Oberhausen. Im Gegensatz zu Bottrop, Bochum, Marl und Münster hält Oberhausen nichts davon, medienwirksam den Klimanotstand zu erklären.
Nach hitziger anderthalbstündiger Debatte im nicht-klimatisierten Ratssaal der Stadt Oberhausen hat sich die Mehrheit von SPD, CDU, FDP und BOB am frühen Montagabend dagegen ausgesprochen, für Oberhausen den Klimanotstand auszurufen.
Eine solche Resolution wollten die Grünen dem Rat abtrotzen, um zu zeigen, dass bei allen künftigen politischen Entscheidungen in Oberhausen die Eindämmung der Klimakrise höchste Priorität hat. Dazu sollte jedes Beschlusspapier für den Rat in Zukunft nicht nur die finanziellen Folgen aufführen, sondern auch die Vor- und Nachteile der Entscheidung fürs Klima.
„Oberhausener Bündnis für Klimaschutz“ statt Klimanotstand
Stattdessen legten die beiden großen Parteien im Rat, die SPD und CDU, eine eigene Resolution vor, die den Titel „Oberhausener Bündnis für Klimaschutz“ trägt und das Wort Notstand kein einziges Mal erwähnt. Denn sie werfen den Notstands-Befürwortern vor, mit einem falschen Begriff auf der Welle eines medialen Hypes zu reiten, um positive Schlagzeilen zu machen, ohne aber sich zu konkreten Handlungsoptionen zu verpflichten. „Handeln ist jetzt gefragt, keine symbolhaften Resolutionen“, sagt CDU-Fraktionschefin Simone-Tatjana Stehr während der Ratssitzung.
Und ihr Amtskollege von der SPD, Wolfgang Große Brömer, glaubt: „Wer so mit Begriffen umgeht, der will die Debatte emotionalisieren statt sie zu versachlichen. In Notstandszeiten werden Bürgerrechte für einen Ausnahmezustand eingeschränkt.“
Der erfahrene SPD-Politiker fühlt sich mit solchen Forderungen offenbar auch moralisch unter Druck gesetzt - und wehrt sich: „Man will doch damit nur Hitlisten erstellen, die einen Städte hätten Klimaschutz begriffen, die anderen nicht. Das dient der Sache überhaupt nicht.“ Auf der Zuschauertribüne hörten Oberhausener Vertreter von „Fridays for Future“ und „Parents for Future“ aufmerksam zu.
Für klimaschonende Alternativen
Linke, Bürgerliste und „Offen für Bürger“ (OfB) warben ebenso wie die Grünen dafür, bei allen künftigen Ratsentscheidungen den Einfluss aufs Klima zu berücksichtigen, um gegebenenfalls klimaschonende Alternativen zu entwickeln. „Es ist wichtig, dass wir endlich zur Tat kommen“, sagte Albert Karschti (OfB).
Linken-Ratsfrau Ingrid Diepenbrock fordert sehr konkret: „Wir brauchen keinen Ausbau der A3, der uns den Sterkrader Wald nimmt, denn wir brauchen die Luft zum Atmen.“ Andrea-Cora Walther (Bürgerliste) glaubt, dass „der Streit um Wort heute kein gutes Signal nach außen aussendet“.
FDP-Gruppenchef Hans-Otto Runkler erinnert sich beim Begriff „Notstand“ an die 60er Jahre, als junge Schüler und Studenten gegen die Grundrechte einschränkenden Notstandsgesetze auf die Straße gingen, die dem Staat in Krisenzeiten gegenüber seinen Bürgern mehr Macht gaben. Notstand sei ein negativ besetztes Wort. „Wir wollen aber keine Lippenbekenntnisse, sondern aufzeigen, was wirklich hier vor Ort zu machen ist.“
Ein reines Ablenkungsmanöver?
Die Grünen-Ratsherren Norbert Axt und Andreas Blanke stufen dagegen solche Auslegungen eines Begriffes als Ablenkungsmanöver ein. Sie werfen SPD und CDU vor, mit windelweichen Formulierungen die tiefgreifende Klimakrise nicht entschlossen genug anzugehen. „Klimanotstand, Klimakatastrophe – das ist Realität“, sagt Axt.
Und Blanke hält von einem Finanzierungsvorbehalt beim Thema Klimaschutz wenig, wie er in der Resolution von SPD und CDU steht: „Wer schreibt, nur die Städte mit belastbarer Finanzausstattung könnten auch in den Klimaschutz investieren, bereitet schon Ausreden vor, wenn man das nicht macht. Dabei müssen wir uns Klimaschutz leisten.“
Große Brömer wirft den Grünen an diesem Punkt Verlogenheit vor. „Klimaschutz gibt es nicht zum Nulltarif. Wir können doch nicht so tun, als könnten wir aus dem Vollen schöpfen und die Taktzeiten im Nahverkehr einfach mal so verbessern.“
Konkrete Klimavorschläge von SPD und CDU
SPD und CDU blieben allerdings nicht bei Kritik an Worten und medialer Hysterie stecken. In ihrer dann mit Mehrheit verabschiedeten Resolution gibt es nicht nur Auflistungen, was Oberhausen in den letzten Jahren alles für den Klimaschutz konkret beschlossen hat („60 Vorlagen findet man im Ratsinformationssystem“), sondern auch praktische Vorschläge, was die Stadt künftig wünschenswert machen sollte.
So soll der öffentliche Nahverkehr mit kürzeren Taktzeiten deutlich attraktiver werden; Familien und Jugendliche sollen möglichst preiswerte Angebote für Stoag-Busse erhalten.
Innovation City für ganz Oberhausen
Das erfolgreiche Bottroper „Innovation-City“-Projekt zur Senkung des Energieverbrauchs soll nach Osterfeld auf ganz Oberhausen ausgedehnt werden. Außerdem will man mehr Dächer in der Stadt begrünen oder mit Solarzellen ausstatten – mit Hilfe von Förderprogrammen.
Überdies soll das klimafreundliche Fernwärmenetz ausgebaut und größere Gebäude mit Blockheizkraftwerken ausgestattet werden. Und natürlich sollen alle Entscheidungen des Rates auf mögliche Klimaauswirkungen geprüft werden.
Grünen, Linken, „Offen für Bürger“ und Bürgerlisten-Ratsfrau Andrea-Cora Walther reichte das alles nicht – sie stimmten gegen die SPD-/CDU-Resolution.