OBERHAUSEN. In Oberhausen filmten Romy Schneider und Michel Piccoli erstmals gemeinsam. Ihr Film geriet fast in Vergessenheit – nun wird er im Kino gezeigt.

Darf man diesen Film eine Wiederentdeckung nennen – 1966 ist schließlich schon mehr als ein halbes Jahrhundert her? Zumindest unter älteren Borbeckern dürften die Dreharbeiten für „Schornstein Nr. 4“ immer mal wieder für Gesprächsstoff gesorgt haben (mehr auf den Panoramaseiten 4 und 5 dieser Ausgabe). Doch, ein Film mit dem genialen Gespann Romy Schneider und Michel Piccoli ist immer eine Wiederentdeckung wert – auch wenn dieses Werk 1966 weder ein Zuschauer-, noch ein Kritiker-Erfolg war.

Industrieanlagen als Filmkulisse

Erstmals wird der zu großen Teilen – und vor allem mit seinem dramatischen Finale – in Oberhausen gedrehte Film von Jean Chapot ab Mitte April in einer deutschsprachigen Fassung als DVD (Verleih Fernsehjuwelen GmbH) erhältlich sein. Und in einem gemeinsamen Termin von Lichtburg, Kurzfilmtagen, Stadtarchiv und WAZ-Redaktion gibt’s „Schornstein Nr. 4“ nach fast 53 Jahren wieder auf der großen Leinwand – und zwar in einer Sonntags-Matinee am 19. Mai um 12 Uhr in der Lichtburg.

Die Industrieanlagen der Hüttenwerke Oberhausen (Hoag) stehen im Mittelpunkt des dramatischen Finales von „Schornstein Nr. 4“.
Die Industrieanlagen der Hüttenwerke Oberhausen (Hoag) stehen im Mittelpunkt des dramatischen Finales von „Schornstein Nr. 4“. © /Gerd Wallhorn

Der damals 35-jährige Regisseur und Drehbuchautor Jean Chapot hatte sich nicht zufällig für Oberhausen mit der Siedlung Borbeck und den Industrieanlagen der Hüttenwerke Oberhausen (Hoag) als Filmschauplatz entschieden. Er kannte die Stadt als Teilnehmer der „Westdeutschen Kurzfilmtage“, wie sie damals noch hießen. Sein 18-minütiger Spielfilm „Chronique d’une epoque incertaine“ hatte 1962 den zweiten Preis der Internationalen Volkshochschul-Jury gewonnen. Die Vater-Sohn-Geschichte während der deutschen Besatzung Frankreichs 1943 präsentieren die Kurzfilmtage in der Matinee als Vorfilm und spannenden Einstieg in das Mutter-Sohn-Drama mit Romy Schneider und Michel Piccoli.

Beide – in „Schornstein Nr. 4“ zum ersten Mal gemeinsam vor der Kamera – spielen ein gut situiertes Ehepaar aus Berlin. Sie hatte als 19-Jährige ihr Kind wenige Tage nach der Geburt weggegeben – und will den jungen Oberhausener nun zu sich zurückholen. Sie entführt ihren Sohn aus dem Sterkrader Hallenbad, und der verzweifelte Pflegevater, mit Hans Christian Blech ebenfalls groß besetzt, droht damit, sich von der Höhe des Hoag-Schornsteins Nr. 4 zu stürzen.

Romy Schneider spaziert im Film durch Oberhausen-Borbeck.
Romy Schneider spaziert im Film durch Oberhausen-Borbeck.

Im „Lexikon des internationalen Films“ ist vorsichtig von kargen Schwarzweißbildern und einem „literarisch-ehrgeizigen Drehbuch“ die Rede. Dessen Co-Autorin war die große Marguerite Duras, die sieben Jahre zuvor mit „Hiroshima, mon amour“ weltweite Berühmtheit erlangt hatte.

In einer derart avantgardistischen Konstellation hatte das deutsche Kino-Publikum Romy Schneider noch nicht erlebt. Doch vier Jahre später kamen sie und Michel Piccoli für „Die Dinge des Lebens“ von Claude Sautet wieder vor der Kamera zusammen – und dieses Mal funkte es richtig. Sechs Kinofilme für die Ewigkeit drehten sie gemeinsam – bis zur Spaziergängerin von Sans-Souci“, Romy Schneiders letztem Filmauftritt von 1982. Das dialogschwere Oberhausener Werk mit dem Originaltitel „La Vouleuse“ („Die Diebin“) war der noch etwas zaghafte Auftakt.

>>>INFO: Karten für Filmmatinee jetzt erhältlich

Für die R omy-Schneider-Filmmatinee der WAZ in der Lichtburg am Sonntag, 19. Mai, um 12 Uhr, gibt es für 6 Euro nun Karten in der Lichtburg, Elsässer Str. 26, Telefon 0208-824290. http://www.lichtburg-ob.de/events/previewevents/ . Gezeigt und erläutert werden „Schornstein Nr. 4“ mit Oberhausen als heimlicher Hauptdarstellerin und der prämierte Kurzfilm „Chronique d’une epoque incertaine“ von Jean Chapot.