Oberhausen. . Historische Gesellschaft blättert drei Kapitel der Stadtgeschichte auf. Versammelt sind die Texte in Band 12 von „Ursprünge und Entwicklungen“.

Mit der monumentalen Stadtgeschichte, deren fünfter Band im Vorjahr erschienen ist, hat sich Peter Langer als Herausgeber selbst Konkurrenz gemacht. Jedenfalls wurde es zwischenzeitlich schwieriger für den Vorsitzenden der Historischen Gesellschaft, auch Beiträge zu sammeln für die Buchreihe „Ursprünge und Entwicklungen der Stadt Oberhausen“. Jetzt liegt der zwölfte Band vor mit drei Beiträgen – deren zentraler immerhin zurückreicht bis in die Reformationszeit des 16. Jahrhunderts.

„Eigentlich müssten wir jetzt bei Band 28 sein“, meint Peter Langer. Denn 1990 hatte die Historische Gesellschaft den großen Vorsatz einer jährlichen Buchreihe gefasst. Doch dann kam das enorme Projekt der Stadtgeschichte, das zwei Dutzend Autoren beanspruchte.

Holtens Gemeinde deckte ihren Pastor

Für eine industrielle Pionierstadt wie Oberhausen, meint Langer, sei ein Beitrag über die vorindustrielle Zeit, „besonders wertvoll“. Den liefert Monika Elm mit dem Kapitel „Reformation in Oberhausen“ – das man getrost durch „Reformation in Holten“ ersetzen könnte.

Die kleine Stadt, seit 1310 beurkundet, und ihre Kirchengemeinde zeigten sich schon Mitte des 16. Jahrhunderts „sehr aufgeschlossen der neuen Lehre gegenüber“. Man spielte ein gewieftes Doppelspiel, recherchierte die langjährige Leiterin des VHS-Kreises zur Holtener Historie: Ohne mit dem katholischen Klevischen Landesherrn zu brechen, deckte man den selbst gewählten Pastor, der die Reformation predigte.

Die Autoren des zwölften Bandes „Ursprünge und Entwicklungen der Stadt Oberhausen
Die Autoren des zwölften Bandes „Ursprünge und Entwicklungen der Stadt Oberhausen" (v.li.) Manfred Michael, Monika Elm und Alexis Heitmann. © Jörg Schimmel

„So ging es über 40 Jahre.“ Für Monika Elm erwies sich ein Denunziant und der von ihm angezettelte Briefwechsel mit Kleve als kostbarste Archivarie: Denn der Vikar verriet in seinen empörten Episteln sogar, dass der Pastor die Dienstmagd geschwängert hatte. „Das Menschliche in allen Facetten“, kommentiert die Autorin.

Ehrenbürger Otto von Bismarck

Ein kleines Kapitel Heldenverehrung blättert Manfred Michael auf: In seinem Beitrag geht’s um die Ehrenbürgerschaft, die Otto von Bismarck auch aus Oberhausen angetragen wurde. Andernorts waren studentische Burschenschaften die Initiatoren für Bismarckeichen und Bismarcktürme. „In Oberhausen können es nicht furchtbar viele gewesen sein“, meint Peter Langer trocken. Schließlich ist’s bis heute die einzige deutsche Großstadt ohne eigene Hochschule.

Ein „typischeres“ Thema aus der Schwerindustrie, das 1928 fast jede Familie der jungen Stadt schwer traf, beleuchtet Alexis Heitmann mit seinem Text zum Ruhreisenstreit. Dieses Arbeitskampfes mit der Aussperrung von revierweit 230.000 Stahlarbeitern hatten sich auch schon prominente Historiker wie Hans Mommsen angenommen, der hier „Bruchlinien der Weimarer Republik“ erkannte.

Paul Reusch war „der Falke“

Alexis Heitmann geht es um die konkreten Folgen bei einem Arbeitgeber wie der Gutenhoffnungshütte, die vor 90 Jahren 40 Prozent aller Oberhausener beschäftigte – und mit einem Generaldirektor Paul Reusch (1868 bis 1956), der sich als Scharfmacher gerierte. „Er war der Falke“, sagt Alexis Heitmann, „setzte immer wieder auf Eskalation“. Nur die Hälfte der ausgesperrten Arbeiter war gewerkschaftlich organisiert – die Familien der anderen Hälfte standen vor dem Nichts.

Heitmann erkundete eine traurige Posse im Stadtrat: Die katholische Zentrumspartei wollte helfen; die SPD sperrte sich – dafür seien die Gewerkschaften zuständig. Oberhausens Sozialdemokraten wurden dafür in der folgenden Wahl mit unter zehn Prozent abgestraft. „Wie nah wir doch sind“, meint Wilhelm R. Kurze, der Verleger dieses erhellenden Blicks in die Stadtgeschichte.

>>> 140 neue Seiten aus der Stadtgeschichte

Band 12 der „Ursprünge und Entwicklungen der Stadt Oberhausen“ ist (wie schon die ersten elf Bände der Reihe) im Verlag der Buchhandlung Karl-Maria Laufen, Schwartzstraße 54, in 300er Auflage erschienen und kostet 15 Euro.

Mit der ISBN-Nummer 978-3-87468-375-3 lässt sich der 140-seitige Band auch in allen anderen Buchhandlungen bestellen.