Oberhausen. „Elisa und die Schwäne“ trifft genau den poetischen Ton von H. C. Andersen. Der letzte Beitrag im Westwind-Wettbewerb begeistert Groß und Klein.
„Cool“ sagt der Prinz mit dem runden Spitzenkragen. „Mega“ ist das Lieblingswort eines mittleren der sechs Brüder von Elisa. Doch eigentlich bleibt Regisseurin Catharina Fillers mit ihrer zauberhaften Inszenierung von „Elisa und die Schwäne“ dem poetischen Ton von Hans Christian Andersen überaus treu. Mit dem letzten der elf Wettbewerbs-Beiträge zum „Westwind“-Festival entzückte das Schlosstheater Moers wenige Stunden vor der Abschlussfeier am Freitag sein Publikum aus Erstklässlern, älteren Grundschülern und Erwachsenen.
Über den Turm aus einem Sammelsurium an Holzstühlen inmitten des Saal 2 darf man zunächst rätseln – er wird noch für erstaunliche Effekte sorgen. Doch der eigentliche Schatz dieser kleinen Kostbarkeit ist die große Spielfreude und Vielseitigkeit von Elisa Reining als Elisa (und in vielen weiteren Rollen) sowie Roman Mucha als Prinz (und in vielen weiteren Rollen).
Klaviermusik mit romantischem Anschlag
Die beiden „Neuen“ im Ensemble des kleinsten deutschen Stadttheaters treffen genau den richtigen Ton zwischen Verspieltheit, Humor und großer Märchenerzählung. Denn es ist überhaupt nicht nötig, die Erzählkunst H. C. Andersens für die Kinder „klein“ zu machen. Auch die Klaviermusik von Öğünç Kardelen mit ihrem schwer romantischen Anschlag passt vortrefflich zu diesem einstündigen Spiel – und sorgt zuverlässig für ein zusätzliches Knistern, wenn’s richtig spannend wird.
Genauso schlicht und zugleich wirkungsvoll sind die Bild-Ideen: So genügt ein schimmernder Gazeschleier, um zu zeigen, wie sich Elisas sechs Brüder in Schwäne verwandeln. „Was ist Schicksal?“ fragt das Mädchen im gelben Kleid mit den vielen bauschigen Tüllröcken ihren Vater. „Wenn man nichts machen kann.“
Ein komödiantischer Störenfried
Doch Elisa macht – obwohl ihre Aufgabe wohl nur in einem Märchenspiel zu lösen ist: Sechs Hemden soll sie aus Brennnesseln weben und den verwandelten Schwänen im Flug überwerfen, um so ihre Brüder zu erlösen. Und während dieser jahrelangen Arbeit muss sie auch noch schweigen, darf nicht einmal lachen.
Der Prinz mit seinem hoheitsvollen Kragen ist da zunächst ein komödiantischer Störenfried – dann eine große Ermutigung. Gemeinsam ziehen sie in den Baum – also den Turm aus Stühlen, balancieren hinreißend über den Stapel, hängen alle Utensilien des Spiels in die „Äste“ aus Lehnen und Stuhlbeinen.
Applaus, Jubel und viele Verbeugungen
Das Finale hat dann echte Cliffhanger oder vielmehr „Treehanger“- Qualitäten: Die Mutter des Prinzen lässt den Baum der vermeintlichen „Hexe“ Elisa anzünden – und im halbdunklen Raum ist die Dramatik von rotem Licht und Bühnenrauch beträchtlich. Die Schwäne fliegen vorbei, Lisa kann sie wieder in ihre Brüder verwandeln – die sie dann beim Sprung vom Baum auffangen. Vielleicht gebührt das größte „Mega“ nach lautem Applaus, Jubel und vielen Verbeugungen ja doch Roman Mucha: Wer kann schon ganz alleine sechs Brüder spielen?