Oberhausen. Syrer gründen Initiative die „Gib etwas zurück“. Man hilft anderen Geflüchteten und dankt mit einem gemeinsamen Fastenbrechen für die neue Heimat.

Wenn die Morgenröte dämmert, ist es vorbei. Kein Bissen darf nun gegessen, kein Schluck Wasser getrunken werden, bis die Sonne erneut am Horizont versinkt. Fasten im Ramadan ist für viele Oberhausener Teil ihrer Kultur – und das gemeinsame Fastenbrechen außerdem ein Fest, mit dem Freunde und Familie sich erkennen und gegenseitig danken.

Die Initiative „Gib etwas zurück“ (kurz: Gez) will genau das: der neuen Heimat Oberhausen danken und näherkommen. Denn ihre Gründer sind Geflüchtete aus Syrien, die froh sind, dem Krieg entkommen zu sein. Weil Gastfreundschaft zudem im arabischen Raum stets großgeschrieben wird, will Mitgründer Feras Karah Mohamad nimmermüde Hilfe anbieten, wo er nur kann.

„Wir wollen das, was wir gelernt haben nutzen, um neuen Geflüchteten bei der Ankunft zu helfen und uns mit Aktionen in der Gemeinschaft engagieren“, erklärt der 33-Jährige. Er und seine Mitstreiter begrüßen am Samstagabend rund 100 Gäste in der Ackerfeldstraße in Sterkrade. Ab Punkt 21.30 Uhr wird gemeinsam geschlemmt und geplaudert; über Gott und die Welt.

Am reich gedeckten Buffet zum Fastenbrechen kommen Geflüchtete und Einheimische ins Gespräch.
Am reich gedeckten Buffet zum Fastenbrechen kommen Geflüchtete und Einheimische ins Gespräch. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Fünf Familien kochen an diesem Abend für 100 Gäste, alles ist halal (arabisch: zulässig). Der Aufwand ist für deutsche Verhältnisse also groß, doch für Syrer ganz normal, erklärt Mohamad. Der 20-Jährige und seine Freunde Anas (19), Mohammed (17) und Taher (15) begrüßen jeden Gast höflich, sind zum festlichen Anlass schick gekleidet. „Wir helfen gern, uns wurde auch geholfen“, betont er und trägt deftig duftende Kibbeh (Klöße, die aus Bulgur bestehen, mit Hackfleisch und Zwiebeln gefüllt), frischen Taboulé (Bulgursalat) und Maruuk (Dattelbrot) in den Saal.

Deutsche lernen hier Arabisch

Sabine (61) und Holger (64) Nalezinski waren vorher noch nie beim Fastenbrechen. Ein wenig schüchtern seien sie, gibt sie zu. „Wir wissen ja nichts von den Gepflogenheiten und was man darf und nicht darf.“ Die Berührungsängste sind daher fast greifbar im kleinen Saal der türkisch-deutschen Gemeinde. Dazu komme, dass in den Medien oft negative Bilder zu sehen seien, sagt ihr Mann. Er selbst habe bis zur Rente unter Tage einige türkische Kumpel gehabt. „Doch die Kultur habe ich damals nicht kennengelernt – und deshalb sind wir heute hier.“

Der Sportlehrer schraubt als KFZ-Mechatroniker

Um aus einem „die“ und „wir“ ein großes „Wir“ zu bauen, ist ein Festessen nur ein erster Schritt, weiß Feras Karah Mohamad. Klagen ist dennoch nicht sein Ding – dabei hätte er Grund dazu: Weil dem gelernten Sportlehrer hier die Anerkennung versagt wird, darf er nicht an Reck und Barren unterrichten. Dessen ungeachtet sei er froh, als KFZ-Mechatroniker in Bottrop zu schrauben und so seine Familie zu versorgen.

Der Gründer von „Gez“ freut sich, dass viele Einheimische am Tisch sitzen, die oft Verbänden wie der Caritas angehören. „Wir haben derzeit drei Deutsche, die bei uns Arabisch lernen“, sagt er stolz. „Das ist super, trotzdem suchen wir mehr Ideen, wo wir helfen und uns einbringen können, um der Gemeinde was zurückzugeben.“