Oberhausen. Schon 2017 hätte der Umbau des ehemaligen Mädchengymnasiums in Eigentumswohnungen fertig sein sollen. Eine Käuferin erzählt ihre Geschichte.

Seit über einem Jahr tragen immer wieder Leser den Wunsch vor, über den Stand der Arbeiten beim Umbau des ehemaligen Lyzeums an der Elsa-Bränd­ström-Straße zu berichten. Aber zahllose Versuche der Redaktion, von der damit befassten Viersener Firma Tecto-Rent Auskunft zu bekommen, schlugen bisher fehl. Jetzt hat sich Ilona W. aus dem Bismarckviertel entschieden, ihre Geschichte zu erzählen. Sie hat zusammen mit ih­rem Mann dort gleich zwei der insgesamt 23 Eigentumswohnungen erworben.

Mieterin ist mit betroffen

Ihren vollen Namen möchte W. nicht in der Zeitung lesen. Zu peinlich ist ihr das Missgeschick mit den beiden Wohnungen. Denn in der Luft hängt mit ihr auch Brigitte Auler, ihre Mieterin. Die alte Dame, eine pensionierte Lehrerin, konnte den Auszug aus ihrer langjährigen Mietwohnung an der Wachstraße in Styrum zwar lange hinauszögern. Im Oktober 2018 ging das dann nicht mehr. Sie ließ ihre Möbel einlagern, zum Sonderpreis von 200 Euro im Monat. Seitdem wohnt sie direkt gegenüber vom Lyzeum, in einer kleinen möblierten Wohnung an der Freiherr-vom-Stein-Straße.

„Wir haben die beiden Eigentumswohnungen Ende 2016 erworben“, berichtet Ilona W.. Fertigstellungstermin sollte im September 2017 sein. Dabei erwarben die Eheleute von der Delou-Beteiligungsgesellschaft in Greven/Münsterland die Wohnungen im Rohzustand und beauftragten, wie W. berichtet, im gleichen Vertrag Tecto-Rent mit deren Umbau. „Es wurde einfach nicht fertig. Im ersten Jahr haben immer nur fünf bis sechs Leute in dem Gebäude gearbeitet“, erinnert sie sich.

Keine regelmäßigen Nachweise über den Baufortschritt

Seit September 2017, dem geplanten Fertigstellungstermin, seien Bereitstellungszinsen für die beiden Hypotheken fällig gewesen in Höhe von monatlich 1500 Eu­ro. Damit lassen sich die Banken dafür entschädigen, dass sie das Geld nicht anderweitig verleihen können. Die Eheleute W. nutzten die gegenwärtigen Niedrigzinsen. Beide Wohnungen sind zu 100 Prozent finanziert.

„Außerdem drohte unser Darlehen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zu platzen“, berichtet die Bürobeschäftigte. Die KfW verlange regelmäßige Nachweise über den Baufortschritt. „Die wurden uns einfach nicht zur Verfügung gestellt“, sagt sie. Irgendwie sei es aber doch gelungen, die KfW zu überzeugen, dass an dem Objekt, wenn auch langsam, weiter gearbeitet werde.

„Wir mussten das Geld bei Tecto-Rent pfänden lassen“

Vier Monate lang, bis Ende 2017, habe Tecto-Rent die entgangenen Mieteinnahmen auch übernommen, fährt W. fort. Danach nicht mehr. Für das erste Halbjahr 2018 hätten die Eheleute das gerichtlich einklagen müssen. „Die Firma hat auf die Klage überhaupt nicht reagiert“, erzählt die Käuferin. Sie habe sich in dem Verfahren auch anwaltlich nicht vertreten lassen. Den Prozess hätten die Eheleute gewonnen. „Aber wir mussten das Geld bei Tecto-Rent pfänden lassen“, sagt Ilona W.. Zur Zeit laufe die Klage über die Entschädigung für das zweite Halbjahr 2018. Diesmal, so W., sei das Unternehmen anwaltlich vertreten.

Zwischenzeitlich seien natürlich auch andere Wohnungskäufer ungeduldig geworden. Zehn Käufer haben mittlerweile untereinander Kontakt. Für diese Kontaktaufnahme hätten sie vom gesetzlich vorgeschriebenen Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft keine Hilfe bekommen, sagt W.. Es handele sich um einen Beschäftigten der Tecto-Rent. Er habe die Liste der Käufer einfach nicht herausgerückt.

Der dritte Generalunternehmer

Zehn Eigentümer haben aber mittlerweile einen Sachverständigen damit beauftragt, erste grobe bauliche Mängel an den Wohnungen festzuhalten, sagt Ilona W.. Sie rechnet mit weiteren Auseinandersetzungen. „Eine koordinierte Bauausführung war nicht zu erkennen. Sie haben zur Zeit den dritten Generalunternehmer“, sagt sie.

Immerhin kann sie sich glücklich schätzen, dass Brigitte Auler ihr die Stange hält. Sie verzichtet sogar darauf, ihrerseits von den Ws Entschädigung zu fordern. Eine Mieterin für die zweite Wohnung ist den Eheleuten nach sechs Monaten abgesprungen. Angesichts des ungewissen Baufortschritts macht es vorerst keinen Sinn, nach neuen Mietinteressenten zu suchen.

31. August soll der Fertigstellungstermin sein

Fast drei Wochen nach der Anfrage der Redaktion nahm Werner Horst am Freitag für Tecto-Rent Stellung zur Situation beim alten Lyzeum.

„Wir wollen Ausgleich zahlen, haben auch schon gezahlt“, sagt er. Grundsätzlich müsse die Höhe einer Zahlung erst einmal festgestellt werden. „Man kann uns ja nicht für Ausfallzeiten in Anspruch nehmen, die wir nicht zu vertreten haben, für Vandalismusschäden etwa.“ Da sei Feuer gelegt worden, habe es Einbrüche gegeben. Daher einige Verzögerungen. Horst dementiert nicht, dass die Ws klagen und pfänden ließen.

Bei der Nicht-Herausgabe von Kontaktdaten anderer Käufer beruft er sich auf den Datenschutz. „Wir geben keine Daten von Erwerbern heraus“, so Horst. Es werde gerne vergessen, dass das Eigentum an einer Wohnung erst mit deren vollständiger Bezahlung eintrete. Für Bescheinigungen für die KfW sei der Energie-Sachverständige zuständig, nicht Tecto-Rent. Er erstelle einen Abschlussbericht. „Bautenstände teilen wir den Erwerbern auf Anfrage mit, wenn das benötigt wird“, sagt er.

In der Tat sei der dritte Generalunternehmer am Werk. Der erste sei in Insolvenz gegangen, mit dem zweiten sei man nicht zufrieden gewesen. Der dritte, laut Horst ein renommiertes Unternehmen aus Essen, habe sich verpflichtet, das Objekt bis 31. August fertigzustellen.