Oberhausen. . Diese Gebäude geben der Innenstadt ein Gesicht: Hauptbahnhof, Rathaus, Bert-Brecht-Haus. Eine Entdeckungstour zu architektonischen Schätzen.
Der Rundgang mit Gästeführer Ingo Dämgen zu markanten Gebäuden im Stil des Backstein-Expressionismus beginnt am Hauptbahnhof. Das Empfangsgebäude am Willy-Brandt-Platz, zwischen 1929 und 1934 gebaut, sei damals das Eingangstor zu Oberhausen gewesen, ein gleichermaßen wuchtiger wie sachlicher, mit Klinker verkleideter Gebäudekomplex mit streng rechteckigen Formen. „Man war damals, nach dem Ersten Weltkrieg, auf der Suche nach einem neuen Baustil“, erklärt Dämgen. Weder der verspielte Jugendstil der Jahrhundertwende sollte es sein noch der verträumte Impressionismus und schon gar nicht alte, schwerfällige Bauformen der Gründerzeit, für die noch die 1915 eröffnete Hauptpost steht.
Fleckige Fassade ist so gewollt
Als Klassische Moderne wird der Stil des Bahnhofsgebäudes bezeichnet. Die Planung stammt von dem Architekten und Bahnbeamten Karl Herrmann. Typisch für sie sind die hochkantigen Formen der Fassadengestaltung. Wenn die Ziegelfassade heute fleckig erscheint, sind das laut Ingo Dämgen bewusst angestrebte Effekte durch vereinzelt eingesetzte dunklere Klinkersteine.
Die bekannteste Architekturrichtung der damaligen Zeit, der Bauhausstil, äußere sich, so Dämgen, weniger im Bahnhof als in seinem Gegenüber, dem etwa gleichzeitig entstandenen früheren Hotel „Ruhrland“ mit seiner ursprünglich offenen, abgerundeten Dachterrasse und den großzügigen Fensterflächen. Sie markieren den Übergang zu der sich anschließenden innerstädtischen Parklandschaft aus Berliner-, Königshütter- und Grillo-Park. Den gleichen Stil wie beim Hotel „Ruhrland“ findet man übrigens am alten Arbeitsamt an der Danziger Straße, wenngleich dort mit einer Ziegelstein-Fassade, in die vereinzelt Schlackesteine eingelassen sind.
Griechischer Gott ziert die Rathaus-Fassade
Über den Grillopark erhebt sich monumental das 1930 fertiggestellte Rathaus. Architekt war hier der Stadtbaumeister Ludwig Freitag. Zwar ist auch sein Stil sachlich gehalten. Ingo Dämgen weist dennoch auf gestalterische Elemente hin, die am Hauptbahnhof fehlen: ein Band aus wuchtigem Muschelkalkstein links, zur Schwartzstraße hin, Arkaden vor dem Haupteingang oder aus der Fassade herausragende Ornamente, schließlich die beiden Skulpturen von Hephaistos, dem griechischen Gott des Feuers, und von Mercurius, dem römischen Gott der Händler beiderseits vom Ratssaal.
Die gezackten Oberkanten der Flachdächer findet man beim Polizeipräsidium am Friedensplatz wieder, das noch vor dem Rathaus entstand, von 1925 bis 1928, und ebenfalls über eine reich verzierte Fassade verfügt. Sie verrät ebenfalls die Handschrift von Freitag. Ganz anders die genau gegenüber 1923 errichtete Filiale der Reichsbank mit den über den Geschäftsräumen liegenden Beamtenwohnungen. Ihre Architekten waren Philipp Nitze und Otto Haupt. Die Besuchergruppe zeigt sich erstaunt, dass in die arkadenförmig gestalteten Fenster im Erdgeschoss teilweise rechteckige Kunststofffenster eingesetzt wurden.
Auf äußere Wirkung bedacht
Auf äußere Wirkung bedacht war man dagegen wieder beim heutigen Bert-Brecht-Haus mit seiner hochkantigen Fassadengliederung. Es entstand zur gleichen Zeit, in den besten Jahren der Weimarer Republik, am heutigen Saporishjaplatz. Architekt war Otto Scheib aus Köln, der es dem etwas älteren Chile-Haus in Hamburg nachempfand und spitz zur Langemarkstraße hin ausrichtete.
Ingo Dämgen erinnert an die wechselvolle Geschichte des Gebäudes der katholischen Zeitung „Ruhrwacht“ und des früheren Kaufhauses Tietz, dessen jüdische Besitzer 1933 enteignet wurden. Nach dem Neubau des Kaufhofs drohte es zu verfallen, ehe es 1966 unter Denkmalschutz kam und ab 1978 von der Stadt als Kulturzentrum hergerichtet wurde.