Oberhausen. . In zwei Bundesländern hat die AfD Online-Plattformen eröffnet, auf denen Schüler parteikritische Lehrer melden sollen. Was Lehrer aus Oberhausen dazu sagen.
Erschreckend, bedenklich, reine Denunziation – so lauten Reaktionen von Oberhausener Schulleitungen auf neuartige Meldeplattformen für AfD-kritische Lehrer. In Hamburg und Baden-Württemberg sind solche Seiten der „Alternative für Deutschland“ (AfD) bereits online gegangen. Auf denen sollen Schüler anonym Lehrer anschwärzen, die sich gegen die AfD äußern und damit aus Sicht der Partei mutmaßlich gegen das Neutralitätsgebot verstoßen. Andere AfD-Landesverbände planen ebenfalls Initiativen nach dem Hamburger Vorbild.
„Damit werden minderjährige Schüler parteipolitisch missbraucht“, sagt Marc Bücker, Leiter des Hans-Sachs-Berufskollegs und Sprecher der weiterführenden Schulen in Oberhausen. „Es ist eine große Perfidität, Schüler über ihre Lehrer auszufragen, das greift in das Vertrauensverhältnis ein, diese Vorgehensweise widerspricht allen pädagogischen Grundsätzen.“ Hier würden Schüler gegen ihre Lehrer aufgehetzt. „Das macht man nicht, das ist nicht im Sinne des Schulfriedens und spaltet mehr als dass es irgendetwas löst“, sagt Marc Bücker.
Staat und Verfassung verpflichtet
„Wir wissen um das Neutralitätsgebot der Lehrer und handeln nach bestem Wissen und Gewissen“, sagt Holger Schmenk, Leiter des Sophie-Scholl-Gymnasiums und Vorsitzender des Landesverbandes der NRW-Geschichtslehrer. Das Neutralitätsgebot bedeutet: Pädagogen im Klassenzimmer dürfen sich nicht offensiv für oder gegen eine Partei aussprechen, also im politischen Sinne agitieren.
„Wir sind dem Staat und der Verfassung verpflichtet, nicht einer Partei“, sagt Schmenk. Lehrkräfte seien aufgefordert, eine sachliche Rolle einzunehmen, aber sie seien auch in der Pflicht, Grundwerte zu vermitteln. Dazu könne auch gehören, im Unterricht zu diskutieren, ob Äußerungen von Mitgliedern einer Partei („Vogelschiss“, „Denkmal der Schande“) noch verfassungskonform seien.
Die Melde-Methode erinnere an solche aus dunklen Zeiten der deutschen Geschichte, erklärt Geschichtslehrer Schmenk. „Nennen Sie mir eine andere demokratische Partei, die sich solcher Methoden bedient.“
„Wir haben ein transparentes Schulsystem“
Die AfD müsse sich fragen lassen, was dabei herauskommen soll, meint auch Bücker. Zudem es überhaupt keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass Lehrer sich nicht angemessen verhielten. Und wenn doch, dann sei es die Aufgabe des mündigen Schülers, zum Lehrer zu gehen, zur Schulleitung oder den anderen Gremien wie Schülervertretung oder Schulkonferenz.
„Wir haben ein transparentes Schulsystem“, sagt Bücker. Einer AfD-motivierten Dienstaufsichtsbeschwerde „würde ich gelassen entgegensehen“. Dann gäbe es eine Untersuchung und dabei würde die Unsinnigkeit klar werden.
Auch Holger Schmenk appelliert an seine Kollegen, sich bloß nicht einschüchtern zu lassen: „Wir sollten jetzt erst recht diskutieren, auch über das Thema Populismus.“