oberhausen. . Kölsch-Rocker Wolfgang Niedecken spielte mit starker Band. Doch in der schwach besuchten Arena kam alte BAP-Euphorie erst nach zwei Stunden auf.
Verdamp lang her, meine erste Begegnung mit Wolfgang Niedecken und BAP. Das erste Mal war’s 1982, als die Kölsch-Rocker ein Heimspiel im Müngersdorfer Stadion gaben und als Vorgruppe der Rolling Stones den ebenfalls dort auftretenden Peter Maffay alt aussehen ließen. Fünf Jahre später traf ich den längst berühmten Sänger in der Essener Gruga-Halle.
Das war’s dann gut 30 Jahren für mich mit BAP, obwohl ich Niedecken immer mal wieder in ganz anderem Kontext erlebte. Als Botschafter für Afrika oder als Stargast beim „Bujazzo“, der Kaderschmiede des deutschen Jazz-Nachwuchses. Nun also in der mit vielleicht 4000 Fans schwach besuchten König-Pilsener-Arena, wo der 67-Jährige sich „live & deutlich“ präsentierte.
Vom Winde verwehte Nostalgie
Von wegen: Früher war mehr Lametta! Statt auf Verstärkerwände blickte man auf eine Show-Treppe samt zweier Palmen, die sich später als Dekoration seines in New Orleans einspielten Albums erweisen sollten. Wozu auch passte, dass Schlag acht auf der Leinwand Scarlett O’Haras pompöse Hütte aufschien, untermalt mit „Tara’s Theme“ aus „Vom Winde verweht“. Eine durchaus passende Einstimmung auf diesen Nostalgie-Trip.
Als erstes versprach „Niedeckens BAP“, mit drei Bläsern attraktiv verstärkt, ihrem Publikum „Drei Wünsche frei“, um es gleich darauf in den „Waschsalon“ zu führen. Man sang mit, saß aber eisern, während Gitarrist Ulrich Rode zur stoisch geschruppten Klampfe seines Chefs mächtig in die Saiten griff. Was im Laufe des gut dreistündigen Abends zum größten Vergnügen wurde. Wechselte der fingerflinke Rocker doch seine Instrumente wie ein Weltmeister: von diversen Strats über Telecaster und gar zu einer Pedal-Steel-Guitar, was mit hochspannendem Wechsel der Sounds verbunden war.
Für das Salz im Kölsch
„Diss Naach ess alles drin“ glaubte man der etwas glatt agierenden Band deshalb sofort, deren solide Rhythmus-Fundamente von Keyboard-Ass Michael Nass oft mit fetten Hammond-Sounds garniert wurden. Während Anne de Wolff zwischen Geige, Cello, Räppelchen und Waschbrett wechselnd für das Salz im Kölsch sorgte.
Dazu flimmerten jede Menge alter Familienbilder, die Wolfgang Niedecken musikalisch etwa mit „Reinrassije Strooßekööter“ oder Mamas Weisheiten à la „Et ess, wie’t ess“ illustrierte. Schließlich wollten die neuen Songs der aktuellen Scheibe „Familienalbum“ auch unters Volk gebracht werden. Man nahm’s eher gelassen auf, jubelte kurz, als Niedecken seinen alten Freund „Schmal“ im Saal begrüßte und dachte an alten Zeiten: „Wie schön dat wöhr“.
So ging’s im steten Wechsel neuer Songs und alter Hits, bis „Kristallnaach“ endlich doch das Publikum aus den Sitzen riss. „Arsch huh, Zäng ussenander“, mit dem das reguläre Programm endete, kam in Oberhausen klar zu spät. Dafür gab es Zugaben satt: Von der „Ruut-wieß-blau querjestriefte Frau“ bis hin zum lang erwarteten „Verdamp lang her“.
>>>INFO: Engagierte Textebrachten DDR-Verbot ein
Der studierte Maler Wolfgang Niedecken gründete 1977 seine später als BAP berühmte Band, die bis 1982 unter dem heute wieder genutzten Namen „Niedeckens BAP“ auftrat. Bekannt wurde sie durch Kölsch gesungene Texte, die oft gesellschaftliche Probleme thematisierten. Eine DDR-Tournee 1984 platzte deshalb kurz vor dem ersten Auftritt in Ost-Berlin.