ObeRHAUSEN. . Nicht nur in Karnevalszeiten muss man aufpassen: Alkohol schädigt die Entwicklung von jungen Leuten. Die Oberhausener Komasäufer-Zahlen täuschen.

Alkohol trinken bis der Arzt kommt - und das im wahrsten Sinne des Wortes. In der Klinik für Kinder und Jugendliche am St. Clemens-Hospital wurden 2018 insgesamt 14 Jugendliche nach übermäßigem Alkoholkonsum – dem sogenannten Komasaufen – behandelt.

„Der Schweregrad, vor allem der gleichzeitige Missbrauch von anderen Drogen, ist tendenziell angestiegen“, berichtet Dr. Van Hop Ta, Chefarzt der Klinik für Kinder und Jugendliche am St. Clemens-Hospital, obwohl die Zahl der stationär aufgenommen „Komasäufer“ leicht rückläufig sei.

„Wir sehen hier nur die Spitze des Eisbergs“

Von den Zahlen alleine darf man sich nach Auffassung der Fachleute allerdings nicht täuschen lassen. Denn nach Auffassung von Dr. Ta gilt in der Praxis: „Wir sehen hier nur die Spitze des Eisberges. Viele Jugendliche, die übermäßig Alkohol konsumiert haben, bleiben nach einer Feier bei Freunden oder zu Hause und erholen sich dort.“

Dr. Ta warnt: „Übermäßiger Alkoholkonsum kann sich gerade bei jungen Menschen negativ auf die körperliche und geistige Entwicklung auswirken. Wir haben in der Klinik schon Schüler mit gefährlich hohen Leberwerten behandelt.“

Projekte gegen zu viel Alkoholkonsum sollen aufklären

Insgesamt sind in Oberhausen nach den Daten der Krankenkassen und Beratungsstellen die Zahlen der Jugendlichen, die als Komasäufer bezeichnet werden, tatsächlich leicht gesunken.

Die DAK registrierte 2016 für Oberhausen insgesamt 34 junge Menschen zwischen zehn und 19 Jahren (22 männliche, 12 weibliche Jugendliche), die nach Komasaufen medizinisch behandelt werden mussten. 2017 waren es immerhin noch 31 (17 männliche, 14 weibliche Jugendliche).

Die AOK Rheinland/Hamburg will Kinder und Jugendliche frühzeitig über Risiken und Gefahren von Alkohol aufklären. „Wir unterstützen mit ,Power statt Promille‘ alkoholpräventive Maßnahmen in den Klassen 7 bis 10“, sagt eine AOK-Sprecherin. 2018 zählte die Allgemeine Ortskrankenkasse in Oberhausen 22 Kinder und Jugendliche (zehn bis 21 Jahre), die stationär mit einer Alkoholvergiftung oder nach einem Rausch behandelt werden mussten.

Oberhausener Jugendliche landen seltener in Klinik

Die Sprecherin macht aber klar: „Aufgrund der kleinen Fallmenge und der Tatsache, dass uns nur die Daten unserer Versicherten vorliegen, sind die Zahlen nicht repräsentativ. Ein Vergleich aus Oberhausen mit allen Versicherten der AOK Rheinland/Hamburg zeigt jedoch, dass Kinder und Jugendliche in Oberhausen in den vergangenen Jahren seltener aufgrund einer Alkoholvergiftung stationär im Krankenhaus behandelt werden mussten als durchschnittlich im Versorgungsgebiet.“

Keine Statistik führt die Polizei zum Thema „Komasaufen“. Einsätze in diesem Zusammenhang laufen häufig unter der Überschrift „hilflose Person“, „Randalierer“ oder „Ruhestörung“. „In der kriminalpolizeilichen Suchtprävention an Schulen wird Alkohol als ,legale Droge’ und die Folgen übermäßigen Konsums angesprochen“, sagt Maik Podlech, Leiter der Polizeipressestelle.

Vorträge von Alkoholikern in den Schulen

Während der Suchtpräventionswochen der Drogenberatungsstelle halten die Anonymen Alkoholiker Vorträge an Schulen. Und die Verkehrsicherheitsberater der Polizei greifen das Thema Alkohol im Zuge des Projektes „Crash Kurs NRW“ auf, das sich an Fahranfänger und jungen Fahrer richtet.

Zudem beteiligt sich die Polizei an Jugendschutzkontrollen mit dem Ordnungs- und Jugendamt. Hier wird auch die verbotene Abgabe von Alkohol- und Tabakwaren an Kinder und Jugendliche verfolgt. Podlech: „Zumeist wird heutzutage ,vorgeglüht’.“ Alkoholkonsum bis zur Besinnungslosigkeit sei dabei aber in der Regel nicht das Ziel der jungen Leute.

>>>INFO: Fünf Gläser Alkohol gleich Komasaufen

Das Angebot „Power statt Promille“ der AOK umfasst alkoholpräventive Maßnahmen in den Klassenstufen 7 bis 10. Rauschtrinken oder Komasaufen bezeichnet eine Form des Alkoholmissbrauchs, bei dem sehr viel Alkohol in kurzer Zeit getrunken wird, um einen veränderten Bewusstseinszustand herbeizuführen. Man redet von Komasaufen, wenn mindestens fünf Gläser Alkohol konsumiert werden. Seit 2004 gibt es eine weitere Definition von Rauschtrinken im Sinne von „Konsum jener Menge Alkohol, die eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,8 Promille bewirkt“.