Oberhausen. Trotz heftiger Klimaschutz-Diskussionen kommen praktische Lösungen irgendwie nicht richtig voran. Ein Beispiel: Die Bepflanzung von Dächern.
Ob Kindergärten, Schulen oder Bunker – 160 von 230 städtischen Gebäuden bewerten die Oberhausener Rathaus-Fachleute als gut geeignet, um deren Dächer mit Moosen, Kräutern und Gräsern zu bepflanzen. Mit rund drei Millionen Euro wäre die Bepflanzung zwar kein Schnäppchen, doch kurzfristig wären damit ökologische Vorteile, langfristig sogar ein wirtschaftliches Plus verbunden.
Denn das Dachgrün bindet jährlich 45 Millionen Liter Regenwasser und spart dadurch Niederschlags-Abwassergebühren, saugt 1200 Kilo Feinstaub aus der Luft und schluckt 120.000 Kilogramm des Klimaschadstoffs Kohlendioxid. Die optimistische Analyse des Oberhausener Umweltamtes aus dem Sommer 2018 verpuffte allerdings. Kein einziges begrüntes Dach konnte der Öffentlichkeit seither vorgestellt werden.
CDU will Lehr-Dach für alle Bürger
Deshalb unternimmt die CDU-Ratsfraktion einen neuen Anlauf – ihr bescheidener Wunsch: Nur eines der möglichen 160 städtischen Dächer soll erst einmal mit niedrig wachsenden Moos- und Grassorten als Pilotprojekt bepflanzt werden. Das soll vor allem dazu dienen, private Hauseigentümer zur Begrünung ihrer Dächer zu bewegen.
„Wir wissen ja, dass Schüler ein hohes Interesse daran haben, sich für den Klimaschutz zu engagieren. Deshalb wäre es uns am liebsten, wenn das Modellprojekt Dachbegrünung an einer Schule realisiert werden könnte“, meint CDU-Fraktionschefin Simone-Tatjana Stehr. Einzige Voraussetzung neben einer erfolgreichen Statikprüfung: „Das begrünte Dach soll interessierten Bürgern offen stehen, die sich über die Herstellung einer Dachbegrünung informieren wollen.“
Centro seit über 20 Jahren Vorreiter der Dachbegrünung
Seit 1996 ist das Centro Pionier begrünter Dächer. Die damalige Bauauflage der Stadt begeistert heute Centro-Manager Marcus Remark: Bei geringem Pflegeaufwand sorgen Moose, Gräser und Pflanzen auf 50.000 Quadratmetern für ein angenehmes Klima in Hitze-Perioden.
Allerdings hat Oberhausen mit begrünten Dächern auch negative Erfahrungen gemacht: Die Wiese auf dem Dach des 2008 erbauten Alt-Oberhausener Hallenbades sorgte am Ende für durchfeuchtete Decken – 100.000 Euro steckte die Stadttochter OGM in die Sanierung.
CDU-Umweltpolitiker Frank Bandel, Eigentümer des Sterkrader Gartenbauers Gala-Bau sieht dagegen keine Nachteile von begrünten Dächern. „Wenn man das richtig macht, hat man nur Vorteile. Das Dach hält normalerweise sogar viel länger als ohne Dachgrün und dämmt besser.“
Grün für Fassaden schneidet schlechter ab
Und was ist mit der Begrünung von Fassaden? „Sie ist im Vergleich zu Dächern meist aufwendiger und bringt weniger. Wir sollten zunächst die Dächer begrünen“, rät Bandel.
Wie entscheidend es sein kann, als Stadt für Privatleute ein Vorzeigeprojekt zu installieren, sieht man am Potenzial für die Innenstadt. Um in der City mehr fürs Mikroklima zu tun und Hitzeinseln im Sommer vorzubeugen, hat das Bottroper Büro Drecker im Auftrag der Oberhausener Stadtspitze ein Entwicklungskonzept für mehr Grün erarbeitet und festgestellt: Unter Berücksichtigung der Dachneigung eignen sich von den insgesamt 6448 Dachflächen in Alt-Oberhausen nahezu 53 Prozent (3390 Dächer) für eine Begrünung.