Oberhausen.. Hannover hat jetzt Bürger*innen. Oberhausen braucht dies nicht. Seit Ende der 80er achtet die Stadt auf die geschlechtergerechte Sprache.

Aus „Rednerpult“ wird „Redepult“, die „Teilnehmerliste“ wird zur „Teilnahmeliste“, in anderen Fällen muss ein Sternchen her: So wird aus „der Bürger/die Bürgerin“, „der*die“ Bürger*in“. Als erste Stadt in Deutschland hat Hannover das Gendersternchen eingeführt. Damit will die Stadt eine geschlechtergerechte Sprache in der Verwaltung umsetzen: in Anschreiben, E-Mails, Broschüren oder Stellenausschreibungen.

Was in Hannover und über die Stadtgrenzen hinaus für viel Aufregung gesorgt hat, sieht man in Oberhausen gelassen. „Für uns ist das kein Thema“, sagt Gleichstellungsbeauftragte Britta Costecki. Mit Gründung der Gleichstellungsstelle im Jahr 1986 habe man sich von Anfang an auch einer gendergerechten Sprache in Politik und Verwaltung verschrieben. „Oberhausen gehörte zu den ersten Städten in NRW, die sich um Gleichstellung und Frauenförderung gekümmert haben“, sagt Britta Costecki. „Es gab damals schon einen Leitfaden, der Empfehlungen zur Sprache in Schrift und Wort gegeben hat.“ Noch heute gehe die Stadt mit gutem Beispiel voran. „Auf allen Ebenen bis hin zur Stadtspitze wird auf eine Gleichbehandlung der Geschlechter geachtet“, meint Costecki. „Es gibt keine Intention, hier neue Regelungen einzuführen.“

„Drittes Geschlecht“ eingeführt

Gleichstellungsbeauftragte Britta Costecki.
Gleichstellungsbeauftragte Britta Costecki. © Unbekannt | FUNKE Foto Services

In Sachen Geschlechtergerechtigkeit ist in Deutschland einiges in Bewegung: Seit dem 1. Januar gibt es neben „männlich“ und „weiblich“, nun auch die Geschlechtskategorie „divers“. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Herbst 2017 darüber entschieden, einen „weiteren, positiven Geschlechtseintrag“ zu schaffen. Seither können Intersexuelle, also Menschen die aufgrund von biologischen Merkmalen (Hormone, Chromosomen, Geschlechtsorgane) nicht eindeutig dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zuzuordnen sind, „divers“ im Geburtenregister eintragen lassen. Nach Angaben der Stadt Oberhausen hat bislang aber noch niemand von der neuen Regelung gebraucht gemacht.

Die Änderung des Personenstandsgesetzes hat allerdings auch zur Folge, dass Stellenausschreibungen seitens Kommunen oder privater Arbeitgeber das „dritte Geschlecht“ explizit aufführen müssen. Heißt konkret, dass Firmen jetzt beispielsweise einen „Kaufmännischen Mitarbeiter (m/w/d)“ suchen (müssen). Klickt man durch die einschlägigen Jobportale im Internet, finden sich genauso variantenreich „Projektmanager*innen“, oder auch ganz international: der „Research Assistant (male/female/diverse)“.

Firmen sehen Regelungen gelassen

Wolfgang Schmitz, Geschäftsführer vom Unternehmerverband, hat zu Beginn des Jahres diesbezüglich einige Anfragen verunsicherter Firmen bekommen. „Die Firmen gehen aber recht gelassen mit dem Thema um. Die neuen Regelungen haben sich mittlerweile eingebürgert.“ Beratungsbedarf habe es bislang daher eher wenig gegeben. „Manch einer mag über die neuen Regelungen schmunzeln“, sagt Schmitz, das neue Gesetz hätte aber seine Berechtigung. Schließlich gehe es um den Schutz von Minderheiten. Noch sei aber nicht abzusehen, welche Konsequenzen sich daraus beispielsweise für die Zusammensetzung der Betriebsräte ergeben, so Schmitz.

Muss es mit der Einführung des „dritten Geschlechts“ nun auch eine weitere Toilette geben? „Wir würden nie die Empfehlung rausgeben, dass man grundsätzlich jetzt eine dritte Toilette einrichten sollte“, sagt Britta Costecki. In einem Fall habe sie aber dazu geraten, eine Behindertentoilette zu einer Divers-Toilette umzufunktionieren. „Grundsätzlich sind hier pragmatische Lösungen gefragt“, so Costecki. In anderen Ländern hat sich die Unisex-Toilette längst durchgesetzt.

Für „Divers“ braucht es eine ärztliche Bescheinigung

Besteht der Wunsch, „divers“ als Geschlecht im Geburtenregister eintragen zu lassen, muss sich die betreffende Person ans Standesamt wenden.

Vorgelegt werden müssen hierbei der Personalausweis, die Geburtsurkunde und eine ärztliche Bescheinigung, die nachweist, dass eine Variante der Geschlechtsentwicklung vorliegt.

Transsexuelle Menschen, also jene, die eindeutige Geschlechtsmerkmale haben, sich aber nicht ihrem Geschlecht zugehörig fühlen, sind damit explizit von der Regelung ausgenommen.

Trans- und Inter-Aktivisten kritisierten die medizinische Beweispflicht schon im Gesetzesentwurf und sprachen sich gegen eine Gutachtenpflicht aus.