Oberhausen. Schwere Vorwürfe gegen eine engagierte Oberhausener Ratsfrau (Bürgerliste): Sie soll private Kosten zu Lasten der Stadt abgerechnet haben.

Ob Klimaschutz, der Kampf gegen Rassismus, die Härten des Oberhausener Sparpakets, die Situation der Schulen oder der Einsatz für die Armen – Andrea-Cora Walther ist seit der Kommunalwahl 2014 eine engagierte Ratsfrau, die damals über die Bürgerbündnis-Liste BOB gewählt wurde und in vielen öffentlichen Bereichen unterwegs ist.

Doch jetzt hat die Oberhausener Rathaus-Führung die Steuerberaterin bei rechtswidrigen Abrechnungen mit der Stadtkasse ertappt: Seit 2016 hat sich die bekennende Trotzkistin private Fahrten ihrer damals 13-jährigen Tochter zum Fußballtraining nach Essen-Schönebeck aus Steuergeldern bezahlen lassen – wöchentlich mehrmals.

Quasi als privaten Taxifahrer

Dafür hat Walther nach ihrer Trennung von BOB und Gründung der neuen Bürgerliste sogar einen eigenen Mitarbeiter auf Kosten der neuen zweiköpfigen Gruppe eingestellt – quasi als privaten Taxifahrer für einen Stundenlohn von 15 Euro netto auf 450-Euro-Basis. Walther wurde damals als Leiterin der Bürgerlisten-Gruppe gewählt, zu der im Rat als Mandatsträger nur noch Albert Karschti gehörte.

Andrea-Cora Walther erklärt den Demonstranten ihre Kritik an dem Beteiligungsprozess der Bürger zur Bebauung des John-Lennon-Platzes. Foto:
Andrea-Cora Walther erklärt den Demonstranten ihre Kritik an dem Beteiligungsprozess der Bürger zur Bebauung des John-Lennon-Platzes. Foto: © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Walther räumt den Vorgang komplett ein, zeigt aber im Gespräch keine Reue. „Die gesamte Gruppe hat damals entschieden, dass diese Fahrten von ihr bezahlt werden. Das halte ich nur für gerecht und für selbstverständlich, da ich als Gruppenvorsitzende viele Termine wahrnehmen muss.“ In dieser Zeit habe sie ihre Tochter nicht zum Training fahren können. „Ich hätte mich nie als Vorsitzende wählen lassen, wenn diese Fahrten nicht übernommen worden wären. Ich will nicht, dass meine Tochter unter meiner politischen Arbeit leidet.“

Keinen Aufschlag zusätzlich zum Ratsmandat

Im Gegensatz zu den Vorsitzenden der Fraktionen erhält die Leitung einer kleinen Gruppe außer der normalen Entschädigung fürs Ratsmandat in Höhe von 400 Euro brutto im Monat tatsächlich keinen Aufschlag. Einer Ratsgruppe stehen in Oberhausen allerdings gut 1600 Euro an Sachkosten und über 8700 Euro an Personalkosten monatlich zur Verfügung.

Die Stadt hat aber klar gestellt, dass auch Kinderbetreuungskosten wegen Terminverpflichtungen rein privat veranlasste Kosten sind, die nichts mit der Geschäftsführung einer Ratsgruppe/-fraktion zu tun haben. Nun muss Walther über 12.000 Euro an die Stadtkasse zurückzahlen.

2015 saßen Andrea Cora Walther und Albert Karschti als Vertreter der neu gegründeten Bürgerliste noch nah beieinander im Ratssaal. Sie bildeten eine Gruppe – nach der Trennung der 2014 mit fünf Politikern in den Rat eingezogenen Wählermeinschaft „Bündnis Oberhausener Bürger“ Foto:
2015 saßen Andrea Cora Walther und Albert Karschti als Vertreter der neu gegründeten Bürgerliste noch nah beieinander im Ratssaal. Sie bildeten eine Gruppe – nach der Trennung der 2014 mit fünf Politikern in den Rat eingezogenen Wählermeinschaft „Bündnis Oberhausener Bürger“ Foto: © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Walther ist mittlerweile Einzel-Ratsfrau der Bürgerliste, Karschti hat nach heftigem Streit mit ihr 2018 wieder eine neue Gruppe mit Ratsherr Werner Nowak gegründet. Pikant: Walther hätte nicht nur als Steuerberaterin wissen müssen, dass Betreuungskosten nicht aus Steuergeldern finanziert werden können, sondern ihr wurde dies schriftlich bereits 2014 als damalige BOB-Ratsfrau in einer Mail von der Stadtkanzlei mitgeteilt, als sie danach offiziell fragte. „Damals war ich ja nur Ratsfrau, bei einer Gruppenvorsitzenden mit anderen Aufgaben liegt ja der Fall anders“, meint Walther heute.

Sind Frauen in der Politik benachteiligt?

Niederlegen will Walther ihr Mandat nach ihrem Abrechnungsfehler nicht. Sie stellt sich in einer schriftlichen Stellungnahme als Opfer dar – und sieht Frauen klar benachteiligt: „Frauen in Führungspositionen muss man sich halt leisten können. Amt nur dem, der sich die Ehre leisten kann und keinerlei private Verpflichtungen hat.“ Der jahrelange Trainingsmarathon von Walthers Tochter hatte übrigens Erfolg: Die 16-Jährige ist heute U17-Bundesliga-Spielerin und steht kurz vor der Meisterschaft.