Oberhausen. Rotlicht-Milieu: Solwodi, die Oberhausener Fachberatungsstelle für Prostituierte, hat Frauen mit einfachen Mitteln aus der Flaßhofstraße geholt.
Raus aus dem Rotlicht-Milieu: Solwodi, die Oberhausener Fachberatungsstelle für Prostituierte, hat es möglich gemacht. Die Mitarbeiterinnen verhalfen mehreren Frauen zu einem selbstbewussten Alltagsleben außerhalb der Flaßhofstraße.
Eine schöne Erfolgsgeschichte, über die Solwodi-Leiterin Petra Jochheim jetzt im Gleichstellungsausschuss berichtete. „Uns war aufgefallen, dass sich die meisten Frauen nicht einmal zum Einkaufen aus der Rotlicht-Meile wagten“, erzählt Jochheim. Die Mitarbeiterinnen hakten nach und erfuhren: „Die Frauen kannten sich in Oberhausen überhaupt nicht aus.“ Sie hätten sich nicht einmal bis zur oberen Marktstraße getraut. „Außerdem sprachen sie nur wenig Deutsch und kannten die Buslinien nicht.“ Für das Team stand fest: „Das ändern wir.“
Die Frauen sollten lernen, ihren Alltag alleine zu bewältigen. „Sie sollten nicht auch noch ihre Freizeit in der Flaßhofstraße verbringen, sondern sich außerhalb Kontakte aufbauen“, meint Jochheim rückblickend auf die Anfänge im April 2018.
Zwölf Frauen machten mit
Zwölf Frauen machten bei dem rund neunmonatigen Projekt mit, elf davon stammen aus Rumänien, eine aus Italien. Einige davon hatten bereits Wohnungen außerhalb der Flaßhofstraße, trotzdem empfanden sie das Leben abseits des Milieus irgendwie als Bedrohung.
Gemeinsam ins Theater
„Wir luden sie also erst einmal zum Bummel durch Oberhausen ein“, sagt Jochheim. Gemeinsame Café-Besuche folgten. „Wir gingen zusammen ins Kino und ins Oberhausener Theater und zum ersten Mal atmeten die Frauen wieder so etwas wie Normalität.“ Ein großer Ansporn für alle. „Schließlich trafen wir uns auch zum Essen oder um uns im Rahmen der Fußball-Weltmeisterschaft auch mal ein Spiel anzusehen.“
Panikattacke, als die Straßenbahn nach Essen ausfällt
Welche Buslinien gibt es? Welche Züge und Straßenbahnen fahren in die Nachbarstädte? Auch das übten die Solwodi-Mitarbeiterinnen mit ihren Schützlingen. „Dann schickten wir sie alleine los“, erzählt Jochheim. Prompt verfiel eine der Frauen in Panik, als ihre S-Bahn nach Essen ausfiel. „Aber wir blieben telefonisch erreichbar und gaben Hilfestellung.“ Ergebnis: „Beim nächsten Ausfall war sie in der Lage, sich alleine nach dem Schienenersatzverkehr zu erkundigen.“
Für die Teilnehmerinnen sei das Leben reicher geworden, der Radius größer. „Wir halten nach wie vor den Kontakt, aber jetzt gehen die Frauen auch mal alleine ins Kino oder ins Café.“ Zwei Prostituierte hätten sogar ganz den Ausstieg aus dem Milieu geschafft. „Einer davon konnten wir eine Arbeitsstelle vermitteln.“ Die liege außerhalb Oberhausens. „Da fährt sie jetzt problemlos mit Bus und Bahn hin“, berichtet Jochheim. Die andere absolviere gerade einen Deutschkurs und habe einen Minijob.
Regina Boos (FDP) und Ulrich Lütte (BOB) sprachen aus, was wohl alle Ausschussmitglieder dachten: „Hier hat die Stadt mit 1000 Euro Förderung wirklich Geld für eine tolle Sache ausgegeben!“