Anziehsachen, wohin das Auge reicht. Dogan Türkan ist in der Kleiderkammer die Klamottenkönigin des Friedensdorfes.

Sie sind stets nett und adrett gekleidet, die vielen Kinder, die antrifft, wer im Friedensdorf über den Dorfplatz geht. Sie tragen moderne Anoraks in den jeweils bei Jungen oder Mädchen beliebten Farben, Jeans, sportliche Schuhe. Wie gelingt es, dass die Garderobe von 200 Kindern immer der Jahreszeit entsprechend, passend, ordentlich, sauber und ansprechend ist?

Es funktioniert mit einem ausgeklügelten Wäschesystem mit Hilfe von Leuten wie Dogan Türkan, deren Arbeitsplatz die Kleiderkammer des Dorfes ist. Ich treffe sie in ihrem Reich im Keller des Hauses „Rot sechs” und begreife endlich, dass die Hausnummer der rote, auf den Boden gemalte Würfel mit sechs Augen ist. „Hier ist alles, was ein Kind so braucht” sagt Dogan Türkan, „von der Socke bis zu Schal und Mütze!”

Man schaut sich um und sieht nur Sachen, Sachen, Sachen. Stapelweise Pullover zum Beispiel, wie im Laden nach Größen getrennt „von winzig klein bis zur Größe 176”, sagt Frau Dogan. 122 bis 128 und 134 bis 140 kommt am häufigsten vor”, erklärt sie, während sie eine Hose aus einer Wanne zieht, hineinschaut, den Namen des Kindes liest, dem sie gehört, sie faltet und sie in einer von drei weiteren Wannen platziert. „Rot sechs und sieben steht für Jungen, Rot vier und fünf für Mädchen und eins bis drei für kleine Kinder”, erklärt sie die Beschriftung. Die Bezeichnungen entsprechen den Häusern, in denen die Träger der Kleidung wohnen. Türkan Dogan prüft, ob Hosen heil sind. „Fehlt nur ein Knopf, kann er in der Nähstube wieder angebracht werden. Dann wirft Türkan Dogan die Hose in die Reparaturkiste. „Ist viel kaputt, wird das Wäschestück weggeschmissen. Einen Reißverschluss können wir hier nicht ersetzen.”

Die Größe erkennt Türkan Dogan mit Hilfe von auf den Tisch gezeichneten Linien. „Aber man lernt schnell, das auch per Augenmaß einzuschätzen.” Beschriftete Wäsche gehört jemandem, unbeschriftete wandert in die Regale und davon stehen hier extrem viele. Unterwäsche wird in Schränken aufbewahrt, Sockenpaare in Wäschekörben, zu den Gruppen wandern sie in Säcken und werden von den Kindern selbst sortiert. „Die Gruppen bekommen sie in verschiedenen Farben, weiße und rote die Mädchen, dunklere Socken tragen die Jungen.”

An einer Stange hängen Blusen und Hemden. Die sind wichtig, wenn ein Kind beispielsweise durch einen Gipsarm nur schlecht in der Lage wäre, sich einen Pulli überzuziehen. Ärmellose Hemdchen kommen in die Angolakiste. „Die entsprechen hier wegen der Kulturen nicht der Kleiderordnung, können dort aber gebraucht werden. In Afghanistan ist es ja im Sommer auch heiß, im Winter aber kalt. Da geben wir lieber die warme Kleidung hin. Jetzt ist Strumpfhosenzeit”, sagt Türkan Dogan und erzählt, dass die Kleiderkammer auf den Winter längst eingestellt ist. Alle Sommersachen sind auf dem Speicher des Hauses Rot sechs deponiert.

In einem weiteren Kellerraum, auch hier sind unzählige Regale prall mit Sachen gefüllt, lagern die Reisetaschen, alle blau, gleich groß, voll gepackt mit Kleidung, die Kinder in ihre Heimat mitnehmen werden. Sie sind alle mit Namen beschriftet.

Es gibt auch Taschen, die für Klinikaufenthalte bereitstehen. Darin sind schon einige Dinge, die man dort immer braucht, Waschtäschchen zum Beispiel. „Damit das Packen schneller geht”, erklärt die Erzieherin Madeleine Haase, die gerade mal vorbeischaut. Sie erzählt, dass Kinder, wenn sie im Dorf ankommen, manchmal auch hübsch herausgeputzt sind. „Die, die aus Georgien kommen, tragen meistens sehr schöne Sachen, manchmal von der Mama selbst genäht.” Solche Kleidung wird aufbewahrt, bis das Kind wieder nach Hause fliegt – in der blauen Tasche.

Was ist, wenn der Kammer die Kleidung ausgeht? „Dann wird in der Zentrale nachbestellt.” Die befindet sich in Dinslaken an der Lanterstraße und ist praktisch der Zulieferer für die Kleiderkammer-Bestände. Die stammen größtenteils aus Spenden, mit denen Bürger die Friedensdorf-Kleider-Container gefüttert haben.