Grundprodukt hat Glühwein nicht mehr viel zu tun”, weiß der Experte. Gewürze und vor allem Zucker gäben dem Glühwein den typischen Geschmack. Die wenigsten Händler würden den Wein tatsächlich selbst herstellen. „Auf den meisten Märkten kommt der Glühwein aus großen Zehn-Liter-Kanistern. Anders würde sich das nicht rechnen”, so Hermann Frintrop.

Dann scheint der nächste Stand ja eine löbliche Ausnahme zu sein. Verspricht ein Schild dort doch „Oma's Glühwein nach altem Hausrezept”. Allerdings fällt Großmutters Glühwein bei unserem Experten glatt durch: „Der hatte einen dumpfen, fast modrigen Nachgeschmack. Als wenn zuviel Dornfelder drin wäre”, mutmaßt Frintrop. Und so wandert der randvolle Becher zurück über die Theke.

Langweilig und labbrig

Auch die Angebote der Centro-Lokale „Don Carlos” und „Adiamo” – beide bieten auf der Promenade Glühwein an – finden keine Gnade vor den Augen des unbestechlichen Testers. Als „langweilig, labbrig und mit wenig Eigengeschmack” bezeichnet er den angebotenen Aufwärmer.

Bleiben die Schweizer, die neben Raclette an ihrem Stand auch Glühwein anbieten. Haben sie's erfunden oder sollte man doch lieber die Finger davon lassen. Glaubt man Hermann Frintrop, dann eher letzteres. Allein der verwendete Wein sei „beim besten Willen kein vernünftiges Grundprodukt”, urteilt der Experte.

Schmeckt ein bisschen nach Wein

Besser dagegen die alpinen Nachbarn aus Österreich. In der Moser-Alm begeistern Hermann Frintrop nicht nur die ausgefallenen Tassen im Fässchen-Design, auch der Inhalt stimmt ihn milde. „Schmeckt sogar ein bisschen nach Wein”, verteilt er auch hier sein höchstes Lob, bevor er sich doch lieber dem herzhaften Schinkenbrot, das hier auch angeboten wird, zuwendet. So ganz kann man einen Weintrinker eben nicht von der Heiß-Variante seines Lieblingsgetränks überzeugen.

Zucker separat

Auch in seinem Restaurant wird Hermann Frintrop hin und wieder nach Glühwein gefragt.

Dann serviert der Wirt folgendes: Als Grundlage für einen Becher dient ein offener Hauswein. Der wird mit einer Zimtstange, einer Zitronenscheibe und zwei bis drei Pfefferkörnern gewürzt und aufgewärmt. „Den Zucker servieren wir separat, sodass jeder nach Geschmack süßen kann.”

Das gelingt auch dem Glühweinwichtel nicht. Hier überzeugt zwar die Standoptik mit den großen blankgewienerten Kuperfkesseln, deren Inhalt fällt aber glatt durch: „Der riecht schon wässrig”, so Frintrops knappes Urteil.

Oberhausener haben Geschmack

Sein Fazit zum Schluss: Natürlich seien alle angebotenen Glühweine trinkbar, „nur ein Weinliebhaber legt andere Maßstäbe an und würde deshalb keinen Glühwein trinken”. Das sei ein Getränk gegen die Kälte „und wird vor allem in Gesellschaft getrunken. Dafür ist es gedacht”. Übrigens scheinen auch die Oberhausener Geschmack zu haben. Die Buden, die unser Experte lobt, sind auch am besten besucht.