Oberhausen. Wenn es nach der Resonanz auf das SPD-Familienfest geht, müsste die Partei gut dastehen. Aber viele Festbesucher vermissen „ihre“ alte SPD.

Sechs Wochen nach dem Desaster der SPD bei der Europawahl auch in Oberhausen konnte man am Sonntagnachmittag im Kaisergarten meinen, es sei wieder alles wie in besten Zeiten. Hunderte von Menschen kamen zum Familienfest der Partei. Die große Wiese war wieder mit zahllosen Ständen umsäumt. An der Stirnseite der Wiese stand diesmal die Bühne. Und auf ihr gab sich kein Geringerer als DSDS-Superstar Davin Herbrüggen mit einem Auftritt die Ehre.

Viel Jubel um den singenden Altenpfleger

Dicht gedrängt standen die Zuhörer vor der Bühne. Davin, der singende Altenpfleger, zog alle Register seines Könnens. „Everything I do“, stimmte der Borbecker an. Die Bässe dröhnten. Der Jubel der Fans war ihm sicher.

Tänzerinnen der Gruppe „Pearls“ machten beim SPD-Familienfest im Kaisergarten auf der Wiese ihre Übungen.
Tänzerinnen der Gruppe „Pearls“ machten beim SPD-Familienfest im Kaisergarten auf der Wiese ihre Übungen. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Ob sie wegen Davin oder der SPD gekommen sei, wollten wir von Sara (19) vom Tackenberg wissen. Sie war mit ihren Eltern gekommen. „Weder noch, sondern wegen der Bratwurst“, antwortete die junge Frau. Sie sei nicht politisch und Herbrüggen treffe leider nicht ihren Musikgeschmack: Rap und Hip-Hop. Auch Stefan Emmer (30) aus Bottrop war nicht wegen des DSDS-Gewinners gekommen, nahm seinen Auftritt aber gerne wahr. „Da sieht man mal den Superstar aus Oberhausen“, sagte er und freute sich über die gute Stimmung. „Noch kommt er ja offen und sympathisch rüber“, sagte Reinhard Schüssler, Borbecker wie Herbrüggen. „Als mir mein Nachbar erzählte, der Davin sei bei DSDS angenommen worden, musste ich mich erst mal erkundigen. Ich hatte solche TV-Sendungen noch nie gesehen“, räumte der Rentner ein.

Mit mehreren Hüpfburgen

Unterdessen hatten die Stände mit Bratwürstchen, Eis, Waffeln und Getränken alle Hände voll zu tun. Gleich mehrere Hüpfburgen waren gut belegt. Die Tanzgruppe „Pearls“ machte auf der Wiese für ihren Auftritt noch letzte Übungen. Auch die Jungsozialisten freuten sich über reges Interesse an ihrem Stand. „Wir haben mit Kindern Blumentöpfe bemalt“, berichtete Vorsitzender Gianni Virgallita. Nachdem die Blumen für 150 Töpfe ausgegangen waren, wurden mit den Kindern Jutetaschen bemalt.

Mit einer Zugabe verabschiedete Moderator und Stadtverordneter Manfred Flore Top-Bühnengast Davin Herbrüggen und dirigierte ihn zu einem SPD-Zelt seitlich vor der Bühne, wo die Fans sich bei ihm noch Autogramme abholen und Selfies machen lassen konnten. Unterdessen kümmerten sich Sanitäter am Rand der Wiese um eine ältere Frau, die einen Schwächeanfall erlitten hatte. Da flitzte auch schon Tanzmariechen Emma aus Eisenheim mit äußerster Gelenkigkeit über die Bühne. Und auf Emma folgte ein großer Chor mit seinem vielseitigen Auftritt.

„Auf die alten Tugenden besinnen“

Was die SPD tun muss, um so populär wie Davin Herbrüggen zu werden, fragten wir Michael Rummel aus Buschhausen. „Sie muss sich auf ihre alten Tugenden besinnen“, antwortete der 59-Jährige. Die Arbeiter seien früher bei der SPD gut aufgehoben gewesen. Aber nach der Europawahl habe sie schon wieder alles falsch gemacht, habe sich von den Staats- und Regierungschefs die neue EU-Kommissionspräsidentin vorschreiben lassen. „Man kann also bei der Europawahl wählen, wie man will, es zählt nichts“, ärgerte er sich. Es gehe nicht an, dass man dabei Spitzenkandidaten präsentiere, die dann nach der Wahl wieder in der Versenkung verschwinden würden.

Kritik an Bäderschließungen

Auch Mut beim Klettern war im Kaisergarten gefragt.
Auch Mut beim Klettern war im Kaisergarten gefragt. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

„Die SPD wird auch in Oberhausen so leicht nicht mehr hochkommen“, vermutete Renate Luft (77) aus Sterkrade. Sie kreidet der Partei vor allem eine falsche Familienpolitik an. „Mit den Schließungen der Freibäder am Stadion und im Alsbachtal hat doch alles angefangen“, sagte sie. An solchen Einrichtungen habe sich früher das Prestige der SPD festgemacht.

Auch gehe es nicht an, dass, wenn man schon viele Zuwandererkinder in die Schulen aufnehme, die einheimischen Kinder Nachteile dadurch hätten. Dann müssten eben kleinere Lerngruppen mit mehr Lehrern gebildet werden. Sie habe aber einen solchen Fall in der Familie. Außerdem müssten erst einmal die Straßen wieder in Ordnung kommen. Und in der Umgebung vom Hauptbahnhof, im Grillo-Park, könne man sich auch nicht mehr wohlfühlen. Offenbar habe die Polizei zu wenig Personal, um dort für Ordnung zu sorgen.